Brilon. Sind Elterntaxis im Sauerland ein Problem? Häufig wird das so gesagt. Die Polizei im Hochsauerlandkreis erklärt, wo die Gefahren wirklich liegen.
Jedes Jahr wieder stellt sich die Frage: Darf mein Kind zu Fuß laufen? Ist es im Auto sicherer auf dem Schulweg? Dabei tragen Elterntaxis von besorgten Familien zu einem Teufelskreis bei, denn sie machen die Situation rund um die Schulen im Hochsauerlandkreis nur noch schlimmer. Polizeisprecher Michael Schemme erklärt im Interview, wie gefährlich das Verhalten von Autofahrern wirklich für Kinder in Brilon ist und wie Eltern dem Nachwuchs dennoch den Schulweg zutrauen können.
Wie schätzen Sie das Problem der sogenannten „Elterntaxis“ vor Schulen ein?
Michael Schemme: Durch zu viele Elterntaxis unmittelbar vor den Schulen wird der Verkehr für die zu Fuß kommenden SchülerInnen unübersichtlich. Wenn dann noch ein Fehlverhalten durch die Autofahrer hinzukommt, kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen für die Schüler und Schülerinnen.
Wo liegen in Brilon die größten Gefahrenpunkte?
Im Allgemeinen kann man sagen, dass es vor nahezu jeder Schule Gefahrenpunkte gibt, insbesondere dort, wo die Kinder die Straße überqueren müssen.
Und welche Gefahren gehen von Elterntaxis im Bereich von Schulen aus? Was sind die häufigsten Verstöße, die Sie im Zusammenhang mit Elterntaxis beobachten?
Durch Elterntaxis wird es rund um die Schulen in der Regel voller und unübersichtlicher für die Schülerinnen und Schüler. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen, z.B. beim Losfahren der Autos, Parken/Halten im Halteverbot oder Parken in zweiter Reihe. Wenn dann die Kinder noch bis auf den Schulhof begleitet werden, staut es sich durch wartende Elterntaxis und es wird immer unübersichtlicher.
Haben Sie konkrete Beispiele für gefährliche Situationen oder Unfälle, die durch Elterntaxis in Brilon verursacht wurden (vielleicht aus den letzten zwei Jahren)?
Laut der Unfallstatistik können wir derzeit keinerlei Unfälle im Zusammenhang mit den Elterntaxis feststellen. Jedoch kommt es regelmäßig zu gefährlichen Situationen vor den Schulen, insbesondere an den Fußgängerüberwegen oder Zebrastreifen. Hierzu tragen aber nicht nur die Elterntaxis, sondern alle Verkehrsteilnehmer bei. Stellenweise wird zu schnell an den Zebrastreifen herangefahren und dadurch den herannahenden Kindern das Überqueren des Zebrastreifens nicht ermöglicht. Die Kinder brauchen ein paar Sekunden länger, um das erlernte Verhalten umzusetzen. Dies bedeutet, dass Kinder oft am Fußgängerüberweg/Zebrastreifen so lange stehen bleiben und warten, bis das heranfahrende Fahrzeug wirklich steht. Stellenweise dauert dies den Verkehrsteilnehmern zu lange oder die Situation wird falsch eingeschätzt und die Autos fahren plötzlich weiter bzw. los. In diesem Moment entscheidet das Kind „jetzt kann ich gehen“ und es entstehen gefährliche Situationen.
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Welche Maßnahmen hat die Polizei bereits ergriffen, um das Problem zu reduzieren? Gibt es besondere Schwerpunkteinsätze oder Kontrollen der Polizei?
Die Polizei sichert den Schulweg beinahe täglich, jedoch müssen sämtliche Schulen betreut werden, so dass die Polizei nicht jeden Tag an jeder Schule präsent sein kann.
Wie reagieren Eltern auf Hinweise der Polizei bezüglich der Risiken durch Elterntaxis?
