Frankfurt. . Nach gut drei Jahren ist die zweite Karriere von Roland Koch vorerst beendet. Der frühere hessische Ministerpräsident tritt vorzeitig als Vorstandschef des Konzerns Bilfinger ab. Schon werden Rufe nach einer Rückkehr in die Politik laut. Auch Horst Seehofer hat eine klare Meinung.

Es war ein ungewöhnlicher Seitenwechsel: Der langjährige hessische Ministerpräsident Roland Koch trat als Spitzenpolitiker zurück – und übernahm kurz darauf die Führung des Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger. Doch nach gut drei Jahren ist die zweite Karriere von Roland Koch vorerst beendet. Er räumt vorzeitig seinen Posten als Vorstandschef.

Innerhalb weniger Wochen hatte Koch zwei Mal die Gewinnziele des Konzerns korrigieren müssen – und danach auch persönlich Konsequenzen gezogen. „Herr Koch hat die politische Verantwortung übernommen“, sagte Bilfinger-Aufsichtsratschef Bernhard Walter.

Selbst gesteckte Ziele nicht erreicht

Verantwortung in Politik und Wirtschaft – das war ohnehin ein großes Thema für Koch. „In der Wirtschaft wird häufig unterschätzt, welche Management-Verantwortung Regierungsmitglieder tragen“, sagte er einmal dieser Zeitung.

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„Unternehmer wiederum müssen ähnlich wie Politiker die Fähigkeit haben, Menschen zusammenzubringen, Entscheidungen herbeizuführen und für deren Umsetzung zu sorgen.“ Doch bei Bilfinger konnte Koch diese Einigkeit nicht mehr erzeugen. Er räumte ein, „dass wesentliche Teile des Aufsichtsrats und ich bei der Beurteilung der unmittelbaren nächsten notwendigen Maßnahmen nicht ausreichend übereinstimmen“.

Am Ende war es wohl auch sein eigener Ehrgeiz, an dem Koch scheiterte. Die selbst gesteckten Ziele konnte er nicht erreichen. Zwei „Gewinnwarnungen“ in rascher Folge – das hat unlängst auch Siemens-Chef Peter Löscher den Job gekostet. Zunächst hatte Bilfinger Ende Juni die Gewinnziele korrigiert, am Montag folgte die nächste Warnung für die Investoren – Bilfinger bekannte, einen wichtigen Kraftwerksauftrag aus Südafrika nicht erhalten zu haben. Aufsichtsratschef Walter erklärte, er habe Koch am Wochenende zum Rücktritt geraten. Denn das Vertrauen sei erschüttert worden.

Volle Bezüge bis zum Ende der Vertragslaufzeit

Für den Rest seiner eigentlichen Vertragslaufzeit bis zum 29. Februar 2016 werde Koch allerdings seine vollen Bezüge erhalten. Im vergangenen Jahr hatte er als Bilfinger-Vorstandschef insgesamt 2,35 Millionen Euro erhalten, seine Abfindung dürfte sich damit auf etwa 3,75 Millionen Euro belaufen. „Die Strategie hat gestimmt – und sie stimmt weiter“, betonte Walter. Das Geschäftsmodell von Bilfinger sei tragfähig. Auch der Umbau des Unternehmens zum Bau- und Servicekonzern verbunden mit der Streichung von rund 1250 Arbeitsplätzen werde umgesetzt.

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Der geplante Generationswechsel bei Bilfinger ist zunächst einmal gescheitert: Nachfolger des 56-jährigen Koch wird sein Vorgänger Herbert Bodner. Der 66-jährige Österreicher wechselt vom Aufsichtsrat zurück in den Vorstand – als Mann des Übergangs. Möglichst schnell will Chefaufseher Walter intern und extern nach einem neuen Vorstandsvorsitzenden suchen.

Lockrufe aus der Politik

Zuletzt war der Druck auf Roland Koch gewachsen. Zum Eigentümerkreis von Bilfinger zählt unter anderem der Finanzinvestor Cevian, der auch beim Essener Stahl- und Technologiekonzern Thyssen-Krupp aktiv ist – und als ehrgeiziger Anteilseigner gilt. Der geplante Stellenabbau bei Bilfinger rief außerdem die Gewerkschaften auf den Plan.

Koch hatte Kosten gekappt, Stellen gestrichen und die Verwaltung verschlankt. Der Baukonzern Bilfinger sollte mehr und mehr zu einem Dienstleistungsbetrieb werden – für Industrieanlagen, Kraftwerke und Immobilien. Ungewöhnlich scharf hatte IG BAU-Vize Dietmar Schäfers kürzlich den Bilfinger-Chef angegriffen. Koch betreibe Unternehmensführung „wie von gestern“.

Tatsächlich gehört das Kapitel Bilfinger für Koch bald der Vergangenheit an. Schon gibt es Unions-Politiker, die den einstigen CDU-Hoffnungsträger zu einem erneuten Seitenwechsel bewegen wollen – zurück ins politische Geschäft. „Ich wünsche es mir, für die Union und für ihn“, ließ sich CSU-Chef Horst Seehofer zitieren. Und der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach kommentierte eine mögliche Rückkehr von Roland Koch mit den Worten: „Das ist ganz allein seine Entscheidung.“