Brilon. Das Krankenhaus Maria Hilf in Brilon holt junge Frauen und Männer aus Indonesien ins Sauerland. Claudia Hundertmark-Vogel erklärt, worum es geht.

Das Krankenhaus Maria Hilf Brilon ist Teil eines Deutschlandweit einzigartigen Projekts: Mithilfe der niederländischen Firma Yomema holt die Klinik aus dem Sauerland fünf ausgebildete medizinische Fachkräfte aus Indonesien nach Deutschland. Hier sollen sie an der Briloner Pflegeschule eine dreijährige Ausbildung machen und so Teil einer Initiative gegen den Fachkräftemangel werden. Schulleiterin Claudia Hundertmark-Vogel und Thomas Gutmann, Geschäftsführer von Yomema Deutschland, erklären, was hinter dem Projekt steckt.

Krankenhaus Maria Hilf Brilon hat Probleme, Auszubildende zu finden

„Seit zwei Jahren haben wir ein großes Problem, ausreichend Auszubildende für unsere Pflegeschule zu bekommen. Der einheimische Markt gibt leider nicht viele Möglichkeiten her.“ Hundertmark-Vogel glaubt, dass zu wenig junge Menschen überhaupt noch einen Ausbildungsplatz anstreben. „Dazu kommt die Belastung in diesem Job mit Wochenend- und Feiertagsdiensten. Wir beobachten sogar, dass viele Eltern ihren Kindern abraten, die Pflegebranche zu wählen.“ Viele entschieden sich vorranging für ein Studium an der Hochschule, eine Ausbildung in der man anpacken müsse sei für die jungen Menschen oft uninteressant.

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Yomema: Unternehmen aus den Niederlanden startet auch in Brilon durch

Yomema in Brilon
Claudia Hundertmark-Vogel, Schulleiterin der Briloner Pflegeschule, und Thomas Gutmann, Geschäftsführer von Yomema. © WP | Jana Naima Schopper

„Deutschland ist gut aufgestellt, was die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen angeht. Für viele aus Indonesien ist das eine tolle Perspektive für die Zukunft.“

Claudia Hundertmark-Vogel
Schulleiterin

Hier kommt Thomas Gutmann ins Spiel. Er und Claudia Hundertmark-Vogel kennen sich schon lange, sein erfolgreiches Modell beobachtet die Schulleiterin schon seit einiger Zeit. Sie treffen sich und diskutieren die Idee, das Konzept seines Unternehmens Yomema in Deutschland am Standort Brilon umzusetzen, gesagt getan. Thomas Gutmann sagt: „Der Arbeitskräftemangel betrifft alle Industrieländer. Yomema ist seit fünf Jahren in den Niederlanden aktiv und kooperiert mit indonesischen Hochschulen.“ Gutmann erklärt, dass in Indonesien viele junge Menschen Pflegekräfte werden, aber keine Perspektive haben. „In Deutschland haben die meisten ausgebildeten Pflegekräfte die Wahl, wohin sie gehen möchten. Man muss ihnen bei Bewerbungen viel bieten und es ist schwer, sich auf dem Arbeitnehmermarkt durchzusetzen.“ Hundertmark-Vogel ergänzt, dass gerade Kliniken in ländlichen Räumen, wie Brilon, es schwer hätten, gegen den demografischen Wandel zu bestehen. Yomema will da ansetzen und Pflegekräften aus Indonesien eine Perspektive in Deutschland geben. „Deutschland ist gut aufgestellt, was die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen angeht. Für viele aus Indonesien ist das eine tolle Perspektive für die Zukunft.“

Yomema bewirbt sich bei Pflegekräften in Indonesien - nun kommen sie nach Brilon

Das Prinzip, das Yomema verfolgt, ist einfach. Das Unternehmen bewirbt sich bei Indonesiern, die einen Bachelor (BA) in der Pflege abgeschlossen haben. Dieser Abschluss wird in Deutschland nicht ohne weiteres anerkannt. „Das ist super schwer und man muss für eine Anerkennung zahlreiche bürokratische Hürden überwinden. Oft werden die Pflegekräfte dann nur für Hilfsarbeiten eingesetzt, dabei können sie viel mehr“, erklärt Thomas Gutmann. Sein Unternehmen unterstützt diejenigen, die bereit sind, aus Indonesien nach Holland oder eben nun Deutschland zu kommen und vermittelt in Kooperation mit Pflegeschulen eine Ausbildung. Dafür bietet Yomema den Kandidaten in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut einen einjährigen Sprachintensivkurs in Deutsch an, damit die Bewerber mit einem B2-Level ihre neue Ausbildung starten können.

