Hochsauerlandkreis. Westfalenbus streicht Buslinien im HSK. Für Claudia Gerke aus Winterberg ist das eine Katastrophe. Wer ist Schuld an den Sparmaßnahmen?
Im Hochsauerlandkreis sind zahlreiche Buslinien gestrichen worden oder sind nur noch über ein „On Demand“-System zu organisieren. Das ist für viele Sauerländerinnen und Sauerländer ein echtes Problem. So schilderte eine Briloner Mutter, dass von einem auf den anderen Tag der Schulbus ihrer Kinder weggefallen sei, woraufhin die Stadtverwaltung sich direkt um einen Ersatz bemühte. Dennoch tun sich durch die Änderungen, die Westfalenbus in einer Pressemitteilung ausführlich geschildert hat und die im Kreistag entschieden wurden, Probleme auf. So schildert Claudia Gerke, die in Silbach wohnt, dass sie seit dem neuen Fahrplan am Abend nicht mehr von ihrer Arbeitsstelle in Winterberg nach Hause kommt. Im Netz wird die Schuld für die Fahrplanänderungen einer Entscheidung der CDU und FDP im Kreistag zugeschoben. Das Chaos im Öffentlichen Nahverkehr des Sauerlandes scheint perfekt. Eine Spurensuche.
Claudia Gerke aus Silbach: Abends kommt sie aus Winterberg nicht mehr weg
Claudia Gerke ist ratlos. Die 41-Jährige lebt in Silbach und arbeitet in der St. Ursula Klinik in Winterberg für Frauen und Mütter. Sie arbeitet immer bis abends, hat bisher den Bus um 20 Uhr genommen. Der aber fährt nicht mehr. Überhaupt, Gerke sagt, aus Winterberg fahre ab 18.30 Uhr kein Bus mehr über die Dörfer Richtung Olsberg. „Jetzt holt mich jeden Abend mein Schwager von der Arbeit ab“, sagt sie. „Für Winterberg kann man das so nicht lassen!“ Ihre Familie müsse sich nun erst einmal nach ihr richten, damit sie abends nach Hause komme. „Früher klappte alles ganz gut mit dem ÖPNV, ich bin damit auch abends mal für ein Treffen oder die Kirmes nach Winterberg und zurück gefahren. Wie soll ich mich jetzt abends mit meinen Freunden in Winterberg treffen?“ Auch die Touristenfreundlichkeit sei laut Gerke nicht mehr gegeben, gerade nach dem Flutlichtfahren am Abend müsse es einen zuverlässigen Nahverkehr geben. „Wie sollen die Leute nach Hause kommen, die in der Winterberger Gastronomie arbeiten? Sind die Auswirkungen dieser Streichungen den Menschen eigentlich bewusst?“
Im Netz sind Pendler sauer über ÜPNV-Kürzung im Sauerland
Das Thema ist kompliziert. Im Netz breitet sich Ärger aus, viele finden die Neuerungen und Streichungen nicht in Ordnung, müssen sich umstellen. Es ist von Rückschritt die Rede. Auch, dass man nun wieder auf das Auto umsteigen müsse. Chris Scher drückt es drastisch aus. „So und noch unterirdischer sieht der gelebte ÖNPV im HSK aus.“
Westfalenbus schreibt von einem neuen und flexiblen Konzept für den HSK
Westfalenbus selbst schreibt in der Pressemitteilung aus Dezember 2024 zu den Änderungen von einem neuen Mobilitätskonzept, das in enger Zusammenarbeit mit der WB Westfalen Bus GmbH entwickelt wurde. Man wolle die Mobilität in diesen Verkehrsgebieten verbessern und den Fahrgästen ein flexiblen und umweltfreundlichen ÖPNV anbieten. Besonders betroffen davon sind Brilon und Marsberg. Zu Winterberg heißt es nur: „Im Zuge der Überplanungen im Hochsauerlandkreis ergeben sich noch Änderungen in Olsberg/Winterberg für die Linien S50 und R75: Die Ausrichtung der Linien im Hinblick auf die Einhaltung des Nahverkehrsplanes des Hochsauerlandkreises als Aufgabenträger führt zu Kürzungen des Angebotes beider Linien in den Abendstunden.“
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Hochsauerlandkreis hat Verantwortung für verschiedene Buslinien übernommen
Wichtig zu wissen: Seit Januar 2025 hat der Hochsauerlandkreis die Verantwortung für bestimmte Buslinien übernommen, weil die Westfalenbus GmbH diese nicht mehr finanzieren kann. Um den Betrieb aufrechtzuerhalten, hat der Kreis die Firma beauftragt, die Linien weiterhin zu betreiben, und gleicht die Kosten dafür aus.
