Arnsberg. SPD, „Fraktion“ und FDP fordern Untersagung einer Kooperation der Arnsberger Gleichstellungsbeauftragten mit der CDU zum Thema „Frauen in die Politik“.
In ungewohnt scharfer Form reagiert die Arnsberger SPD - im Zusammenspiel mit „Die Fraktion“ und der FDP - auf eine angekündigte Kooperationsveranstaltung der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Arnsberg und der CDU Arnsberg am Dienstag, 29. Oktober um 18.30 Uhr im Kapitelsaal am Kloster Wedinghausen. Das Thema: „Politik ist keine Frauensache! Oder? Aus Frauenperspektive gestalten!“ Sie fordern die Verwaltung in einer Beschwerde gegen die Neutralitätspflicht mit Fristsetzung auf, diese Kooperation „unverzüglich“ zu untersagen. Inzwischen zog die Stadt eine Pressemitteilung zur Veranstaltung zurück und teilte mit, dass die Gleichstellungsbeauftragte Petra Blesel „auf eigenen Wunsch“ die Veranstaltung nicht besuchen werde. Hintergrund des Rückzugs: „Mit einem Ergebnis der rechtlichen Prüfung ist nicht bis zur Veranstaltung am Dienstag zu rechnen“, so Frank Albrecht aus der Pressestelle der Stadt. Die CDU stellt sich vor Petra Blesel und widerspricht dem Vorwurf der Parteilichkeit.
Förderbudget für Parteiveranstaltung?
Das Thema wird zur politischen Posse mit Sprengstoff. Denn des weiteren fordern die Beschwerdeführer die Verwaltung auf mitzuteilen, ob für die Veranstaltung und für eine ähnlich gelagerte am 4. Juli dieses Jahres öffentliche Mittel aus dem Budget der Gleichstellungsstelle oder aus einem Förderprogramm genutzt wurden oder werden sollen. Die Beschwerdeführer reiben sich vor allem an der Form der Einladung. In dieser ist von eimem Impulsvortrag die Rede, einer Ideenschmiede und dem Ziel, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, um Frauen den Einstieg in politisches Engagement zu erleichtern. „Wir halten diese Form der Einladung für irreführend und parteilich“, heißt es in dem von Anna Lena Brandt, Margit Hieronymus (beide SPD), Anna Falcone (Die Fraktion) und Daniel Wagner (FDP) unterzeichneten Schreiben an den Bürgermeister.
Die Einladung suggeriere, „dass Frauen lediglich über die Partei CDU in die Politik kommen können“, und erwecke zudem den Eindruck, „dass lediglich die CDU den Anspruch hat, Frauen in die Politik zu bekommen“. Fazit der Beschwerdeführer: „Insofern wird hier Mitgliederwerbung für eine Partei gemacht. Dadurch werden die anderen demokratischen Parteien in der Stadt Arnsberg benachteiligt und ungleich behandelt.“
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Ein weiteres Problem werde darin gesehen, „dass die Gleichstellungsstelle mit dieser Kooperationsveranstaltung gegen die Neutralitätspflicht der Verwaltung verstößt“. Kritisiert wird auch, dass diese Einladung über einige Schulpflegschaften der Schulen in den Schulklassen verteilt wurde. Das Programm, das staatlich gefördert ist und in mehreren Städten durchgeführt wird, diene ausschließlich dazu, Frauen für Politik zu begeistern und bestenfalls dazu zu bewegen, sich aktiv politisch einzubringen. „Hier wird der Name der Reihe zur Mitgliederwerbung einer Partei missbräuchlich genutzt“, so der Vorwurf. Sollten finanzielle Mittel aus dem Programm für eine Parteiveranstaltung genutzt oder zugesagt worden seien, verstoße dies gegen die Neutralitätspflicht.
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Probleme bei der Gewinnung weiblicher Mitglieder hätten alle Parteien im gleichen Maße. „Auch die SPD und die anderen Parteien mussten sich auf den Weg machen, hier erfolgreiche Lösungen zu finden. Niemals hätten wir von der Verwaltung verlangt, ausschließlich die SPD im Rahmen einer solchen Kooperationsveranstaltung zu unterstützen“, so die SPD, die Fraktion und die FDP, „wir halten diese Kooperation für rechtlich bedenklich!“ Von der Gleichstellungsstelle sei auch nicht kommuniziert worden, dass alle Parteien Veranstaltungen in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle durchführen dürfen.
