Marsberg/München. Die Stadt verliert 2,5 Millionen Euro nach der Greensill-Pleite. Vor Gericht setzt es die nächste Pleite. Der Bürgermeister gibt sich kämpferisch

Die Stadt Marsberg im Sauerland setzt ihren juristischen Kampf um verlorene Millionen nach der Insolvenz der Greensill Bank konsequent fort. Nachdem die Kommune am 7. August in erster Instanz mit einer Klage gegen den Finanzdienstleister Bannasch München gescheitert war, hat der Stadtrat nun beschlossen, Berufung einzulegen.

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Bürgermeister Thomas Schröder (CDU) äußerte sich im Gespräch mit der Westfalenpost überrascht, weil ein anderes Urteil des Landgerichts München in einem vergleichbaren Fall zugunsten der Kommune Vaterstetten gefällt wurde. Dort hatte das Gericht entschieden, dass ein Finanzdienstleister haftbar gemacht werden könne, weil er seiner Informationspflicht nicht nachgekommen sei. Es wurde argumentiert, dass Finanzdienstleister verpflichtet seien, Finanznachrichten, beispielsweise auf Bloomberg, zu verfolgen. Laut Gericht hätte der Verlust möglicherweise verhindert werden können, wenn diese Informationen rechtzeitig berücksichtigt worden wären. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat vor kurzem eine Berufung des Finanzdienstleisters abgelehnt, wodurch dieser nun zur Zahlung einer Schadenssumme von über einer Million Euro plus fünf Prozent Zinsen verpflichtet ist.

Nicht durch Einlagensicherung abgesichert

Die Kleinstadt Marsberg mit rund 20.000 Einwohnern hatte im Februar 2021 2,5 Millionen Euro bei der Greensill Bank angelegt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verhängte am 3. März 2021 ein Moratorium über die Bank, woraufhin die Stadtverwaltung sofort reagierte und ein Krisentreffen einberief. Besonders hart traf Marsberg das am 16. März 2021 eröffnete Insolvenzverfahren, da kommunale Gelder nicht durch die Einlagensicherung geschützt sind. Die Verwaltungsspitze der Stadt sah damals offenbar keine konkrete Gefahr, dass die Kapitalanlage verloren gehen könnte, wie die Westfalenpost berichtete. „Da kein Risiko gesehen wurde und die Verwaltung gleichzeitig bestrebt ist – wie im Übrigen bei allen anderen städtischen Transaktionen auch – die entstehenden Aufwendungen zu minimieren. Alternativ hätten sich die Steuergelder durch die Negativzinsen ohne Gegenleistung auf dem Bankkonto reduziert“, erklärten Bürgermeister Thomas Schröder und der damalige Kämmerer Antonius Löhr.

Marsbergs Bürgermeister Thomas Schröder.

„Alle Beteiligten waren nach dem Urteil sehr verwundert, weil ja gerade erst das Urteil in Zusammenhang mit der Gemeinde Vaterstetten gefallen ist, welches eine Verantwortlichkeit des Finanzdienstleisters bestätig“

Thomas Schröder (CDU)

Das Fachmagazin „Der neue Kämmerer“ wies jedoch bereits im Jahr 2018 auf mögliche Ausfallrisiken hin und auch die Greensill-Bank selbst schrieb auf ihrer Internetseite , dass Einlagen von Kommunen bei ihnen nicht gesichert seien. Vorwürfe an die Stadtspitze gab es in der Folgezeit insbesondere aus der Opposition. Diese warf der Stadtführung vor, sie nicht ausreichend informiert und übergangen zu haben. Die Politiker fühlten sich in der Frage der politischen Verantwortung benachteiligt und warfen Bürgermeister Schröder vor, die Wahrheit nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit zu bringen. Schröder und Löhr erklärten gegenüber der Westfalenpost, dass das Vorgehen bezüglich der Geldanlage bei Privatbanken am 16. Mai 2019 im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) mit der Politik abgestimmt worden sei. Am 26. November 2020 sei außerdem über eine Geldanlage bei der Greensill-Bank berichtet worden.

Stadt sieht gute Aussichten für Berufungserfolg

Die damaligen Oppositionsführer kritisierten jedoch, dass in der Ratssitzung am 18. März 2021, in der das Greensill-Desaster öffentlich gemacht wurde, Löhr von einer Zustimmung des HFA sprach, obwohl es keinen formalen Beschluss gegeben habe. Die Opposition bemängelte weiter, dass die Information im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung am 16. Mai 2019 unter dem Tagesordnungspunkt „Mitteilung und Anfragen“ stattgefunden habe, ohne dass dies in der Einladung zur Sitzung angekündigt worden sei. Dies habe aus ihrer Sicht dazu geführt, dass sich die Mitglieder des Ausschusses nicht angemessen auf den Punkt vorbereiten konnten.

Die Angelegenheit ist nach dem Urteil des Landgerichts jedoch noch nicht abgeschlossen. „Unser Rechtsanwalt sieht gute Erfolgsaussichten für die Berufung“, betont Bürgermeister Thomas Schröder. Auch ein zweiter Rechtsanwalt, den die Stadt hinzugezogen hat, unterstützt diese Position. „Alle Beteiligten waren nach dem Urteil sehr verwundert, weil ja gerade erst das Urteil in Zusammenhang mit der Gemeinde Vaterstetten gefallen ist, welches eine Verantwortlichkeit des Finanzdienstleisters bestätigt“, erklärt Schröder weiter.

Trotz der Hoffnung auf einen positiven Ausgang des Berufungsverfahrens hat die Stadt Marsberg die verlorenen Gelder bereits abgeschrieben. „Das ist aus buchhalterischer Sicht notwendig“, erläuterte Bürgermeister Schröder im Gespräch mit der Westfalenpost. Sollte die Stadt jedoch mit ihrer Berufung erfolgreich sein, würde der Betrag als Gewinn in den Haushalt einfließen und damit die finanzielle Lage der Kommune deutlich verbessern.