Werden die Eltern vor Ort durch die Polizei angesprochen, zeigen diese Verständnis und sehen die Gefahren und ihr Fehlverhalten in der Regel auch ein. Jedoch gibt es die unterschiedlichsten Gründe, warum das Kind zur Schule gefahren wird. Jeder wünscht sich einen sicheren Schulweg für seine Kinder. Aber im Grunde wird er durch Eltern in Form von Elterntaxis unsicherer.
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Welche Alternativen oder Lösungen sehen Sie, um den Schulweg für Kinder sicherer zu gestalten?
Es gibt nachvollziehbare Gründe, warum die Kinder (vereinzelt) zur Schule gebracht oder abgeholt werden. Wünschenswert wäre es, wenn dies die Ausnahme und nicht die Regel wäre. Dadurch würde sich die Anzahl der Elterntaxis reduzieren. Zudem sollte man sich stets regelkonform verhalten, um gefährliche Situationen zu vermeiden. Des Weiteren wäre es sinnvoll, die Kinder im Umkreis der Schule, zum Beispiel auf einem Parkplatz, aussteigen zu lassen, so dass die Kinder das letzte Stück zur Schule zu Fuß bewältigen. Kinder müssen das richtige Verhalten im Straßenverkehr erlernen. Es müssen sich die Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln und festigen. Dies lernen die Kinder jedoch nur durch regelmäßiges Üben und über das Sammeln von Erfahrungen, zum Beispiel auf dem Schulweg zu Fuß, aber nicht im Auto der Eltern.
„Jedoch kommt es regelmäßig zu gefährlichen Situationen vor den Schulen, insbesondere an den Fußgängerüberwegen oder Zebrastreifen. Hierzu tragen aber nicht nur die Elterntaxis, sondern alle Verkehrsteilnehmer bei. “
Inwiefern arbeiten Sie mit Schulen, Lehrern oder anderen Institutionen zusammen, um das Thema zu adressieren?
Die Polizei steht im ständigen Kontakt mit den einzelnen Schulen und tauscht sich regelmäßig aus. Hinzu kommen die Aktionen der Verkehrswacht, die durch z.B. Banner „Brems dich, Schule hat begonnen“ oder ähnliches auf die Probleme aufmerksam macht.
Wie können Eltern und Schulen zusammenarbeiten, um das Problem nachhaltig zu lösen?
Auf Elternabenden oder durch Elternbriefe wirken die Schulen auf die Eltern ein und machen auf die Probleme aufmerksam. Auch hier könnte durch die Elternschaft versucht werden, Laufgruppen, einen sogenannten Walking Bus, einzurichten.
Wie könnten bauliche Maßnahmen, wie spezielle Halte- oder Parkzonen, zur Entspannung der Situation beitragen und gibt es diese an den Briloner Schulen ausreichend?
Wie bereits zuvor beschrieben wäre es wünschenswert, wenn die Kinder z.B. an einem nahe gelegenen Parkplatz abgesetzt werden. Es gibt jedoch nicht überall geeignete Stellen im Umkreis einer Schule. Hier muss an jeder Schule individuell geschaut werden, ob es bereits bauliche Gegebenheiten gibt und ob sich diese nutzen lassen.
Was raten Sie Eltern, die besorgt sind, ihre Kinder alleine zur Schule gehen zu lassen?
Mit den Kindern sollte der Schulweg und damit verbunden das richtige Verhalten im Straßenverkehr regelmäßig geübt werden. Die Eltern sollten hierbei Vorbild sein. Auch die Kinder mal entscheiden lassen, wann man die Straße überqueren kann. Stellenweise werden die Kinder an die Hand genommen und „mit gezogen“. Ideal wäre es, wenn sich auf dem Schulweg mehrere Kinder treffen und diese ggfs. durch ein Elternteil begleitet werden (Walking Bus). Durch dieses regelmäßige Training werden die Kinder auf das richtiges Verhalten und die Gefahren im Straßenverkehr vorbereitet. Die Eltern werden erstaunt sein, wie gut und selbstständig die Kinder dies schaffen, wenn man es Ihnen zeigt und zutraut. Durch die Polizei gibt es vom Vorschulalter bis zum Schulabschluss regelmäßige Angebote, um diese Kompetenzen weiter zu stärken.
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