Brilon. Briloner Bündnis für Demokratie betont die Bedeutung des Wahlrechts und warnt vor der Gefahr rechtsextremer Gruppen in aktuellen Zeiten.
„Sie ist vielleicht die mächtigste Idee der Galaxie, geboren in Griechenland. Millionen gibt sie Hoffnung, Diktatoren fürchten sie.“ Der Song „Demokratie“ von den „Ärzten“ bildete am späten Freitagnachmittag den Auftakt zur Kundgebung auf dem Marktplatz. Unter dem Motto „Du hast die Wahl“ hatte das Briloner Bündnis für Demokratie anlässlich der Bundestagswahl die Bürger dazu aufgerufen, ihre Stimme für die Demokratie zu erheben und daran zu erinnern, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Rund 250 Menschen folgten dem Aufruf und trotzten der klirrenden Kälte, um sich mit Schildern und Trillerpfeifen vor dem Rathaus zu versammeln.
Dass es in Deutschland freie und demokratische Wahlen gibt, sei ein Privileg, betonten Leah Bartsch und Sebastian Schmidt, die Gründer des Briloner Bündnisses. Leah Bartsch: „Das bedeutet nicht nur, das Privileg zu haben, wählen zu gehen, sondern auch die Wahl zu haben, wen wir wählen, ohne Angst vor politischer Verfolgung oder Angriffen.“ Was wir für selbstverständlich oder geradezu profan hielten, „haben andere mühsam erkämpft oder kämpfen immer noch dafür“, so Leah Bartsch. Wer nicht wähle, dürfe sich anschließend nicht wundern, wenn andere über ihn bestimmen.
„Mit kalten Füßen und heißem Herzen“ übernahm Elmar Schulte, Vorsitzender des Mescheder Bündnisses für Demokratie, das Wort. „In einer Zeit, in der Hass, Ausgrenzung und rechtsextreme Gruppen eine Gefahr für unsere Demokratie darstellen und in der in unserem Nachbarland Österreich eine extrem rechte FPÖ den Kanzler stellen könnte, setzen wir hier in Brilon kurz vor den Wahlen ein kraftvolles Zeichen für Vielfalt, Menschenwürde, Zusammenhalt und Demokratie.“ Das Mescheder Bündnis handle grundsätzlich überparteilich, erklärt Schulte. Die aktuelle Situation erfordere jedoch eine eindeutige Positionierung und Haltung. Der einzige Weg nach vorne führe über die demokratischen Grundrechte: „Die kommende Bundestagswahl am 23. Februar ist eine Richtungsentscheidung.“
32 Bilder der Demo in Brilon: Schmähende Kritik auf Bannern
Bürgermeister Dr. Christof Bartsch freute sich, dass die große Demonstration im vergangenen Jahr „kein einmaliges Ereignis war“, sondern dass in Brilon das ganze Jahr über Aktionen stattgefunden haben. Mit der heutigen Veranstaltung finde dieses nachhaltige Engagement einen weiteren Höhepunkt. Er dankte „allen, die sich engagieren – den Vereinen und Verbänden, den Schulen, den Sozialeinrichtungen, den Wohlfahrtsverbänden und allen, die mit dabei sind.“
Besonders freue ihn, dass alle im Rat der Stadt Brilon vertretenen Parteien Mitglieder des Bündnisses sind und „damit die Ziele und Werte dieses Bündnisses ganz offen und öffentlich mittragen“. Das bedeute, dass die im Rat vertretenen Parteien „geschlossen für Demokratie, Respekt, Rechtsstaatlichkeit und eine offene und bunte Gesellschaft stehen – und geschlossen gegen Rassismus, völkischen Nationalismus, Extremismus und Antisemitismus.“
Dr. Bartsch warnte aber auch: „Was sich schleichend und nicht etwa als Rechtsruck vollzieht, ist die Verbürgerlichung des Rechtsextremismus.“ Die Ampel sei in ideologischer Zerrissenheit gescheitert, und „wir stehen vor einer richtungsweisenden Neuwahl“, so der SPD-Politiker. Die Herausforderungen für unser Land und die Kommunen, insbesondere die Frage der gelenkten und regulären Migration, würden durch die Übersteigerung ins Katastrophische eine Alleinstellung im Wahlkampf erfahren, „da dies für die AfD überlebenswichtig ist.“ Existenzielle Themen wie Bildung, Klima, Gesundheit, Pflege oder Kommunalfinanzen, „um nur einige zu nennen“, rückten dadurch in den Hintergrund. Es gehe neben dem Gemeinwohl auch um Ehrlichkeit und Kompetenz. Wer etwa „Sicherheit proklamiert, aber die NATO verlassen will, hat entweder nichts verstanden oder macht uns bewusst ein X für ein U vor.“ Als am Ende der Rede John Lennons „Imagine“ erklingt, leuchten zahlreiche Handytaschenlampen und Feuerzeuge auf.
Der stellvertretende Bürgermeister Niklas Frigger (CDU) bezeichnete den „kontroversen Diskurs als das Fundament lebendiger Demokratie“: „Denn wenn wir in der Sache streiten, zeigen wir, dass unser Land, unsere Gemeinschaft und unsere Zukunft uns wichtig sind.“ Es gebe eben nicht immer den einen großen Konsens, „den wir uns alle wünschen“, so Frigger.
Nur heiße Luft
„Als ich zum letzten Mal hier oben stand, hatten wir die Sorgen, die uns heute umtreiben, noch nicht“, sagte Franz Schrewe, Alt- und Ehrenbürgermeister der Stadt Brilon. „Das war vor elf Jahren, als die Schützen dem Bürgermeister ein Ständchen brachten.“ Die immer stärker werdenden Nichtdemokraten „geben sich gerne den Anstrich eines Kümmerers für die Interessen der kleinen Leute“, so Schrewe. „Aber sie werden sich nicht um die kleinen Leute kümmern. Die Stimmensammler am rechten Rand stoßen in die Lücken, die da sind – besonders auf dem Land oder im Osten Deutschlands, wo es keine Vereine und Organisationen mehr gibt, die sich um die Menschen kümmern.“ Die sogenannten Alternativen, das müssten die Menschen begreifen, seien aber keine Alternativen, sondern nur heiße Luft.
„Die Stimmensammler am rechten Rand stoßen in die Lücken, die da sind – besonders auf dem Land oder im Osten Deutschlands, wo es keine Vereine und Organisationen mehr gibt, die sich um die Menschen kümmern.“
Die Gesellschaft muss zusammenhalten
Angelika Schwermer war als Privatperson vor Ort und appellierte an die Bevölkerung, „als Gesellschaft zusammenzuhalten“ und sich gegen das Erstarken der extremen Rechten zu stellen. Für Rainer Müller, Pfarrer i.R. und Vorsitzender von „Brilon Mittendrin“, konzentriert sich alles in dem Satz: „Die Würde des Menschen – und zwar jedes Menschen – ist unantastbar. Punkt.“ Die Gesellschaft habe „viel zu verlieren, wenn wir diesen Grundsatz aus den Augen verlieren und unser Herz dagegen desensibilisieren.“
Das Schlusswort sprachen Beatrix Blocks und Jan Hilkenbach vom BDKJ, dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend. „Die Holocaust-Überlebenden haben eine klare Botschaft: Herz statt Hetze.“ Die Worte der Überlebenden seien dem Verband Mahnung und Auftrag zugleich: „Unser Kreuz hat keine Haken.“
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