Arnsberg. In Zeitplänen zu Beginn dieses Jahres sollte das sanierte Arnsberger Rathaus längst eingehüllt sein. Noch aber sind keine Fassadenelemente angebracht.
Das Gerüst steht schon seit Monaten, der Aufbau der Fassaden-Unterkonstruktion sollte schon gestartet sein. Der im Januar vorgelegte Ausführungsterminplan rechnete noch damit, dass im Oktober der Rathaus-Altbau neu verhüllt sein würde. Beim Blick auf die Baustelle scheint nun unwahrscheinlich, dass auch der später genannte Dezember-Termin zur Fertigstellung der Fassade gehalten werden kann. In der Politik kommen Fragen zum Bauzeitplan und auch zu weiteren Auswirkungen auf die Baukosten auf.
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Von einem noch vor zwei Jahren angedachten Bezug der ersten Fachabteilungen in 2025 ins Rathaus geht angesichts der sichtbaren Verzögerungen derzeit auch niemand mehr aus. Der Zeitplan war nach der Bau-Bremse wegen Altlastenfunden ohnehin schon nach hinten korrigiert worden. „Der Wiedereinzug der ersten Verwaltungsstellen in das sanierte Rathaus ist nach jetziger Kalkulation für das Frühjahr 2026 vorgesehen“, teilt Stadtsprecher Frank Albrecht nun mit.
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Fakt ist, dass sich das Anbringen der Fassadenelemente deutlich verzögert hat. Einen Planungsfehler sieht die Stadt hierbei nicht, sondern verweist darauf, dass es „witterungsbedingt zu einer Verzögerung in der Verfüllung und Verdichtung der Baugrube am Hochtrakt gekommen“ sei. Auf zuletzt regendurchtränktem Boden konnte der zur Montage der Fassadenelemente nötige Mobilkran nicht wie zeitlich geplant aufgestellt werden. Aufgrund der nun seit Tagen günstigen Witterungsverhältnisse sollen die Arbeiten nun Anfang der kommenden Woche beginnen. „Gemeinsam mit allen Projektbeteiligten prüft die Stadt verschiedene Kompensationsmaßnahmen, um den entstandenen Zeitverzug - zum Beispiel durch Erhöhung der Zahl der Arbeiter - zu einem gewissen Teil wieder einzuholen“, teilt die Stadt mit. Im März war man noch davon ausgegangen, dass schon ab Mitte April mithilfe eines Teleskopsteigers 16 Wochen lang die Fassadenelemente angebracht werden, damit schon im November die Dachdecker kommen könnten.
Bodensanierung noch nicht komplett abgeschlossen
„Der Großteil der aufgrund alter Industriebelastung fälligen Bodensanierung ist bereits abgeschlossen. Der belastete Boden wurde abtransportiert und fachgerecht entsorgt“, so Stadtsprecher Frank Albrecht auf Nachfrage. Das Baugerüst, das als Grundlage der Anbringung der Fassadenunterkonstruktion diente, wurde inzwischen abgebaut, damit die Baugrube um den Hochtrakt mit frischer Erde wieder verfüllt werden kann. Nach Abschluss dieser Arbeiten können voraussichtlich ab November die Sanierungsarbeiten der restlichen belasteten Bodenbereiche fortgesetzt werden. Im Bereich südlich und östlich des Hochtrakts des Rathauses seien aber weiterhin Bodenbelastungen vorhanden. Die Sanierung dieser Bereiche musste im Frühjahr 2024 vorübergehend unterbrochen werden, so die Stadt, da zu diesem Zeitpunkt die Gerüste für die Installation der Fassadenunterkonstruktion sowie der Brüstungen aufgestellt werden mussten. In enger Abstimmung mit der unteren Bodenschutzbehörde des Kreises wird im östlichen Bereich des Rathauses zumindest eine Drainage zum Schutz des Grundwassers verlegt. „Zudem wird der belastete Boden unter einer Linse, die sich unter dem Ruhrtalradweg befindet, ausgetauscht“, so Albrecht. Im südlichen Bereich des Hochtrakts seien ebenfalls kleinere Bodenbelastungen vorhanden, deren Sanierung ebenfalls in Abstimmung mit dem Kreis erfolgt.
