Winterberg. Ein Stimmungsbild im Schnee von Winterberg mit meist glücklichen Gästen. Wer Anreise und Parkplatzsuche überstanden hat, der feiert losgelöst.
Die Meteorologen haben in den vergangenen Tagen nicht zu viel versprochen: 30 Zentimeter frisch gefallener Naturschnee, dazu die Sonne, die sich immer wieder erfolgreich durch die Wolkendecke kämpft, und Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt. Der Skiort und Touristenmagnet Winterberg hat sich in ein Winter-Wonder-Land verwandelt. Kein Wunder, dass sich an diesem Samstag auf den Pisten, Rodelbahnen und Wanderwegen zahlreiche Gäste tummeln. Doch was bewegt die Menschen, die hier arbeiten, Urlaub machen oder einfach nur einen Tagesausflug unternehmen? Drücken die Negativschlagzeilen der vergangenen Tage aufs Gemüt?
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Von Lingen mit dem Zug ins Sauerland
Ein Rundgang durch das Skigebiet und Gespräche mit den Menschen zeichnen ein lebhaftes Bild davon, wie vielfältig die Stimmungen und Beweggründe für einen Besuch im Winterberger Schneetrubel sind. Es ist 14 Uhr, als sich Manuela am verkehrsreichen Waltenberg nach dem Weg zur Bobbahn erkundigt. Die 64-jährige Alleinreisende ist am Vortag von Lingen per Zug ins Sauerland gereist und hat dabei eine wahre Odyssee hinter sich. „Ich habe sechs Stunden gebraucht und musste sechsmal umsteigen. Zwischendurch gab es Schienenersatzverkehr. Nächstes Mal komme ich mit dem Auto“, berichtet die Lingenerin ernüchtert von der Anreise. Das Wetterglück und die vielen Ausflugsmöglichkeiten haben sie aber bereits wieder milde gestimmt. „Ich bleibe bis Dienstag und gestalte die Tage spontan.“ Die Vermieterin ihrer Ferienwohnung in Züschen hat sie dafür mit reichlich Tipps versorgt, und so freut sich Manuela auf die kommenden Tage.
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Parkplatzsuche am Hotel Brabander
Auf der anderen Straßenseite steht Nico in orangefarbener Warnweste und koordiniert die vielen Parkplatzsuchenden, die aus beiden Richtungen auf den Parkplatz des Hotels Brabander fahren möchten. Aktuell ist sein Wortschatz gegenüber den Autofahrern auf vier Worte beschränkt: „Sorry, wir sind voll!“ Einige Stunden zuvor konnte er die frühen Vögel unter den Tagesgästen noch mit einem Parkplatz glücklich machen. „Wenn du eine Lücke freihast, dann geben die dir auch mal ein Taschengeld oder ein Trinkgeld.“ Während er das sagt, geht ein Mann mittleren Alters auf den 37-jährigen Hotelmitarbeiter zu und macht in seiner Verzweiflung ein ungewöhnliches Angebot. Er deutet auf sein Auto, das ein paar Meter die Straße hinunter unzulässigerweise auf dem Fahrradstreifen parkt, und sagt: „Ich lasse dir meinen Autoschlüssel hier, und sobald was frei wird, parkst du mein Auto dort. Im Gegenzug bekommst du von mir ein besonders großzügiges Trinkgeld.“
„Die würden mir 100 Euro so auf die Hand geben. Hauptsache, ich besorge ihnen einen Parkplatz.“
Bestechung wird abgelehnt
Etwas ungläubig lehnt Nico den Vorschlag ab und lacht. Auf die Frage, ob so etwas häufiger vorkommt, antwortet er: „Die würden mir 100 Euro so auf die Hand geben. Hauptsache, ich besorge ihnen einen Parkplatz. Das passiert durchaus. Aber wenn wir voll sind, sind wir voll.“ Seit 15 Jahren arbeitet er für den großen Hotelbetrieb und hat damals zunächst als Skilehrer angefangen. „Ich habe meine Frau im Hotel kennengelernt. Sie hat hinter der Theke gearbeitet. Und dann haben wir hier eine Familie gegründet, haben mittlerweile drei Kinder und ein Haus gekauft – wir sind eingebürgert.“
Die Webcambilder lügen nicht
Zwei, die keinen Parkplatz mehr benötigen, sind Ingo (40) und Mandy (28) aus Dinslaken, und dabei gehören sie nicht zu denjenigen Tagesgästen, die noch vor dem Morgengrauen losgefahren sind. Im Gegenteil: „Wir sind um halb elf ganz entspannt zu Hause gestartet, und die Fahrt hierher war super“, berichtet Mandy. Die beiden sind für die ganzjährig geöffneten Rodelbahnen hergekommen und sind erstaunt darüber, wie viel Schnee tatsächlich in Winterberg liegt. „Wir haben zwar die Webcams beobachtet, und es sah so aus, als würde viel Schnee liegen, aber vor zwei Jahren hatten wir das genauso gemacht und uns von der Beschneiung durch die Schneekanonen täuschen lassen“, erklärt Ingo seine anfängliche Skepsis.
