Marsberg. Zu Jahresbeginn war der jüdische Friedhof verwildert, nun hat die Stadt ihn saniert. Ralf Walfort erklärt, wie Marsberg Erinnerungskultur pflegt.

Die Novembersonne taucht den jüdischen Friedhof von Marsberg in goldenes Licht, braunes Herbstlaub überzieht den Boden. Es ist still zwischen den moosbewachsenen alten Grabsteinen. Ein wenig abseits von den Gräbern entlang des Zauns ist der Boden aufgewühlt. Ralf Walfort, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Marsberg, zeigt auf die Stelle: „Hier kann man es noch gut sehen, da wurde viel weggeschnitten.“

Marsberg erhält Förderung zur Pflege jüdischer Kultstätten

Innerhalb der vergangenen Wochen hat der Betriebshof Marsberg hier ganze Arbeit geleistet: wuchernde Sträucher wurden zurückgeschnitten oder entfernt, die Zwischenräume zwischen den Grabsteinen geklärt, beschädigte Steine instandgesetzt und der Zaun der Anlage ausgebessert worden. 2625 Euro jährlich erhält die Stadt an Fördergeldern für die Pflege der geschlossenen jüdischen Friedhöfe von der Bezirksregierung Arnsberg, mit einer Pauschale von 1,05 Euro pro Quadratmeter Fläche. Den Rest der Instandhaltungskosten muss die Stadt Marsberg mit eigenen Mitteln stemmen: eine Mammutaufgabe, vor allem mit Blick auf den von Sparmaßnahmen geprägten Haushaltsplan der Kommune. Umso mehr sei hervorzuheben und dafür zu danken, dass der Betriebshof Marsberg so einen großen Einsatz bei der Pflege der Friedhofsanlagen zeige, erklärt Ralf Walfort: „Das gilt für all die vielfältigen Aufgaben, die der Betriebshof im gesamten Stadtgebiet übernimmt, und ganz besonders für den jüdischen Friedhof hier in Marsberg.“

Der jüdische Friedhof in Marsberg wurde saniert.
Der jüdische Friedhof in Marsberg ist ein Ort der Erinnerung. © WP | Rebekka Siebers

Die Anlage mit den knapp 90 Grabsteinen war von Vertretern der SPD-Fraktion begutachtet worden, nachdem ein Hinweis über den verwilderten Zustand des Friedhofs aus der Nachbarschaft eingegangen war. „Der Betriebshof führt hier regelmäßig Kontrollen und Instandhaltungsmaßnahmen durch, aber er kann natürlich nicht überall gleichzeitig sein“, erklärt Ralf Walfort. Die Anregung über den Wildwuchs sei jedoch ernst genommen und von den Zuständigen schnell gehandelt worden, lobt der Marsberger. Und betont: „Der Einsatz für den Friedhof ist keine Fraktionsangelegenheit. Dieses Anliegen ist überparteilich.“ Das Andenken an die jüdische Bevölkerung hochzuhalten und die Erinnerungskultur an Stätten wie dem jüdischen Friedhof sorgsam zu pflegen, betreffe die Stadt Marsberg als Ganzes.

Der jüdische Friedhof in Marsberg: Noch zu Jahresbeginn 2024 sah es hier verwildert aus.
Der jüdische Friedhof in Marsberg: Noch zu Jahresbeginn 2024 sah es hier verwildert aus. © privat | Ralf Walfort

Viele Erinnerungsorte liegen im Marsberger Stadtgebiet verteilt

Der jüdische Friedhof an der Hamecke in Marsberg ist nur einer von insgesamt vier Friedhofsanlagen im Stadtgebiet: die anderen befinden sich in Heddinghausen, Essentho und Beringhausen. Und auch darüber hinaus zeugen viele weitere Gedenkstätten von dem jüdischen Leben in Marsberg und der Grausamkeit, die die Bevölkerung auch hier als Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen erleiden musste. Weitere Erinnerungsorte sind unter anderem die alte Synagoge in Padberg und das Gebäude der alten jüdischen Schule an der Paulinenstraße 17 in Marsberg, das bis heute gut erhalten geblieben ist. Und viele kleine Mahnmale liegen im gesamten Stadtgebiet verteilt: Insgesamt 47 Stolpersteine wurden seit 2009 im Rahmen des Projekts von Künstler Gunter Demnig „Gegen das Vergessen“ im Marsberger Raum verlegt und markieren den letzten frei gewählten Wohnort vieler Marsbergerinnen und Marsberger, die von dem nationalsozialistischen Terrorregime verfolgt, deportiert oder ermordet wurden. Die meisten der Steine befinden sich in der Kernstadt, doch auch in Beringhausen, Westheim, Borntosten, Canstein, Essentho, Gierhagen und Udorf sind sie zu finden.

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Der jüdische Friedhof in Marsberg wurde saniert.
In der Novembersonne liegt der jüdische Friedhof von Marsberg ruhig und friedlich da. Erst kürzlich wurde er vom Betriebshof instand gesetzt. © WP | Rebekka Siebers

Auch im Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wird die Erinnerungskultur in Marsberg hochgehalten: Gemeinsam mit den weiterführenden Schulen und Kirchen laden Bürgermeister Thomas Schröder und die Stadtverwaltung auch in diesem Jahr alle Bürgerinnen und Bürger dazu ein, gemeinsam die Stolpersteine am Weist, an der Hauptstraße und in der Casparistraße abzugehen und der Menschen zu gedenken, die an diesen Orten gelebt haben. Dazu treffen sich die Teilnehmenden am kommenden Samstag, 9. November um 15:30 Uhr auf dem Parkplatz an der Kreuzung Hauptstraße/Weist/Oesterstraße. „Lassen Sie uns diesen Weg gemeinschaftlich gehen“, schließt Thomas Schröder seine Einladung an die Einwohner von Marsberg.