Aktuell würden nun die abschließenden Vorbereitungen für die Montage der Elementfassade beginnen. „In Kürze wird mit dem Anbringen der einzelnen Fassadenelemente begonnen“, kündigt Frank Albrecht an. An der Ost – und der Westseite des Hochtrakts seien zirka 96 Elemente zum Verschließen der Gebäudehülle erforderlich. Schon jetzt werden im Bestandsgebäude des Arnsberger Rathauses verschiedene Rohbauarbeiten durchgeführt. Dazu gehören unter anderem der Umbau der Treppenhauskerne und diverse Mauerwerksarbeiten. Alte Durchführungsöffnungen werden verschlossen, während neue Durchführungsöffnungen geschaffen werden. Zudem werde die Baugrube rund um den Hochtrakt verfüllt. Nachdem die Baugrube vollständig aufgefüllt ist, wird auf der Südseite des Gebäudes das Gerüst inklusive eines außenliegenden Bauaufzugs wieder aufgebaut.
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Bis Jahresende sollen weitere, abschließende Rohbauarbeiten am Hochtrakt durchgeführt werden. Dazu gehört der Teilrückbau und der anschließende Wiederaufbau der Technikzentrale im 8. Obergeschoss. Auch das Fluchttreppenhaus wird final neu errichtet. Nach dem Rückbau und dem Wiederaufbau der Technikzentrale auf dem Dach wird der vollständige Dachaufbau am Hochtrakt inklusive Dämmung und Abdichtung erfolgen. Erst im Anschluss an die Fassadenanbringung und des Dachaufbaus kann mit der Rohinstallation der Elektrotechnik sowie der Heizungs-, Lüftungs- und Sanitäranlagen begonnen werden.
Dachaufbau am neuen Flachbau läuft
Unproblematischer stellt sich die Lage am neuen Anbau dar. Am Flachtrakt, der das neue Bürgerzentrum und auch den Ratssaal beherbergen wird, läuft derzeit bereits der Dachaufbau, der die Dämmung und Abdichtung des Dachs umfasst. Zudem werde hier die Unterkonstruktion für die Elementfassaden an diesem Baukörper vorbereitet. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Montage und Abdichtung der Dachoberlichter für das Foyer des neuen Bürgerzentrums. Bis zum Jahresende ist der Aufbau des Gerüsts an der Süd- und Westseite des Flachtrakt-Gebäudes vorgesehen. Außerdem wird mit der Rohinstallation der Elektrotechnik sowie der Heizungs-, Lüftungs- und Sanitäranlagen begonnen.
„Es wird unfassbar viel Geld eingesetzt - für ein mittelmäßiges Ergebnis.“
Angst vor Kostenexplosion
In der Politik ist die Sorge groß, dass die Kosten weiter explodieren könnten. „Wir haben frühzeitig gewarnt, dass es zu hohen Kostensteigerungen kommen kann“, sagt Verena Verspohl (Bündnis 90/Grüne), „es ist für uns nicht überraschend, wenn der zuletzt kommunizierte finanzielle Rahmen kaum eingehalten werden kann. Weitere Aufschläge erscheinen uns wahrscheinlich“. Verspohl verweist darauf, dass man skeptisch gegenüber den finalen Planungen gewesen sei. In 2021 seien die Grünen mit einem Antrag gescheitert, „eine Neu-Evaluation anzulegen, um dieses Wuchtprojekt zu hinterfragen“. Angesichts mehrfach geäußerter Bedenken bezüglich der Nachhaltigkeit und ökologischen Ausrichtung fürchtet sie, dass „unfassbar viel Geld eingesetzt wird für ein mittelmäßiges Ergebnis“. Die AfD spricht in Person von Otto Strauß vom „Verbrennen von Steuergeldern“ und fürchtet das Überschreiten der 100-Millionen-Euro-Grenze. Peter Blume von der CDU rechnet zumindest mit 75 Millionen Euro Kosten. Florian Bordieck (Mitglied der Baukommission, FDP) hofft auf stabilere Inflation und Baupreisindex und geht maximal „von einem geringen Aufschlag“ aus. Frank Neuhaus (SPD-Fraktionsvorsitzender) sieht die Sache entspannter: „Wir bedauern die Verzögerungen der Bauarbeiten ebenfalls sehr, gehen jedoch nach aktuellem Stand nicht davon aus, dass dadurch zusätzliche Kosten entstehen“, sagt er. Christoph Schmidt (Mitglied der Baukommission/CDU) hofft „inständig, dass die nun angestrebten Endkosten eingehalten werden können, nachdem wir mittlerweile das Doppelte der Ausgangskalkulation erreicht haben“.
