Paderborn/Marsberg. Selbstfahrende Taxis statt Auto und Bus: Auf den Straßen in Marsberg könnte das Realität werden. Marsberg wird Projektpartner der Neuen Mobilität

Autonom fahrende Elektro-Taxis, die per App bestellt werden und den Nutzer zum Zielort seiner Wahl transportieren - das könnte die Zukunft des Personenverkehrs sein, auch in Marsberg. Die Weichen dafür wurden mit einem Ratsbeschluss in der Stadtratssitzung am 29. August gestellt: Marsberg tritt zum 1. Oktober 2024 der Initiative Neue Mobilität Paderborn e.V. (NeMo) als Partnerkommune bei.

Neue Mobilität - auch für Marsberg

Geschäftsführer Jonathan Behm hat die Initiative NeMo in der vorangegangenen Haupt- und Finanzausschusssitzung der Stadt Marsberg am 22. August vorgestellt: ein Netzwerk, das mit Forschung, Entwicklung und verschiedenen Projekten Innovationen in den Bereichen Mobilität, Energie und Digitalisierung voranbringen will. Eines dieser Projekte ist das Projekt NeMo.bil: Hierbei soll ein neues Mobilitätssystem für den ländlichen Raum technologisch entwickelt werden, das ressourcenschonend, kostengünstig und bedarfsorientiert funktioniert. „So, wie der ÖPNV im ländlichen Raum jetzt ist, hat er keine Zukunft“, erklärt Jonathan Behm in seiner Präsentation und ist sich sicher: In Marsberg gibt es viel Potenzial für eine Mobilitätswende. „Die Region hat sehr gute Voraussetzungen, da hier mehr Strom regenerativ erzeugt als verbraucht wird.“

Das Konzept, das hinter dem Projekt NeMo.bil steckt, klingt im ersten Moment jedoch ein wenig wie ein Science-Fiction-Szenario: Autonom gesteuerte, digital vernetzte Elektro-Mobile (Cabs) sollen in der Zukunft Fahrgäste auf Bestellung an ihrem jeweiligen Standort abholen und zu ihren individuellen Zielen bringen. Diese sogenannten Cabs könnten mehrere Personen transportieren, aufgrund ihrer Leichtbauweise jedoch nur Strecken innerorts zurücklegen. Für größere Strecken, wie beispielsweise eine Überlandfahrt, würden daher zusätzliche Zugfahrzeuge (auch Providermodule genannt) eingesetzt: an diese angekoppelt, könnten die kleineren Elektro-Cabs im Konvoi auch weite Strecken zurücklegen und gleichzeitig wieder aufgeladen werden. In der Nähe des Zielorts angekommen, sollen sich die einzelnen Cabs wieder abkoppeln und ihre Fahrten zum individuellen Zielort fortsetzen, wo der Fahrgast aussteigen könne.

Erste Fahrzeug-Prototypen werden bereits gebaut

Von einem solchen System verspricht sich die NeMo-Initiative viele Vorteile: „Weniger Energieverbrauch beim Zurücklegen der Strecken, die Fahrten würden deutlich weniger kosten als bei den aktuellen Verkehrssystemen“, erklärt Jonathan Behm. Weiter sorge die Leichtbauweise der Fahrmodule für einen reduzierten Ressourcenverbrauch bei der Herstellung. Und letztlich würden die Fahrzeuge vollständig mit regenerativer Energie aus der Region betrieben: „Das ist der Weg zu einer nachhaltigen und zukunftsweisenden Mobilität.“

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Die Fahrzeuge für das Projekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird, befinden sich aktuell in der Entwicklung, wie Jonathan Behm verrät. Einen ersten Prototypen habe das Team von NeMo.bil bereits ausprobiert. Der Zeitplan, den das Team verfolgt, ist ehrgeizig: Bereits bis 2026 wolle man erste Pilotfahrzeuge für Teststrecken auf die Straße bringen, Konvoi-Fahrten sollen bis 2030 umgesetzt werden. NeMo-Pressesprecher Matthias Hack erläutert die nächsten Schritte: Zunächst müsse die Industrialisierung des NeMo.bil-Systems vorangetrieben werden. „Hierzu gehört die Fertigstellung der laufenden Entwicklungen sowie die Absolvierung der notwendigen Zulassungsschritte für die Fahrzeuge und Betriebsbereiche. Wir werden das System zunächst auf definierten Strecken pilotieren, um es dann Schritt für Schritt weiter auszurollen.“ 

Marsberg geht einen Schritt Richtung Zukunft

Eine optimale Entwicklung der Prozesse und Rahmenbedingungen vorausgesetzt, solle das System nicht erst in 30 Jahren in den Städten umgesetzt werden, erklärt NeMo-Pressesprecher Matthias Hack: „Wir wollen und müssen hier viel schneller sein.“ Eine mögliche Einführung hänge jedoch von vielen verschiedenen Faktoren ab, die mit den Partnerkommunen und auch anderen Akteuren diskutiert und analysiert werden müssten. Zu den bislang 14 kommunalen Partnern zählen unter anderem der Kreis Paderborn, Lichtenau, Bad Delbrück, Bad Driburg, Büren und Salzkotten. „Diese Liste erweitern wir stetig“, erklärt Matthias Hack.

Ab dem 1. Oktober 2024 wird auch Marsberg als Partnerkommune Teil des NeMo-Netzwerks sein und einen jährlichen Mitgliedschaftsbeitrag von 5000 Euro leisten. „Damit wird Marsberg auch Partner vieler Projekte, die wir gemeinsam gestalten“, betont Matthias Hack. Als Partnerkommune eigne sich die Stadt hervorragend, so der Pressesprecher: „Weil sie zum ländlichen Raum zählt und somit auch die von NeMo adressierten Herausforderungen bewältigen muss.“

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Stadtrat sieht große Chancen für Marsberg

Dass Marsberg durch seinen Beitritt ein Teil dieses Netzwerks werden und einen entscheidenden Schritt in Richtung Zukunft gehen wird, bewog die große Mehrheit der Ratsmitglieder zu einem eindeutigen Entschluss: „Wenn wir heute nicht an morgen denken, dürfen wir uns übermorgen nicht beschweren“, betonte Peter Prümper, der Fraktionsvorsitzende der SPD. „Jetzt ist die Zeit, bei sowas mitzumachen.“ Diese Meinung teilten auch die meisten anderen Fraktionen. Frank Folcz von der CDU-Fraktion sprach von einer einzigartigen Gelegenheit für Marsberg: „Das ist die Chance, hier etwas für die Mobilität zu tun.“