Essen. Der per Haftbefehl gesuchte Manager Göbel ist nicht mehr Chef der Aachener. Wie der Nachfolger versucht, Geldgeber und Mitarbeiter zu beruhigen.

Der seit drei Wochen per Haftbefehl gesuchte und untergetauchte Textilunternehmer Friedrich Göbel hat die Führung der von ihm gegründeten Kette „Aachener“ abgegeben. In einem Schreiben an die Geschäftspartner der Modekette, das unserer Redaktion vorliegt, stellt sich der Sanierungsexperte Oliver Nobel als „frisch bestellter, neuer Alleingeschäftsführer“ der Aachener und ihrer Muttergesellschaft TEH Textilien vor. Und zwar als ein „krisenerfahrener Restrukturierungsexperte“ der Kanzlei Görg, eine der größten ihrer Art in Deutschland.

Seitdem der Dortmunder Unternehmer Göbel untergetaucht ist, sind nicht nur die Beschäftigten der bestehenden acht Modehäuser verunsichert, sondern auch jene der sechs Galeria-Kaufhäuser, die Göbel im Zuge der Insolvenz des Essener Warenhausriesen übernommen hat. An den Standorten in Coburg, Cottbus, Leverkusen, Frankfurt, Nürnberg und Saarbrücken wollte er die Beschäftigten von Galeria übernehmen. Hunderte hätten das Angebot, zur Aachener zu wechseln, angenommen, sagte Göbel im Interview mit unserer Zeitung im August. Die für Oktober geplanten Eröffnungen hat es bisher aber an keinem einzigen Standort gegeben.

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Im Ruhrgebiet wollte Göbel auch Galeria-Filialen in Essen und Dortmund übernehmen, doch die insolvente Warenhauskette entschloss sich in letzter Sekunde, sie weiterzubetreiben. Dafür hat Göbel den bereits in der vorangegangenen Galeria-Insolvenz 2020 geschlossenen Kaufhof am Westenhellweg in Dortmund vom zwischenzeitlichen Nutzer Sinn übernommen und dort in diesem Sommer ein Outlet für Sportmode eröffnet. Aktuell geplant ist neben anderen auch die Eröffnung einer Aachener-Filiale in Velbert.

Aachener-Gründer Göbel sollte im November Haftstrafe antreten

Gegen den umtriebigen Handelsunternehmer laufen mehrere Gerichtsverfahren. In dem, das zum Haftbefehl geführt hat, geht es im Zuge einer Vermögensoffenlegung um Falschangaben zu seinem Gehalt bei der Modekette Sinn, die er bis 2021 geführt an, bis er von seiner Frau entlassen wurde. Laut Amtsgericht Hagen soll er zudem den Verkauf einer Immobilie in Kitzbühel 2018 an seine damalige Frau verschwiegen haben. Göbel hätte in diesem November auch eine sechsmonatige Haftstrafe antreten sollen, weil er ohne Führerschein gefahren ist und damit gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat.

„Ich trage diese Schuld auf meinen Schultern“, räumte Göbel unlängst in einem Brief an die Aachener-Beschäftigten ein und bat sie um Entschuldigung dafür, dass er sein Privatleben nicht in den Griff gekriegt habe. In einem neuen Brief bittet er sie nun, „inständig, Herrn Nobel und dem Team dieselbe Unterstützung zu geben, wie ich sie immer erfahren habe“. Er selbst werde weiterhin Teil des Aachener-Teams sein und die neue Geschäftsführung „nach bestem Wissen und mit allen Kräften unterstützen, wo immer ich kann“, schreibt er in dem Mitarbeiterbrief, aus dem die Textilwirtschaft zitiert.

Sanierer Nobel: Vermieter wollen Aachener weiter unterstützen

Verunsichert von der Flucht des Geschäftsführers waren offenkundig auch die Geldgeber und die Lieferanten der Aachener. Sie zu beruhigen, hat sich Nachfolger Nobel als erstes Ziel gesetzt, wie sein Schreiben an die Geschäftspartner nahelegt. Darin betont der Restrukturierungsexperte, der Wechsel der Geschäftsführung werde „von Vermietern der Modehäuser unterstützt“. Sie hätten „in ersten Gesprächen bereits ihre Bereitschaft zu weitergehender Unterstützung signalisiert“, so Nobel. Dessen Kanzlei „Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten“ hatte der 2021 verstorbene Klaus Hubert Görg gegründet, der das erste Karstadt-Insolvenzverfahren 2009 gemanagt hatte.

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Nobel versichert den Aachener-Geschäftspartnern, er werde „nun unmittelbar Verbindung mit den Lieferanten aufnehmen, um das Sortiment und die Markenvielfalt in den bestehenden und künftigen Filialen weiterhin sicherzustellen“. Er setzt auf das bisherige Management-Team um Susanne Straus, Erich Beyersdorff und Torsten Altenscheidt, will sich aber auch externe Unterstützung holen. Er werde sich „einen eigenen, unabhängigen Überblick über Prozesse, Strukturen und die aktuelle Lage der Modehäuser“ verschaffen, betont Nobel. Das kann und soll wohl auch so verstanden werden, dass nicht mehr der flüchtige Gründer Göbel aus seinem Versteck heraus weiter die Fäden zieht.