Die Stadt verweist aber darauf, sie weiterhin damit rechne, dass „die seit längerer Zeit kalkulierte und dem Rat vorgestellte Gesamtsumme für Bürgerzentrum, Rathaus und Altlastensanierung von rund 67 Millionen Euro gehalten werden kann“. Mit dem weiteren Fortschritt der Bauarbeiten seien weitere Arbeiten bereits an Fachfirmen vergeben und mit einer festen Summe bepreist worden. Die Vielzahl der bereits vergebenen Leistungen habe das Risiko von Kostensteigerungen im Bereich von Material oder Dienstleistungen weiter verringert. Dafür konnte auch das in die Kostenkalkulation eingebaute Risiko-Kapital reduziert werden. Auch konnten zuletzt Aufträge günstiger als ursprünglich erwartet vergeben werden. Die Stadt verweist aber darauf, dass angesichts der weltpolitischen Entwicklungen immer Risiken für Wirtschaft, Bau und Handel blieben und einkalkuliert werden müssten.
„ „Offenheit ist die richtige Strategie.“
Politik wünscht sich mehr Transparenz
In der Politik wünscht man sich weiterhin Transparenz rund um die Rathaussanierung. „Offenheit ist die richtige Strategie“, so Peter Blume (CDU), dem die Informationen an die Politik „etwas dünn“ sind. Die FDP war dauerhaft in der früh eingerichteten Baukommission anwesend und fühlt sich da ebenso wie im Planungs- und Bauausschuss gut informiert. Das sehen andere anders: So beklagt sich Otto Strauß (AFD), dass die Politik nur informiert werde, „wenn Geld für unvorhersehbare Maßnahmen erforderlich ist“. Verena Verspohl (Grüne) spricht von einer „formalen Information“ und einer „unbefriedigenden Informationspolitik“ der Verwaltung. „Die bloße Einrichtung einer Baukommission hat nicht dazu beigetragen, unsere Sorgen auszuräumen oder echte Transparenz herzustellen“, kritisiert die Arnsberger Ratsfrau von Bündnis 90/Grüne.
Frank Neuhaus (SPD) fühlt sich in allen Ausschüssen und auch in der Baukommission „umfassend über den Stand der Kosten informiert“. Den Fraktionen seien auch auf Nachfrage Führungen über die Baustelle angeboten worden. „Auffällig ist jedoch, dass Vertreter der Parteien, die den Informationsfluss kritisieren, in der Kommission leider oft wenig oder gar nicht vertreten sind.
Mitglied der Baukommission ist auch Christoph Schmidt von der CDU. Er wünscht sich vom Projektsteuerer, dass bei außergewöhnlichen Maßnahmen und Kosten unmittelbar eine Mitteilung an die Fraktionsspitze erfolgt. „Ansonsten erfahren wir ja alles nur alle drei Monate aus der Baukommission“, so Schmidt, „das ist etwas dürftig“. Er räumt aber ein, dass auf Nachfrage immer auch Informationen zu erhalten seien.