Essen. Wegen der Drosselung von Neubau-Projekten werden die Wohnungen auch im Ruhrgebiet knapp. Warum Vivawest-Chef Eichner die Schuld beim Bund sieht.

Bundesweit fehlen 700.000 Wohnungen. Uwe Eichner, Chef des drittgrößten deutschen Immobilienkonzerns Vivawest, warnt vor der Annahme, dass die Not nur in Metropolen wie Köln oder Berlin groß sei. „Auch im Ruhrgebiet gibt es Wohnungsmangel“, sagt er im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“. Der Stopp von Neubau-Projekten, so Eichner, habe vor allem die Bundesregierung zu verantworten, weil sie die Fördermittel massiv gekürzt habe.

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Wegen steigender Bauzinsen, hoher Baukosten und stark eingeschränkter Staatszuschüsse haben Unternehmen jedes dritte Neubauprojekt in NRW auf Eis gelegt. Der Marktführer Vonovia will in diesem Jahr überhaupt kein Bauvorhaben starten. Der Gelsenkirchener Konzern Vivawest geht einen anderen Weg. „Das Stoppen von Bauprojekten ist nicht in der Strategie von Vivawest. Wir denken ja nicht über die nächsten zwei Jahre nach. Wir denken in langfristigen Horizonten von 80 Jahren“, sagt Uwe Eichner. „Auch wir haben Projekte angehalten und Käufe nicht getätigt“, räumt der Vivawest-Chef ein. Die Baukräne im Auftrag der Gelsenkirchener würden sich aber weiter drehen.

650 Millionen Euro für den Neubau – „das ist nichts“

Eichner sagt eine wachsende Knappheit von Wohnungen voraus. „In zwei bis drei Jahren wird das spürbar werden“, prophezeit er. Auch im Ruhrgebiet. „Wir tun immer so, als wäre das nur in Köln, Frankfurt oder Berlin so. Das sind die Hotspots. Der Druck auf den Wohnungsmarkt ist auch hier spürbar.“

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Der Vivawest-Chef erwartet, dass sich die Bundesregierung bewegen werden muss. „13 Milliarden Euro stehen für die Sanierung zur Verfügung, aber nur noch 650 Millionen Euro für den Geschosswohnungsbau für ganz Deutschland. Das ist im Verhältnis zu den 13 Milliarden Euro nichts“, kritisiert er vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der die Förderung von Neubau-Projekten vor einem Jahr wegen der hohen Nachfrage abrupt eingekürzt hatte.

Vivawest muss 60.000 Wohnungen modernisieren

Um bis zum Jahr 2045 die Klimaneutralität zu erreichen, will Vivawest das Tempo bei der energetischen Modernisierung erhöhen. „Wir müssen 60.000 Wohnungen umbauen und investieren pro Jahr eine halbe Milliarde Euro“, kündigt Konzernchef Eichner an. „Mit der Ein-Prozent-Regel kommen wir nicht klar“, sagt er im Hinblick auf das Ziel, bundesweit pro Jahr ein Prozent der bestehenden Wohnhäuser mit neuen Dächern, Heizungen, Fenstern und einer Fassadendämmung auszustatten.

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Vivawest strebe eine Quote von drei Prozent an und stimmt seine Mieterinnen und Mieter auf Baulärm und Entbehrungen ein. „Ich muss im bewohnten Zustand sanieren. Das ist eine echte Belastung, wenn durch die Decken gebohrt wird. Da führt aber kein Weg dran vorbei“, sagt der Manager im Podcast.

„Das ist auch eine finanzielle Belastung“

Die Kaltmieten der rund 120.000 Vivawest-Wohnungen in NRW stiegen im vergangenen Jahr um 18 Cent auf durchschnittlich 6,50 Euro pro Quadratmeter. Nach der Modernisierung sollen die Mietaufschläge aber deutlicher ausfallen. „Die Investitionen werden umgelegt – maximal acht Prozent, sprich zwei Euro pro Quadratmeter. Das ist auch eine finanzielle Belastung“, erklärt Eichner.

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Dem gegenüber stünden aber deutliche Einsparungen bei den Heizkosten. Rund die Hälfte der Vivawest-Wohnungen seien an das Fernwärmenetz angeschlossen. Mit den Versorgern rede man gerade über einen raschen Verzicht auf Kohle. Dekarbonisierte Fernwärme sei „effizienter, als vor jede Wohnung eine Wärmepumpe zu stellen“, so der Unternehmenschef.