Ordnungsbeamter gibt wertvollen Tipp
Dennis, ein Tagestourist aus Bielefeld, erlebte die Parkplatzsuche als Herausforderung: „Die letzten fünf Kilometer waren die Hölle. Wir haben zunächst einen Parkplatz angesteuert, auf dem leider nichts mehr frei war. Ein Mitarbeiter vom Ordnungsamt hat uns dann einen Tipp für einen Parkplatz etwas außerhalb gegeben, und dort konnten wir schließlich einen Platz ergattern.“ Auch für Dennis und seine zwei Begleiter steht in erster Linie Rodeln auf dem Programm. „Wir haben schon ein, zwei Rodelstrecken angeschaut, machen jetzt hier noch ein paar Abfahrten und dann geht es wieder zurück.“ Zwischen den Abfahrten hat sich das Trio mit holländischen Frikadellen in der Herrloh-Hütte gestärkt.
„Die letzten fünf Kilometer waren die Hölle. Wir haben zunächst einen Parkplatz angesteuert, auf dem leider nichts mehr frei war. Ein Mitarbeiter vom Ordnungsamt hat uns dann einen Tipp für einen Parkplatz etwas außerhalb gegeben“
Von der Schneewittchen-Hütte zu Möppi
Einen gänzlich anderen Grund, nach Winterberg zu kommen, hat eine zehnköpfige Mädelsgruppe aus Bruchhausen. Die sehr gut gelaunten Braukerinnen sind anlässlich zweier 30. Geburtstage heute auf Hüttentour durchs Skigebiet unterwegs: „Wir gehen jetzt zur Schneewittchen Hütte, dann ins Rondell und zum Abschluss zu Möppi“, verrät Michaela (31) die weiteren Pläne, die in einem feuchtfröhlichen Abend enden dürften.
Das wird noch schlimmer
Während das fast volle Dutzend weiterzieht, steht direkt nebenan Tobias (42) vor seinem Arbeitsplatz und macht mit einem Kollegen eine Raucherpause. Die beiden arbeiten im Skiverleih Schneider, und mit seiner langjährigen Erfahrung – Tobias arbeitet bereits in der zwölften Saison hier – kann er das Pensum an Touristen an diesem Wochenende gut einschätzen. „Heute war schon richtig viel los – stressig, aber das war erst das Warm-up. Das wird noch schlimmer. Im Februar geht es richtig los.“ Trotz Stress beschreibt er die Stimmung im Skiverleih und unter den Gästen als sehr gut und gelassen.
Doch Winterberg kann noch mehr
Marco (33) und Mark (35), Snowboarder aus Dortmund, haben gemischte Gefühle: Die Pistenbedingungen seien super, aber es seien auch sehr viele Leute hier. Je nachdem, an welchem Lift man sich anstelle, könne es schon bis zu 20 Minuten dauern, bis man drankommt. Es gebe aber auch Lifte, da stehe man nur zwei bis drei Minuten. Gerne würden die beiden noch weiterfahren, aber Marco, der erst im vergangenen Jahr nach längerer Pause zum ersten Mal aufs Brett gestiegen ist, gibt zu: „Ich bin sehr traurig, dass ich schon keine Puste mehr habe. Ich habe mich heute diverse Male auf den Hintern gesetzt, aber es stoppt einen nicht! Wenn du Spaß dran hast, und du merkst auch den Fortschritt dabei – das macht unheimlich Spaß!“ Zum Abschluss haben sie sich gerade nochmal in der Bremberg Klause gestärkt.
Hütten-Wirt ist zufrieden
Dort bestätigt Simon Cramer, Co-Inhaber der beliebten Skihütte, dass die Stimmung gut sei: „Weiße Landschaft, Sonne und ein heißer Glühwein – das lieben unsere Gäste.“ Am besten gehen hier heute der Kaiserschmarrn und die Mantaplatte über die Ladentheke. Seine Einschätzung zum Besucheraufkommen an diesem Wochenende: „Wenn das Ruhrgebiet ein bisschen Schnee hat, werfen sie einen Blick auf die Webcams und fahren hier hoch. Und dann wird‘s schon voller. Aber Winterberg kann noch mehr!“ Auf den Saisonstart blickt er insgesamt sehr zufrieden.
Ein fast perfektes Wochenende in Winterberg
Egal, ob es ein anstrengender Arbeitstag, eine mühsame Anreise oder die pure Begeisterung über die großartigen Winterbedingungen ist – Winterberg erweist sich an diesem Wochenende als Anziehungspunkt für alle, die die kalte Jahreszeit schätzen. Während der Februar voraussichtlich die Hochsaison einläuten wird, freuen sich viele darüber, dass der Trubel an diesem Wochenende noch in einem angenehmen Rahmen bleibt.