Winterberg. Winterberg nimmt 104 neue Geflüchtete auf und sucht weiterhin aktiv nach passendem Wohnraum, um Engpässen vorzubeugen.

In den vergangenen zwölf Monaten hat die Stadt Winterberg 104 Geflüchtete aufgenommen. Wie Rabea Kappen, Pressesprecherin der Stadt, betont, erfülle die Kommune damit ihre gesetzliche Verpflichtung gemäß dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG). Insgesamt leben derzeit 247 Geflüchtete in Wohnungen, die von der Stadt angemietet wurden. Zusätzlich gibt es Wohneinheiten im Gewerbegebiet, die zu 46,9 Prozent ausgelastet sind.

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Engpässe drohen bei steigenden Zuweisungen

Obwohl Winterberg derzeit noch über einen Wohnraumpuffer verfügt, zeigt sich die Stadt vorsichtig: „Sollte es in den nächsten Wochen und Monaten zu hohen Zuweisungszahlen kommen, kann unser Wohnraumpuffer recht schnell aufgebraucht sein“, erklärt Kappen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sucht die Stadt aktiv nach zusätzlichem Wohnraum. Angebote können telefonisch oder per E-Mail eingereicht werden.

Kosten und finanzielle Unterstützung

Im Haushalt für 2024 hat Winterberg 810.500 Euro für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten eingeplant. Dabei handelt es sich um die Mittel für Regelleistungen, Mehrbedarfe, Krankheitskosten sowie Leistungen für abgelehnte Asylbewerber. Personalkosten sind in diesem Betrag nicht enthalten. Die Finanzierung erfolgt teilweise durch Erstattungen des Landes Nordrhein-Westfalen. So erhält die Stadt pro Geflüchteten 875 Euro monatlich, sofern sich die Person noch im laufenden Asylverfahren befindet. Für abgelehnte Asylbewerber gewährt das Land eine einmalige Zahlung von 12.000 Euro, die für alle weiteren Leistungen bis zur Abschiebung vorgesehen ist.

Zusätzlich übernimmt das Land außergewöhnlich hohe Krankheitskosten ab einem Betrag von 35.000 Euro. Seit der Ukrainekrise wurden zudem Sonderzuweisungen beschlossen, um die Herausforderungen bei der Unterbringung und Versorgung Geflüchteter zu bewältigen.

Integration als Gemeinschaftsaufgabe

Die Integration der Geflüchteten in Winterberg wird maßgeblich von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unterstützt. „Das Engagement der Ehrenamtlichen sowie meiner Kolleginnen und Kollegen ist großartig. Sie leisten einen unschätzbaren Beitrag für die Unterbringung, Betreuung und Integration“, lobt Bürgermeister Michael Beckmann. Die Stadt unterstützt zudem den Verein Kipepeo e.V. finanziell und beschäftigt zwei Integrationshausmeister, die den Geflüchteten in verschiedenen Lebenslagen beratend zur Seite stehen.

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Ein Sprachkursangebot befindet sich aktuell in Planung. Darüber hinaus wird geprüft, ob gemeinnützige Tätigkeiten für Geflüchtete im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes möglich sind. Ziel ist es, den Betroffenen durch Arbeit eine Tagesstruktur und Perspektive zu geben. Auch bestehende Angebote, wie die Offene Tür, tragen integrativen Charakter.

Herausforderungen in Kitas und Schulen

Die Integration von Kindern und Jugendlichen stellt Winterberg ebenfalls vor große Herausforderungen. Laut Rabea Kappen stoßen Schulen und Kitas sowohl räumlich als auch personell zunehmend an ihre Grenzen. Der Mangel an Fachpersonal erschwert die Betreuung geflüchteter Kinder zusätzlich. „Es geht um alle Aspekte, die zu einem gelungenen Integrationsprozess dazugehören“, betont Kappen.

Arbeitsmarktintegration und Sprachkurse

Das Jobcenter in Winterberg unterstützt Geflüchtete bei der Arbeitssuche, sofern die nötigen Genehmigungen vorliegen. Dabei wird kein Unterschied zwischen geflüchteten und nicht-geflüchteten Menschen gemacht. Sprach- und Integrationskurse der Volkshochschule ergänzen das Angebot. Dennoch behindern bürokratische Hürden und das begrenzte Angebot die schnelle Eingliederung in den Arbeitsmarkt.

Steigende Zahlen und sinkende Akzeptanz

Die Stadt verzeichnet eine kontinuierlich steigende Zahl an Geflüchteten. Dies führt nicht nur zu Herausforderungen bei der Unterbringung, sondern auch zu einer zunehmenden Belastung in anderen Bereichen. Bürgermeister Beckmann warnt vor einer Überforderung der ehrenamtlich und hauptamtlich Engagierten. Zudem könnte die Akzeptanz in der Bevölkerung weiter sinken.

„Bund und Land sollten endlich die Realitäten in den Kommunen anerkennen“, fordert Beckmann. Er spricht sich für eine konsequentere Umsetzung beschlossener Maßnahmen aus, wie die Beschleunigung von Asylverfahren und die Stärkung der Aufnahmekapazitäten. Auch die finanzielle Unterstützung müsse verbessert werden, um die Kommunen zu entlasten. Beckmann betont, dass nur so eine gerechte Verteilung der Ressourcen zwischen allen Bürgern sichergestellt werden könne.

Zukünftige Planungen und Entwicklungen

Aufgrund der aktuellen Erfüllungsquote von 97,5 Prozent rechnet Winterberg in naher Zukunft nicht mit einem starken Anstieg der Zuweisungszahlen. Dennoch plant die Stadt, die Unterbringung wirtschaftlicher zu gestalten. Überteuerte Mietverträge sollen gekündigt und die Ansprüche anerkannter Flüchtlinge überprüft werden. Diese Maßnahmen sollen neue Kapazitäten schaffen, um den gesetzlichen Verpflichtungen weiterhin gerecht zu werden.

Auswirkungen internationaler Krisen

Während der Gazakrieg bisher keine Auswirkungen auf die Flüchtlingssituation in Winterberg hatte, hat der Krieg in der Ukraine deutliche Spuren hinterlassen. Nach wie vor suchen viele Menschen aus der Ukraine Schutz in der Region.

Die Stadt Winterberg zeigt sich trotz aller Herausforderungen bemüht, den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig humane Lösungen für Geflüchtete zu finden. Doch die Belastungen steigen, und die Forderungen nach Unterstützung durch Bund und Länder werden lauter.