Schwelm. Der Beigeordnete der Stadt Schwelm soll laut Überzeugung der Ermittler einen Mitarbeiter in öffentlicher Sitzung dienstunfähig geschlagen haben.

Nach Abschluss ihrer Ermittlungen stellt sich für die Hagener Staatsanwaltschaft die Sache als erwiesen dar: Schwelms Technischer Beigeordneter Ralf Schweinsberg soll einen Mitarbeiter in öffentlicher Sitzung von Jugendhilfeausschuss und Schulausschuss so stark in die Rippen geschlagen haben, dass dieser drei Tage dienstunfähig war. Die Strafverfolgungsbehörde erhebt Anklage gegen den zweiten Mann im Schwelmer Rathaus wegen Körperverletzung im Amt.

Das bestätigt Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli auf Nachfrage der Redaktion und erläutert, wie das Verfahren nun weitergeht: „Der Angeklagte bekommt dies nun schriftlich zugestellt und hat dann die Möglichkeit, sich zu dem Sachverhalt zu äußern. Anschließend entscheidet das Amtsgericht darüber, ob es die Anklage zulässt und ein Hauptverfahren eröffnet.“

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Das betreffende Amtsgericht ist das in Schwelm, wo sich Ralf Schweinsberg für den Fall, dass dieses die Anklage zulässt, einer öffentlichen Hauptverhandlung stellen müsste. Körperverletzung im Amt ist ein Offizialdelikt, wegen dessen die Staatsanwaltschaft sogar ohne die Anzeige eines potenziellen Opfers ermitteln müsste, wenn sie Kenntnis von derlei Vorwürfen erhält. Das ist in diesem Fall aber passiert. Die Strafe bei einem möglichen Urteil regelt Paragraf 340 im Strafgesetzbuch: „Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.“

Der Vorfall aus dem Schwelmer Rathaus, der nun die Justiz beschäftigt, ereignete sich am 11. November des vergangenen Jahres. In einer gemeinsamen Sitzung von Jugendhilfeausschuss und Schulausschuss soll ein Mitarbeiter aus dem Sozialbereich eine Präsentation bedient haben und Informationen gezeigt haben, die die Verwaltung der Politik nicht offenbaren wollte. Laut Aussage des potenziellen Opfers soll CDU-Mann Schweinsberg auf ihn zugelaufen sein und ihm unterhalb der Tischkante mit der Faust in den Rippenbogen geboxt haben.

Der Technische Beigeordnete Ralf Schweinsberg (links) mit Bürgermeister Stephan Langhard im neuen Rathaus der Stadt Schwelm.
Der Technische Beigeordnete Ralf Schweinsberg (links) mit Bürgermeister Stephan Langhard im neuen Rathaus der Stadt Schwelm. © WP | Alisa Schumann

Der Mann soll so perplex gewesen sein, dass er den mutmaßlichen Täter im Anschluss der Sitzung darauf angesprochen haben soll. Der Wahlbeamte Schweinsberg soll jedoch auf ihn nicht eingegangen sein und den Saal verlassen haben. Als Folge des Schlags soll der städtische Mitarbeiter ein derart starke Rippenprellung davon getragen haben, dass er drei Tage dienstunfähig war. Die Verletzung ist fotografisch dokumentiert und ein ärztliches Attest über die Verletzung liegt ebenfalls vor.

Beigeordneter arbeitet weiter

Obwohl der Geschädigte sich an seine Vorgesetzten wandte - unter anderem den zweiten Beigeordneten Marcus Kauke, den Schweinsberg in der Sitzung vertreten hatte - passierte zunächst nichts. Erst, als sich der städtische Personalrat einschaltete, das mutmaßliche Opfer sich rechtlich beraten ließ und klare Forderungen an Bürgermeister Stephan Langhard zur Aufklärung stellte, kam Bewegung in die Sache. Über mehrere Wochen führte Bürgermeister Stephan Langhard Gespräche mit Verwaltungsmitgliedern und Politikern, die in der Sitzung anwesend waren.

Neben der unterzeichneten Aussage eines Mitglieds der Verwaltung, dass der Schlag genau wie vom mutmaßlichen Opfer beschrieben stattgefunden hat, haben die meisten Anwesenden zu Protokoll gegeben, dass sie nichts gesehen haben. Ein Politiker soll nach Informationen dieser Zeitung ausgesagt haben, dass er gesehen habe, dass es keinen Schlag gegeben habe.

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Stephan Langhard eröffnete auf Anraten eines Fachanwalts, den er in dieser Sache zu Rate zog, ein Disziplinarverfahren, das er umgehend wieder auf ruhend stellte, bis die strafrechtliche Komponente der Vorwürfe geklärt ist. Zudem übergab er seine Ergebnisse der Staatsanwaltschaft Hagen, die da schon längst ermittelte, weil neben der Tatsache, dass es sich um ein Offizialdelikt handelt, auch der betroffene Mitarbeiter mittlerweile Anzeige wegen Körperverletzung bei der Polizei erstattet hatte.

Schwelms derzeitiger Bürgermeister Stephan Langhard (57) tritt bei der Kommunalwahl 2025 erneut als parteiloser Bürgermeister-Kandidat an. Unterstützt wird er dabei von CDU und SPD.
Schwelms amtierender Bürgermeister Stephan Langhard. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

„Es ist gut, dass das Verfahren den nächsten Schritt gegangen ist. Die zügige strafrechtliche Klärung ist im Interesse aller Beteiligten und sicher der gesamten Verwaltung“, erklärt Stephan Langhard nun mit Blick auf die Anklageerhebung gegen seinen ersten Stellvertreter im Rathaus. Bis dato hatte er sich nicht zum mutmaßlichen Opfer geäußert und stets betont, dass für Ralf Schweinsberg die Unschuldsvermutung gelte. In einer Mail an die Mitarbeitenden im Rathaus hatte er außerdem erklärt, dass diejenigen, die sich öffentlich zu der Sache äußern würden, selbst Gegenstand interner Rathaus-Untersuchungen gegen sich werden könnten.

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Ralf Schweinsberg arbeitet nach achtwöchiger Krankschreibung seit dem 20. Januar wieder. Im Rathaus soll seitdem eine frostige Atmosphäre der Unsicherheit herrschen, wie es heißt. Zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - aktuelle wie ehemalige - haben sich mittlerweile an die Redaktion gewandt, um über ihre eigenen Erlebnisse mit dem Beigeordneten Schweinsberg zu berichten. Ob dieser nun auch nach der Anklageerhebung gegen ihn weiterhin seinen Dienst bei der Stadt Schwelm versehen wird und - wie zuletzt wieder - an öffentlichen Sitzungen teilnimmt, darauf geht Bürgermeister Stephan Langhard in seiner Pressemitteilung nicht ein.

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