Hochsauerlandkreis. Hunderte Häftlinge beschweren sich am Landgericht Arnsberg über Haftbedingungen. Worüber sie sich beschweren und warum das zum Problem wird.
Das Landgericht Arnsberg, das maßgeblich für die Rechtssprechung im Hochsauerlandkreis zuständig ist, steht vor einer enormen Herausforderung. Die Strafvollstreckungskammer des Gerichts verzeichnet nach Informationen der Westfalenpost einen drastischen Anstieg von Anträgen und Beschwerden, insbesondere von Sicherungsverwahrten, die in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Werl einsitzen. Alexander Brüggemeier, Pressesprecher des Landgerichts, bestätigte das auf Anfrage dieser Zeitung.
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Dramatischer Anstieg der Verfahren
Die Zahlen sprechen für sich: Während in den Jahren 2019 bis 2021 durchschnittlich 400 Verfahren pro Jahr eingingen, stieg die Zahl 2022 auf etwa 700 an. Im Jahr 2023 erreichte sie mit 1881 Verfahren einen Höchststand. Für das laufende Jahr 2024 sind bereits 1160 Verfahren eingegangen, wobei sich die monatliche Zahl derzeit auf 40 bis 80 eingependelt hat. Bemerkenswert ist, dass über die Hälfte der neu eingehenden Verfahren von Sicherungsverwahrten stammen. In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Werl, die in den Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Arnsberg fällt, sind alle 139 Sicherungsverwahrten aus ganz Nordrhein-Westfalen untergebracht. Dies macht Arnsberg zum einzigen Landgericht in NRW mit einer solchen Zuständigkeit.
Aufgaben der Strafvollstreckungskammer
Die Strafvollstreckungskammer ist für eine Vielzahl von Anträgen und Beschwerden zuständig, die das Leben in Haft und Sicherungsverwahrung betreffen. Dazu gehören Fragen zu Lockerungen, Ausführungen, Disziplinarverfahren und sogar alltägliche Aspekte wie Einkäufe beim Anstaltskaufmann. „Es gab zuletzt viele Verfahren, die den Ein- und Aufschluss in der Sicherungsverwahrung betrafen“, sagt Brüggemeier. Ansonsten gebe es Beschwerde über alle Bereiche des Lebens in der Haft/Sicherungsverwahrung betroffen: Dabei gehe es um Lockerungen, Ausführungen, Disziplinarverfahren, Gegenstände in den Räumen und die Einkäufe beim Anstaltskaufmann, so der Sprecher.
Personelle Aufstockung und Herausforderungen
Um der Flut von Anträgen Herr zu werden, habe das Landgericht Arnsberg die personelle Ausstattung der Strafvollstreckungskammer deutlich erhöht. Waren 2021 noch 1,0 bis 1,25 Vollzeitstellen ausreichend, sind es aktuell 7,33. Insgesamt sind 14 Richter in der Kammer tätig. Trotz dieser Maßnahmen bleibe die Arbeitsbelastung hoch, erklärt der Pressesprecher. Der aktuelle Bestand liegt bei knapp 1200 Verfahren, wovon 70 aus dem Jahr 2022 oder älter sind. Diese überjährigen Fälle würden priorisiert behandelt. Um die Effizienz zu steigern, wurde zudem die elektronische Akte für Vollzugssachen am Landgericht Arnsberg vorzeitig eingeführt, berichtet er. Zudem würden neue Richter speziell für ihre Aufgaben in der Strafvollstreckungskammer fortgebildet.
Die Sicherungsverwahrung
Die Sicherungsverwahrung ist eine Maßnahme, die für besonders gefährliche Straftäter vorgesehen ist. Sie kann für verschiedene Personengruppen angeordnet werden, darunter Mehrfachtäter mit einem Hang zu schweren Straftaten, Täter bestimmter schwerer Verbrechen und Rückfalltäter bei Sexualdelikten. In seltenen Fällen kann sie auch für Ersttäter oder sogar für nach Jugendstrafrecht verurteilte Täter in Betracht kommen. Die Entscheidung zur Sicherungsverwahrung trifft das Gericht immer im Einzelfall nach einer gründlichen Prüfung der Gefährlichkeit des Täters. Dabei muss eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit festgestellt werden, und die Maßnahme darf nur als letztes Mittel angewendet werden, wenn andere Möglichkeiten zum Schutz der Gesellschaft nicht ausreichen. Die Sicherungsverwahrung zielt darauf ab, besonders gefährliche Straftäter von der Gesellschaft fernzuhalten, um weitere schwere Straftaten zu verhindern.