Balve. Psychische Erkrankungen und andere Störungen können durch den Darm beeinflusst werden. Das können Betroffene selbst tun.

Der Darm ist viel, viel mehr als nur ein Verdauungsorgan. Eigentlich ist er ein wahres Wunderwerk. Und das zu vermitteln, ist das Herzensprojekt von Dr. Maria Plitt-Becker.

Die Ärztin aus Sundern referiert regelmäßig über das Thema. Kürzlich war sie in der Balver Zweigstelle der Volkshochschule Menden-Hemer-Balve zu Gast. „Darm und Psyche – Wie sich Bauch und Psyche beeinflussen“ war das Thema des Abends überschrieben. Dr. Maria Plitt-Becker setzt darauf, die Schulmedizin mit der Naturheilkunde zu kombinieren.

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„Der Darm hat eine ganz zentrale Rolle für die Gesundheit des Körpers“, erläutert Dr. Maria Plitt-Becker vor dem Vortrag im Gespräch mit der Westfalenpost. Der Darm stehe in Wechselbeziehung zu vielen Bereichen des Körpers, eine gestörte Darmfunktion wirke sich auf viele andere Organe aus – unter anderem auf das Gehirn. Denn es gebe eine enge Verbindung zwischen dem Darm und dem Gehirn. „Wir sprechen da vom zweiten Hirn, vom Darmhirn“, erklärt Dr. Maria Plitt-Becker. „Das ist ein riesiges Nervensystem, in dem ständig Informationen in beide Richtungen fließen.“ 80 Prozent der Informationen fließen „von unten nach oben“, nur 20 Prozent vom Kopfhirn zum Bauchhirn: „Da fragt man sich schon, wer denn der Chef ist.“

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Sei der Darm nicht gesund, können psychische Erkrankungen, Lernstörungen, schlechter Schlaf sowie Essstörungen entsprechend negativ beeinflusst werden, so die Ärztin: „Es lohnt sich immer, auch den Darm mitzubehandeln.“ Störungen im Darm können Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und Depressionen begünstigen, erläuterte die Ärztin: „Ob jemand zuversichtlich oder ängstlich ist, wie wir mit Belastungssituationen umgehen, das hängt auch vom Darm ab.“ Der Darm „als Zentrum der Gefühle“ sei mittlerweile wissenschaftlich belegt. „Die Bakterien im Darm haben Einfluss auf unsere Psyche.“

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Schulmedizin plus Naturheilkunde: Ärztin Dr. Maria Plitt-Becker betont, wie wichtig die Darmgesundheit für eine gesunde Psyche ist. © WP Balve | Corinna Schutzeichel

Bei Depressionen etwa gebe es sinnvolle Therapieansätze durch die Einnahme guter Bakterien für den Darm: „Bestimmte Bakterienstämme im Darm schützen vor Depressionen, andere fördern Depressionen eher.

Stress ist stark entzündungsfördernd

Für Stress gelte: „Er hat gravierende Auswirkungen auf den Darm. Am deutlichsten ist das bei chronischen entzündlichen Erkrankungen, aber auch beim Reizdarmsyndrom.“ Stress schade immer, „aber dem Darm besonders“. Denn Stress sei stark entzündungsfördernd. Und die schützenden Bakterien reagierten besonders sensibel auf Stress.

„Früher wurden die Patienten zu Unrecht in die Psycho-Schublade gesteckt. Heute wissen wir mehr.“

 Dr. Maria Plitt-Becker
über Patienten mit dem Reizdarmsyndrom

Das Reizdarmsyndrom war ein weiteres Schwerpunkt-Thema beim Vortrag bei der VHS. Etwa zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung leiden daran, so die Medizinerin. Die Betroffenen haben zum Beispiel Durchfall, Verstopfung oder Blähungen: „Früher wurden die Patienten zu Unrecht in die Psycho-Schublade gesteckt. Heute wissen wir mehr.“ Der Reizdarm sei ein „übersensibler Darm, der schmerzempfindlicher ist als bei anderen Menschen“. Das Wichtigste sei, auf Entspannung zu achten. Aber auch krampflösende Heilkräuter wie beispielsweise Melisse, Koriander, Pfefferminz, Anis, Kümmel und Fenchel empfiehlt Dr. Maria Plitt-Becker.

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Auch wenn die guten Darmbakterien mehr werden sollen: Die Einnahme solcher Probiotika alleine reiche nicht: Eine Ernährungsumstellung sowie eine Änderung des Lebensstils gehören dazu. Denn das machte Dr. Maria Plitt-Becker deutlich: Es geht nicht darum, ein paar gesunde Bakterien einzuwerfen und so weiterzumachen wie bisher, sondern bei Erkrankungen und Beschwerden solle man sich fragen: „Was kann ich selbst tun, um dieses empfindliche System in Balance zu halten?“ Gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung können die Zusammensetzung der Bakterien im Darm beeinflussen – „und damit auch unsere psychische Gesundheit und unser seelisches Gleichgewicht“.

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Eine Ernährungsumstellung sei oft „effektiver als die Einnahme von Medikamenten“. Pflanzliche Kost züchte die guten Bakterien. Hafer sei „ein Segen für unsere Darmgesundheit“. Leinsamen, Flohsamenschalen und Chiasamen seien „wahres Superfood“. Auch gute Öle wie Leinöl, Nussöle, Rapsöl sowie fetter Fisch unterstützen die Darmgesundheit.

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Wichtig seien neben der Ernährung auch der Stressabbau, zudem solle man in Ruhe und langsam essen. Hilfreich könne eine leichte Bauchmassage nach einer Mahlzeit sein (sanft und im Uhrzeigersinn).

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Jessica Merse ist bei der VHS Menden-Hemer-Balve für den Fachbereich Gesundheit verantwortlich. © WP Balve | Corinna Schutzeichel

Schlecht für den Darm: Kaffee, Nikotin, Alkohol und Zucker

Was dem Darm nicht gut tut, so die Ärztin: Kaffee, Nikotin, Alkohol und Zucker. „Und die Zusatzstoffe, die in vielen Lebensmitteln sind.“

„Gute Kost kostet. Schlechte noch viel mehr – nämlich die Gesundheit.“

Dr. Maria Plitt-Becker 
Ärztin

Auf den Darm „haben Sie selbst direkt einen Einfluss“, betonte die Medizinerin. Wenn wir dem Darm Gutes tun, komme dies Geist und Körper zugute: „Gute Kost kostet. Schlechte noch viel mehr – nämlich die Gesundheit.“