Hochsauerlandkreis kann nicht alle Linien finanzieren
Der Fahrplan orientiert sich nun am Nahverkehrsplan, der die Mindestanforderungen für den Busverkehr festlegt. In der Vergangenheit hat die Westfalen Bus GmbH einige Linien, wie die S50 (Olsberg - Winterberg - Hallenberg) und R75 (Meschede - Bestwig - Olsberg), mit zusätzlichen Fahrten über den Nahverkehrsplan hinaus betrieben. Diese zusätzlichen Angebote wurden nun eingestellt, da sie auch vom Kreis nicht finanziert werden können.
Sauerländer Bürgerliste wendet sich mit Meinungsbeitrag an die Öffentlichkeit
Die Sauerländer Bürgerliste wirft dem Kreis auf ihrer Website in einer Mitteilung vor, dass der Beschluss gegen den Nahverkehrsplan verstoße. Am 13. Dezember 2024 sei in der Kreistagssitzung der Kreishaushalt 2025 beschlossen worden. „In diesem Rahmen hatte die Kreisverwaltung neue Buslinienfahrpläne vorgelegt, aber nicht erläutert. Erst wer diese Fahrpläne genau mit den bisherigen verglich, kam schnell zu dem Ergebnis, dass auf den von der Westfalenbus GmbH betriebenen Linien alle Fahrten ab 20 Uhr entfallen sollen. Die SBL-Kreistagsfraktion beantragte daher, das bisherige Angebot beizubehalten“, heißt es dazu auf der Website der SBL.
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Sauerländer Bürgerliste weist die Schuld zwei Fraktionen zu
Dass über einen Antrag abgestimmt worden sei, bestätigt der Kreis auf WP-Anfrage, sagt aber nicht konkret, von wem der Antrag gekommen sei. 23 Stimmen hatten sich dafür ausgesprochen, 29 dagegen. Der Antrag wurde also mehrheitlich abgelehnt. Pressesprecher Martin Reuther erklärt: „Bei dieser Abstimmung wurden die abgegebenen Stimmen gezählt und entsprechend protokolliert. Maßgeblich für die Auszählung ist dabei ausschließlich die Anzahl der von den Mitgliedern des Kreistages abgegebenen Stimmen, nicht aber das Abstimmungsverhalten einzelner Kreistagsmitglieder oder Fraktionen. Daher können keine genaueren Auskünfte zum Abstimmungsverhalten der einzelnen Mitglieder des Kreistages gegeben werden.“ Die SBL indes behauptet, dass alle Mitglieder der CDU- und der FDP-Kreistagsfraktion gegen den Antrag der SBL abgestimmt hätten. Dies wird auch auf den Sozialen Netzwerken verbreitet. Die SBL betont auf ihrer Website: „Dadurch werden viele Menschen abends von der Mobilität abgehängt, und zwar bereits zum Fahrplanwechsel ab Sonntag, 15. Dezember.“
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Neue Bedienungszeiten im Hochsauerlandkreis
„Die neuen Bedienungszeiten entsprechen denen anderer bereits finanzierter Nahverkehrsleistungen im Altkreis Brilon“, erläutert Reuther allerdings. Er nennt in diesem Zusammenhang die SchnellBus-Linie S30 mit letzter Fahrt um 18:31 Uhr ab Medebach bzw. um 19:13 Uhr ab Brilon-Stadt oder die SchnellBus-Linie S40 mit letzter Fahrt um 18:57 Uhr ab Schmallenberg bzw. um 18:58 Uhr ab Niedersfeld. Im Vergleich hierzu verkehren die letzten Fahrten der Linie S50 um 19:35 Uhr ab Olsberg, um 19:46 Uhr ab Hallenberg und um 18:43 Uhr sowie um 19:13 Uhr ab Winterberg und auf der Linie R75 um 20:03 Uhr ab Olsberg sowie um 20:08 Uhr ab Meschede. Reuther: „Ergänzend hierzu bietet die Bahn weitere Fahrtmöglichkeiten mit Bedienung der Halte in Meschede, Bestwig, Bigge, Olsberg, Siedlinghausen, Silbach und Winterberg an.“
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