Mehr zum Thema: Krankenhaus Maria Hilf Brilon

„Wir denken, dass die Integration durch den Sprachkurs, die Kurszugehörigkeit innerhalb der Ausbildung, aber auch durch die Wohnmöglichkeit direkt an der Klinik besser gelingen wird.“

Claudia Hundertmark-Vogel
Schulleiterin

In Brilon werden die Fachkräfte aus Jakarta im Oktober starten

In Brilon werden die fünf neuen Fachkräfte im Oktober beginnen, derzeit absolvieren sie den Sprachkurs und eine kulturelle Vorbereitung in ihrer Heimat. Im September geht der Flug nach Deutschland. Wohnen werden sie im Wohnheim der Briloner Klinik. „Wir denken, dass die Integration durch den Sprachkurs, die Kurszugehörigkeit innerhalb der Ausbildung, aber auch durch die Wohnmöglichkeit direkt an der Klinik besser gelingen wird“, so Hundertmark-Vogel. Natürlich sei es in gewisser Hinsicht ein Rückschritt für die BA-Absolventen, wenn sie in eine Ausbildung zurückkehren. „Aber mit dem Fokus auf dem Erlernen der Sprache bevor es an die Arbeit geht, können sie hier anspruchsvollere Tätigkeiten absolvieren und viel mehr und besser lernen, als in einem Anerkennungsjahr.“ Gebunden sind die Fachkräfte nicht an die Briloner Klinik. Nach der dreijährigen Ausbildung können sie bleiben, in ihre Heimat zurückkehren oder an eine andere Klinik weiterziehen.

Yomema in Brilon
Das sind die Bewerber, die aus Indonesien nach Brilon kommen wollen. © WP | Krankenhaus Maria Hilf

„Das ist ein riesiger Vertrauensvorschuss, den die Menschen uns geben. Sie verlassen ihre Familien und ihren Kontinent, lernen zuvor ein Jahr lang eine fremde Sprache. Das ist für uns ein großes Geschenk.“

Claudia Hundertmark-Vogel
Schulleiterin

Briloner Klinik übernimmt mit diesem Schritt große Verantwortung

Sowohl Thomas Gutmann als auch Claudia Hundertmark-Vogel wissen um die große Verantwortung. Gutmann: „Das ist ein riesiger Vertrauensvorschuss, den die Menschen uns geben. Sie verlassen ihre Familien und ihren Kontinent, lernen zuvor ein Jahr lang eine fremde Sprache. Das ist für uns ein großes Geschenk.“ Yomema ist dabei verantwortlich für die Akquirierung und die sprachliche Ausbildung der Fachkräfte, ab ihrem Aufenthalt in Deutschland übernimmt der Träger die Verantwortung, wobei Yomema stets in Kontakt mit den Kliniken bleibt. Die Briloner Schulleiterin ergänzt: „Wir wollen eine gute Beziehung zu den Auszubildenden aufbauen und somit im besten Fall auch eine Bindung an unser Krankenhaus. Wir übernehmen viel Verantwortung für diese Menschen und ihr Lebensglück. Natürlich hat die Briloner Klinik schon eine lange Geschichte mit Auszubildenden mit Migrationshintergrund, aber wir wollen alle ins Boot holen, damit sich jeder wohlfühlen kann.“ Man werde dementsprechend auch das Personal im Briloner Krankenhaus auf den Einsatz der Kollegen aus Indonesien vorbereiten, denn natürlich gebe es kulturelle Unterschiede, auf die man achten und mit denen man behutsam umgehen wolle.

Yomema in Brilon
Vertreter aus den Pflegebereichen werden ebenfalls eng in das Briloner Projekt eingebunden. © WP | Krankenhaus Maria Hilf

„Hier handelt es sich um ein mit dem Briloner Standort entwickeltes, maßgeschneidertes Projekt. Das Ziel ist natürlich, dies auch auf andere Schulen und Ausbildungsträger auszuweiten. Wir stecken gerade sozusagen in einem deutschlandweiten Pilotprojekt“, sagt Thomas Gutmann. In Brilon aber steckt man große Hoffnungen in das Projekt. Thomas Pape, Pflegedienstdirektor, sagt: „Es zeigt sich: Wir denken alle in die gleiche Richtung. Die Zusammenarbeit ist eine Chance, die wir nutzen müssen. Besonders schön ist es, dass die neuen Kolleginnen und Kollegen direkt ein Teil von uns sein werden und im neuen Kurs ab Oktober aktiv integriert sind.“ René Thiemann, Geschäftsführer der Klinik, ergänzt: „Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit Yomema dieses Projekt starten. Wir sehen hier eine von vielen Lösungen um mit den Herausforderungen des Fachkräftemangels umzugehen. Wir freuen uns auf die neuen Kolleginnen und Kollegen aus Jakarta und werden gemeinsam das Projekt Schritt für Schritt nach vorne tragen.“

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