Berlin. An den Weihnachtsfeiertagen ist Zeit für Gefühle, aber oft auch für Ärger in der Beziehung. Das muss nicht sein, sagen Expertinnen.
Weihnachten und Liebe gehören zusammen. Zumindest, wenn es nach den vielen romantischen Komödien geht, die zu dieser Jahreszeit im Fernsehen laufen. Die Kerzen am Weihnachtsbaum funkeln, das Fondue brodelt – und man selbst tut es oft auch. Vor Wut.
Streit mit dem Partner oder der Partnerin ist in der Weihnachtszeit nichts Ungewöhnliches, im Gegenteil: In einer Umfrage der Partneragentur Parship von November 2022 gab fast jeder Dritte der über 1.100 Befragten an, sich in der eigentlich besinnlichen Jahreszeit mit dem Partner zu fetzen. Woran liegt das, und wie lässt sich Zoff an den Festtagen verhindern? Zwei Paartherapeutinnen geben Antworten.
- Brauchtum: Wann, warum und wie feiern Christen eigentlich Weihnachten?
- Dekoration: Weihnachtsbeleuchtung trotz Energiekrise – So sparen Sie dabei Strom
- Gebäck: Darum sollten Sie Plätzchen nicht in Keksdosen lagern
- Messenger: Das sind die schönsten Weihnachtsgrüße für WhatsApp
- Tradition: Weihnachtsmann oder Christkind – Wer bringt die Geschenke?
- Pakete und Briefe: Pakete zu Weihnachten bei Post & Co: Die wichtigsten Termine
Konflikte: Warum geraten Paare ausgerechnet an Weihnachten aneinander?
Weihnachten und die Familienzeit brächten ganz besondere Konfliktherde mit sich, sagt Paartherapeutin Sharon Brehm. „Das beginnt bei Geschenken, dem weihnachtlichen Stress und geht bis zur Frage, wie man die Feiertage miteinander verbringt.“
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Parship-Umfrage. Demnach ist der häufigste Grund: das Verhalten der Familie des Partners oder der Partnerin. Dieses war für 40 Prozent der Männer und für 37 Prozent der Frauen der größte Streitpunkt. Weitere Gründe waren zu wenig Zeit zu zweit, unterschiedliche Vorstellungen von Traditionen und Bräuchen, die Arbeitsteilung bei Weihnachtsvorbereitungen und das Verhalten der eigenen Familie.
Entstehen die Probleme tatsächlich erst zur Weihnachtszeit?
Nicht unbedingt. „Wahrscheinlicher ist es, dass nicht neue Konflikte auftauchen, sondern dass Konflikte sichtbar werden, welche die ganze Zeit schon da sind“, meint Beziehungs- und Paartherapeutin Nele Sehrt aus Hamburg. Über die Feiertage sei man über mehrere Stunden intensiv zusammen und alle hätten bestimmte Erwartungen und Wünsche, die aufeinanderprallen. „Da tauchen natürlich die Probleme besonders auf, die man sowieso vielleicht schon miteinander hat“, so Sehrt.
Wenn sich Paare erlauben könnten, sich qualitative Zeit füreinander zu nehmen, wo sie ihre Nähe spüren können, wo sie beispielsweise miteinander spazieren gehen, dann könne man als Paar auch gefestigter und weniger gestresst in das Familienfest starten.
- Beziehungsratgeber: Alle Artikel zum Thema Liebe & Beziehungen im Überblick
- Warnzeichen?Partner nicht mehr attraktiv? Therapeut verrät überraschende Lösung
- Theorie: Welcher Beziehungsytp sind Sie? Test schafft Klarheit
- Emotionen:Partner zeigt keine Gefühle? Was dahinter steckt
- Tipps:Forscher finden Schlüssel für glückliche Beziehung
Familienbesuche und Planung: Worauf achtgeben?
„Wie Weihnachten aussieht, ist immer abhängig von der Phase, in der das Paar gerade ist: Wenn man ein Kind hat, feiert man vielleicht zum ersten Mal als Familie bei sich zu Hause“, sagt Sehrt. Je nachdem habe das Paar mit unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen. „Es hilft, vorher drüber zu sprechen, wie man das Fest gestalten will.“
Genau das sollte möglichst früh geschehen: „Es macht Druck, die Weihnachtspläne lange aufzuschieben und dann kurz vorher mit dem Partner alles klären zu wollen.“ Je unterschiedlicher die Erwartungen seien, desto weniger werde das funktionieren.
Neben den logistischen Fragen stünden aber auch ganz persönliche Themen dahinter, betont Therapeutin Brehm. „Was ist, wenn einem die Familie des Partners nicht guttut? Dann gilt es zu klären, wie das Paar die Zeit als Team meistert und wie man einander den nötigen Raum gibt, damit sich der Partner auch in der fremden Familie sicher fühlt.“
- Familie: Kontakt zu den Eltern abbrechen – Ein Psychologe erklärt, wann es richtig ist
- Liebesleben: Kein Sex mehr – Wann es ein Alarmsignal für die Beziehung ist
- Gesundheit: Oft hilft bei Schlafstörungen nur noch diese radikale Methode
Weihnachten wie im Film: Wie mit (zu) hohen Erwartungen umgehen?