„Auch weil die Gleichstellungsbeauftragte Mitglied der CDU ist, entsteht hier der Eindruck der Parteilichkeit“, so der Vorwurf. Tatsächlich war die seit 2020 als Gleichstellungsbeauftragte tätige Petra Blesel in der CDU aktiv. Unter ihrem Namen Vorwerk war sie auch im Landesvorstand der Frauen Union gewesen. Das Thema „Frauen in die Politik“ liegt ihr damit sehr wohl auch grundsätzlich am Herzen. Eingeladen zu der Veranstaltung mit der CDU wurde auch über die Presse- und Kommunikationsstelle der Stadt Arnsberg. Als Kooperationspartner wurde da aber ausdrücklich die städtische Gleichstellungsstelle und die nicht individuell die Gleichstellungsbeauftragte genannt.
„„Das weitere Vorgehen ist vom Ergebnis der Prüfung abhängig.“
Die Beschwerdeführer erwarten von der Verwaltungsführung eine Reaktion und Rückmeldung bis Freitag, 25. Oktober. In Abwesenheit vom im Urlaub weilenden Bürgermeister Ralf Bittner teilt der Beigeordnete Christopher Hilverling auf Nachfrage dieser Zeitung mit, dass die Verwaltungsspitze eine externe rechtliche Prüfung veranlasst habe und kurzfristig ein Ergebnis erwarte. „Das weitere Vorgehen ist vom Ergebnis der Prüfung abhängig“, so Hilverling. Bürgermeister Ralf Bittner reagiert auf die Beschwerde „seiner“ Partei aus dem Urlaub heraus ungewohnt einsilbig: „Entweder ist es zulässig oder nicht zulässig“, sagt er und verweist auf seinen Vertreter.
Peter Blume, Ratsmitglied der CDU und stellvertretender Bürgermeister, zeigt wenig Verständnis für die Beschwerde. „Das wird langsam abstrus“, sagt er, „in der Politik werden jetzt offenbar alle nervös“. Für ihn sei das Thema „Frauen in der Politik und in Verantwortung“ wichtig und auf allen Ebenen auf der Tagesordnung. Inzwischen erklärt sich auch der CDU-Stadtverband in einer Presseerklärung geäussert. Sie verweist darauf, dass die Stadt Arnsberg mit vier weiteren Kommunen in Westfalen ein umfassendes Projekt „Frau.Macht.Politik.“ aufgesetzt habe. Daraus resultierende Aufgabe für alle Parteien sei gewesen: Die strukturellen Defizite in den Blick zu nehmen und sich dabei des Instrumentenkastens, der geliefert wurde, zu bedienen. „Die Gleichstellungsbeauftragte hat im Rat allen Fraktionen und Parteien zugesagt, dabei mit Hilfe der Erkenntnisse zu unterstützen“, so CDU-Stadtverbandsvorsitzender Marcel Kaiser. „Die politischen Mitstreiter SPD, FDP und Die Partei versuchen mit fadenscheinigen Gründen, das Bestreben mit dem weiblichen Teil der Stadtgesellschaft ins Gespräch zu kommen, zu torpedieren. Weshalb sie das tun, ist nicht nachvollziehbar. Inhaltlich ist überhaupt nicht erkennbar, was der Gleichstellungsbeauftragten vorzuwerfen wäre.“, so Kaiser. Die geplante Veranstaltung richte sich ausdrücklich nicht nur an Parteimitglieder, „sondern an alle Frauen, die sich für Politik interessieren und auch an diejenigen, die sich noch nicht für Kommunal-Politik interessieren“. Petra Blesel habe genau das getan, was mit dem vom Bürgermeister und von allen Fraktionen getragenen Projekt „Frau.Macht.Politik.“ gewünscht war. Sie hat allen Fraktionen und Parteien gleichermaßen ihre Unterstützung angeboten. Es sei bedauerlich, dass sie die Erkenntnisse aus Studien nun nicht selbst vortragen dürfe. „Sämtliche Kosten der Veranstaltung werden von einem Sponsor getragen und gehen selbstverständlich nicht zu Lasten der Stadt Arnsberg“, so Marcel Kaiser.
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