Winterberg. Pflegende ächzen in der Corona-Pandemie unter den Belastungen. Im St. Franziskus-Krankenhaus in Winterberg soll der Beruf verändert werden.
Der 12. Mai ist in diesem Jahr für viele Leute ein ganz normaler Tag wie jeder andere. Für Menschen in Pflegeberufen ist das allerdings nicht so, denn am Tag der Pflegenden geht es um sie. Um ihre Wünsche. Ihre Probleme in dem Berufsfeld. In Rheinland-Pfalz beispielsweise wird die Gelegenheit für Streiks genutzt. Das ist in Winterberg nicht so. Oliver Timpanaro ist Pflegedienstleiter im St. Franziskus Hospitalund wird den Tag nutzen, um den Mitarbeitern für die Arbeit zu danken. Aber da möchte er nicht aufhören, sondern weiter daran arbeiten, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Dafür setzt er unter anderem auf die Hilfe derer, die gerade in der Corona-Pandemie stellenweise schwer unter dem Stress leiden: Die Pflegekräfte.
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„Gerade durch Corona ist die Personaldecke dünn, aber die Leute kommen wieder. Wir haben Zeitarbeiter eingesetzt, um die Ausfälle abzufedern und zu gewährleisten, dass der Arbeitsrhythmus eingehalten werden kann“, sagt er. So müssen die Pflegekräfte nicht noch jedes Wochenende arbeiten. Außerdem sinke die Zufriedenheit, wenn die Personaldecke dünn ist und die eigene Freizeit auf der Strecke bleibt.
Weniger Coronafälle im Krankenhaus Winterberg
Die Krankheitsfälle von Seiten der Patienten sind nicht mehr so zahlreich vertreten wie noch in der ersten und zweiten Welle der Pandemie. Die Impfquote im Krankenhaus sei hoch, aber auch das schützt nicht vollständig vor einer Infektion mit dem Virus. „So bleibt es stressig für die Pflegekräfte, weil immer wieder Personal ausfällt.“ Hinzu kommt die Umstrukturierung im St. Franziskus Krankenhaus, die seit einigen Monaten Einzug hält und auch eine medizinische Neuausrichtung nach der überstandenen Insolvenz zur Folge hat. Auch das würde die Arbeit beeinflussen.
Timpanaro ist froh, dass Ausfälle neben Zeitarbeitern auch mit Pflegekräften aus dem Ausland kompensiert werden können. Das Krankenhaus sei gut aufgestellt in Bezug auf die Anzahl der Pflegenden. Dennoch ist ihm bewusst, dass sich etwas ändern muss, um mehr Leute für das Berufsfeld begeistern zu können. „Es geht darum früh das Interesse zu wecken. Früher ging das mit dem Zivildienst, jetzt ist das eine Herausforderung. In den Schulen muss schon in der achten Klasse der Beruf vorgestellt werden. Boys- und Girls-Days sowie Praktika können zeigen, dass es in dem Job nicht nur Stress gibt, sondern auch schöne Momente.“
Schöne Momente im Pflegeberuf vermitteln
Der Pflegedienstleiter hat den Eindruck, dass gerade letzterer Aspekt oft übersehen wird. Aber sei ein schönes Gefühl, wenn jemand die Orthopädie wieder aufrecht gehend verlassen kann und die Pflegekräfte einen entsprechenden Dank erfahren. „Was für den Schauspieler der Applaus ist, ist ein persönliches Danke für die Pflegekräfte“, sagt Timpanaro.
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Um dieses bekommen zu können, sollen sie möglichst nah am Patienten arbeiten und sich nicht lange mit administrativen Aufgaben beschäftigen müssen. Daher soll der Weg zu einer verbesserten Digitalisierung führen und weg von stundenlangem Berichte schreiben. Pflegefremde Tätigkeiten sollen von anderen übernommen werden. Beispielsweise das Essen reichen. Das hake noch etwas, aber das Ziel ist es weiterhin dort hinzu kommen.
Kein Kampf um Pflegekräfte am St. Franziskus Krankenhaus Winterberg
Timpanaro sieht sich in einer Position in der er handeln und Visionen fördern kann. Er müsse nicht auf die Politik warten und wisse auch gar nicht, wie diese helfen könnte. Die Rahmenbedingungen seien abgesteckt und darin könne sich auch ein kleines Haus wie das St. Franziskus Krankenhaus entfalten. In größeren Krankenhäusern sei das schwierig. Auch wegen der Konkurrenz in den eigenen Städten, wenn wenig neue Pflegekräfte auf den Arbeitsmarkt kommen, aber mehrere Häuser um sie werben.
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Der Plan sieht so aus, dass die Ausrichtung des Pflegedienstes mit den Mitarbeitern besprochen werden soll, um sich zukunftssicher aufzustellen. Der Pflegedienstleiter möchte flache Hierarchien etablieren und auf sogenannte Pflegeexperten setzen. Sie sollen Leitungen ersetzen und mit Fachwissen in unterschiedlichen Bereichen beratend zur Seite stehen, so Wissen weitergeben und die Kollegen anleiten.
Mehr Ausbildungen am Krankenhaus Winterberg
Außerdem sollen Praxisanleiter ausgebildet werden. Diese Ausbildung dauert ein Jahr und soll dafür sorgen, dass mit pädagogischem Hintergrundwissen künftige Azubis auf interessante Weise die Inhalte erklärt bekommen. Fünf Pflegekräfte haben sich bereits für eine solche Fortbildung bereiterklärt.
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Eine weitere Hilfe, um das Berufsfeld in der Region zu stärken ist das Pflegekolleg, das in Planung ist. Das Pflegekolleg soll jungen Menschen eine hochwertige und idealerweise nahe am Wohnort gelegene Ausbildung in dem Berufsbild ermöglichen. Dafür gibt es Kooperationen mit lokalen stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen, die gemeinsam ein Netzwerk bilden sollen, um so einerseits die Auszubildenden und andererseits die Einrichtungen profitieren zu lassen. Das Pflegekolleg soll als zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle für die praktischen und theoretischen Teile der Ausbildung fungieren. Der Vorteil davon ist, dass die Azubis und Kooperationspartner einen festen Ansprechpartner für alle Fragen rund um den generalistischen Ausbildungsgang Pflegefachfrau/-mann haben.
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Die Kooperationspartner können sich unterdessen einen guten Eindruck vom Auszubildenden verschaffen und sich gleichzeitig durch ein attraktives Arbeitsumfeld für eine spätere Anstellung empfehlen. Die Auszubildenden haben die Möglichkeit, in die verschiedenen Bereiche, zum Beispiel die stationäre Altenpflege, die ambulante Pflege oder auch die Tätigkeiten im Krankenhaus kennenzulernen und sich dann mit praktischen Informationen und Erfahrungen für einen praktischen Schwerpunkt entscheiden.