In romantischen Filmen wie „Tatsächlich Liebe“ läuft an Heiligabend auf einmal alles glatt und alle feiern fröhlich miteinander. „Gerade die Personen, denen Weihnachten wichtig ist, stellen auch höhere Erwartungen an ihren Partner“, erklärt Sharon Brehm. „Umso konkreter die Vorstellungen an den Abend, desto genauer sieht auch das Skript aus, an das sich der Partner halten sollte.“
Um nicht aneinanderzugeraten, rät Therapeutin Nele Sehrt Paaren Folgendes zu bedenken: „Es ist wichtig einzusehen, dass der Partner nicht alles so machen möchte, wie es einem selber gefällt.“ Es könne enorm hilfreich sein, im Vorfeld nicht nur über Organisatorisches zu sprechen, sondern auch auf eine emotionale Kommunikation zu achten. „Das Paar kann sich beispielsweise darüber austauschen, worauf sie sich freuen, was ihnen wichtig ist und wovor sie sich sorgen“, erläutert Sehrt.
- Lesen Sie auch:Beziehung in der Krise: Wann es sich lohnt zu bleiben
- Vorweihnachtszeit:Ursprung und Bedeutung – Alles rund um den Advent
- Adventskranz:Warum zünden wir jeden Advent eine Kerze an?
- Weihnachtspflanze:So pflegen Sie Ihren Weihnachtsstern richtig
- Technik:Schwaches Wlan? Schuld könnte der Weihnachtsbaum sein
Schenken: Wie endet es nicht in Enttäuschung?
„Es gibt Leute, die wünschen sich sehr, dass die Person einen kennt, und da geht es beim Schenken gar nicht so sehr um materielle Sachen“, berichtet Sharon Brehm. Stattdessen wolle man gezeigt bekommen, dass der Partner aufmerksam ist und dass er einen liebt. „Anhand der ‚Liebessprache‘ kann man auch ganz gut erkennen, was der Partner für ein Geschenk braucht“, so Brehm weiter.
Die Idee der „Liebessprachen“ stammt aus dem Buch „Die fünf Sprachen der Liebe“ von Gary Chapman aus dem Jahr 1992. Chapman verfolgt die Idee, dass Menschen Liebe auf verschiedene Arten ausdrücken und empfangen, und er gliedert diese in fünf „Liebessprachen“:
- Worte der Anerkennung: Wer diese Sprache ‚spricht‘, fühlt sich Chapman zufolge besonders geliebt und geschätzt, wenn er oder sie ermutigende Worte empfängt.
- Gemeinsame Zeit: Für Menschen mit dieser Liebessprache sei es wichtig, die Aufmerksamkeit von ihrem Partner zu haben und Dinge zu unternehmen.
- Geschenke: Um Zuneigung und Liebe auszudrücken, würden sich Menschen mit dieser Sprache über Aufmerksamkeiten in Form von Geschenken freuen.
- Dienstleistungen: Menschen mit dieser Liebessprache würden sich geliebt fühlen, wenn ihr Partner Dinge für sie erledigt.
- Körperliche Zuneigung: Die körperliche Berührung sei die Art, wie Menschen mit dieser Liebessprache Liebe erfahren.
- Das könnte Sie auch interessieren:Phänomen „Love Language“ – Was ist Ihre „Sprache der Liebe“?
„Vielleicht geht es dann weniger um etwas Materielles, sondern darum, sich Zeit miteinander zu schenken oder etwas Hilfreiches für die andere Person zu tun“, sagt Brehm. Es könne natürlich zu Konflikten kommen, wenn eine Person viel Wert auf Wertschätzung legt und der anderen Person Geschenke eher egal sind.
Was laut der Paartherapeutin neben der Kommunikation über die Wünsche hilfreich sein kann: Erwartungsmanagement. Man könne sich sagen: „Ich kenne meinen Partner, und der ist nicht so ein großer Geschenkemacher, der zeigt mir aber seine Liebe durch etwas anderes.“
- Geliebte packt aus: So funktioniert meine Affäre mit einem vergebenen Mann
- Toxische Beziehung: Ist mein Partner ein Narzisst? Psychiater nennen Warnsignale
- Intimität: Kein Sex mehr in Beziehung? Ab wann es ein Alarmsignal ist
- Krise nach Geburt:Baby da, Liebe weg? Wenn Paare die Realität einholt
Streit: Was, wenn es doch kriselt?
Wer Konflikte vor Weihnachten nicht geklärt hat, werde sie Sehrt zufolge höchstwahrscheinlich auch nicht an den Feiertagen beseitigen. Sie gibt folgenden Tipp: „Versuchen Sie nicht, an Weihnachten Probleme zu lösen, sondern sich eine realistische, angenehme Zeit zu machen.“ Dazu zähle, sich Rückzugsmöglichkeiten frei zu halten, um hitzigen Themen aus dem Weg gehen zu können.
„Man muss nicht immer alles an den Feiertagen gemeinsam machen“, es könne sich lohnen, sich mit diesem Gedanken auseinanderzusetzen. Im Gespräch mit dem Partner oder der Partnerin gilt: Kompromisse sollte man mitteilen und idealerweise gemeinsam entwickeln.
„Manche Probleme lassen sich natürlich auch nicht im Voraus lösen, man kann ja andere Menschen nicht kontrollieren“, so Sehrt weiter. Man könne also nur gucken, wie man sich dazu positionieren möchte. „Dann erlaube ich es mir, mal alleine spazieren zu gehen oder ein Buch zu lesen“, schlägt Sehrt etwa vor, um Abstand zu gewinnen.