Arnsberg. Arnsberger Rathaussanierung: Rohbauphase fällt in Zeit von Preisexplosion, gestörter Lieferketten und Energiekrise

Zeitlich läuft das millionenschwere Projekt Arnsberger Rathaus-Sanierung aktuell noch weitestgehend im Plan - trotz aller Widrigkeiten. Die Unberechenbarkeiten aber kommen erst jetzt: Der nun anstehende Beginn der Hoch- und Rohbauabschnitte fällt mitten in Zeiten der Preisexplosionen auf dem Bau- und Energiesektor. Da ist nicht mehr davon auszugehen, dass ursprünglich abgesteckte und schon neu angepasste Kostenrahmen von 48 Millionen Euro Gesamtkosten eingehalten werden.

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„Baukostensteigerung von 25 bis 30 Prozent sind ja eher ungewöhnlich“, sagt Projektleiter Michael Bartnik von der Stadt Arnsberg, „Preistreiber für alles sind am Ende die Energiekosten“. Das spürten er und der externe Projektsteuerer Ludger Heinlein (Büro Assmann) zuletzt auch bei den Ausschreibungen der Gewerke. Darin müssen bereits sogenannte Stoffpreisgleitklauseln eingearbeitet sein, die festlegen, dass auch der Bauherr das Risiko steigender Materialkosten mitzutragen hat. „In den jetzigen Zeiten muss man das machen, sonst erhält man gar keine belastbaren Angebote mehr“, erklärt Bartnik, „das ist am Ende beidseitig zur Sicherheit“. Für die Stadt Arnsberg ist der Architekt Bartnik aktuell nur noch mit dem Rathaus beschäftigt.

Kostenrechnung

Die Kosten für die Rathaussanierung wurden im Juni vergangenen Jahres neu berechnet. Damals sprach Kämmerer Peter Bannes von 48,28 Millionen Euro.

Das allerdings sind nicht allein die Baukosten, sondern die Kosten des Gesamtprojektes inklusive Umzüge und umgesetzter Maßnahmen wie beispielsweise das neue Stadtarchiv ehemaligen Güterschuppen am Bahnhof Neheim-Hüsten.

Eine Garantie, dass weiterhin die Zeitpläne eingehalten werden können, ist das aufgrund vielzitierter Probleme der Materialbeschaffungen und gestörter Lieferketten allerdings nicht. Dabei lief auf dem Weg zur 2025 geplanten Fertigstellung bislang eigentlich alles recht pünktlich ab - trotz unerwarteter Altlasten und Schadstoffe. Auch diese haben die ursprünglich kalkulierten Kosten überschritten. Genaue Zahlen kann und will Michael Bartnik da noch nicht nennen: „Wir warten hier noch auf die detaillierten Abrechnungen“, sagt er.

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Fakt aber ist: Es mussten mehr Bodenarbeiten als erwartet vorgenommen werden. Unter dem ehemaligen Fachtrakt wurde nahezu der komplette Boden bis auf den Fels abgetragen. Rund 9600 Kubikmeter belastetes Erdreich wurden abgefahren - das sind mehr als 19.000 Tonnen und fast 700 Lkw-Ladungen. 4600 Kubikmeter Schotter wurden in die Baugrube wieder eingebracht. Der Rohbau des Anbaus soll ab Dezember hochgezogen werden. Hier gibt es aktuell gegenüber Plan rund vier bis sechs Wochen Verzug. Noch in diesem Jahr soll der Rohbau gegründet werden, die Außenwände sollen ab Januar hochgezogen werden, so dass der Rohbau im Juni 2023 steht.

Das ist die Baugrube für den neuen Flachtrakt am Arnsberger Rathaus.
Das ist die Baugrube für den neuen Flachtrakt am Arnsberger Rathaus. © Martin Haselhorst

Auch aus dem entkernten Hochtrakt mussten sämtliche Schadstoffe isoliert werden. „Da war alles drin, was es so gibt“, erklärt Reinhard Schmidt von der beauftragten Terra Consulting. Asbest, PRK, PCB und KMF - „alles baustoffbedingte Kontaminationen“. In Summe wurden bei der Entkernung 8000 Tonnen Bauschutt aus dem Gebäude geholt- plus Schadstoffe. „Auch die kamen schon gehäuft vor“, so Reinhardt Schmidt. Die Entkernung begann im Januar 2022.

Hier steht nur noch das Skelett des alten Rathauses. „Daran müssen wir aber noch etwas polieren“, erklärt Bau- und Planungsamtsleiterin Michaela Röbke. Im Beton müssen noch Sanierungsarbeiten vorgenommen werden.

Die Ausschreibung für den Fassadenbau des 28 Meter hohen Rathaus-Hochbaus ist bereits aus. Anfang Januar soll der Auftrag vergeben sein, so dass mit der Fassade im Mai begonnen werden kann. „Schnittstellenarbeiten müssen aber erst abgeschlossen sein“, sagt Michael Bartnik. Das Betonsekelett soll bis Ende 2023 umhüllt sein. „Erst dann können wir mit dem Innenausbau beginnen“, so Bartnik.

Aktuell ist das Dach des Hochbaus provisorisch abgedeckt. Später soll das Dach gedämmt, abgedeckt und mit einem Kiesbett belegt sein. Das Rathaus-Hochhaus wird wie bisher zehn Etagen haben. Zwei Untergeschosse, das Erdgeschoss und darüber weitere sieben Ebenen.

„Neues“ Rathaus bekommt Form

Das „neue Rathaus“ bekommt im Verlauf des kommenden Jahres allmählich Gesicht und Form. Dazu werden noch in diesem Monat zwei große Kräne aufgebaut, für die auch noch die Standflächen hergerichtet werden müssen. Die Firma Baugesellschaft BIG Glowienke aus Paderborn hat für beide Rohbauten den Zuschlag erhalten und baut bald am Rathaus seine Zelte auf und will dauerhaft mit einem 25-köpfigen Bautrupp vor Ort sein. Auf der Baustelle geht nix über Abstimmung der einzelnen Bauphasen und Gewerke. Allein für die technische Gebäudeausstattung sind 14 Ausschreibungen nötig, im Hochbau werden rund 20 unterschiedliche Gewerke tätig sein.

Das Ziel ist klar definiert: Im Frühjahr soll der Rückzug der derzeit auf das ganze Stadtgebiet verteilten Mitarbeitenden der Verwaltung beginnen. Sie finden dann auf den zu umbauenden 12.500 Quadratmeter Grundfläche Platz zum Arbeiten. Der Flachtrakt soll auch als Bürgerzentrum und als Raum für die Kommunalpolitik dienen.

So sieht es in dem Hochbau des in Sanierung befindlichen Arnsberger Rathauses aus.
So sieht es in dem Hochbau des in Sanierung befindlichen Arnsberger Rathauses aus. © Martin Haselhorst