Berlin. . Spätestens seit der der ADAC-Affäre stehen viele Verbraucher den Qualitätsproben kritisch gegenüber. Die einzige unabhängige Einrichtung bleibt die Stiftung Warentest. Auf Anzeigen aus der Wirtschaft verzichtet sie. Dafür sind die Hersteller der geprüften Waren und Dienste an anderer Stelle mit dabei.

Wenn eine größere Anschaffung ansteht, schauen sich viele Verbraucher in Deutschland erst einmal Testberichte über den Fernseher, das Auto oder das neueste Smartphone-Modell an. Lange Zeit war dies eine Domäne der vor 50 Jahren gegründeten Stiftung Warentest. Das hat sich mittlerweile geändert. Verglichen wird so ziemlich alles. Die Krankenkassen benoten die Leistungen von Pflegeheimen, der Verkehrsclub Deutschland (VCD) geht auf die Suche nach den umweltfreundlichsten Autos. Es gibt Ranglisten für die besten Hochschulen, Ärzte und lebenswertesten Städte.

Doch immer wieder taucht die Frage nach der Verlässlichkeit der Ergebnisse auf. Erst geriet die Stiftung Warentest in die Kritik, weil sie eine Schokolade nur aufgrund einer möglicherweise falschen Zutatenangabe als mangelhaft abqualifizierte. Aktuell steht der ADAC im Kreuzfeuer. Der Autoclub ist einer der größten Testeinrichtungen des Landes. Raststätten, Kreuzfahrten oder auch Badeseen gehören zu den Themen, zusammen mit der Stiftung nimmt der Club Reifen und Kindersitze unter die Lupe.

Nur die Stiftung Warentest ist unabhängig

Beim ADAC besteht nun auch der Verdacht, dass nicht nur beim Preis „Gelber Engel“ manipuliert wurde, sondern womöglich auch bei den Tests. So fühlen sich die Autohöfe bei der Raststättenbewertung tendenziell gegenüber dem anderen Großbetreiber Tank & Rast benachteiligt. Der Verdacht wird durch die geschäftliche Verbindung der beiden genährt. Wie unabhängig wird in Deutschland getestet, was das Zeug hält?

Das Ergebnis ist ernüchternd. Die einzige unabhängige Einrichtung bleibt die Stiftung Warentest. Sie lebt vor allem vom Verkauf ihrer Zeitschriften und Bücher und aus den Erträgen eines vom Staat spendierten Stiftungskapitals. Auf Anzeigen aus der Wirtschaft verzichtet sie, um jeden Anschein von Beeinflussungsmöglichkeiten zu vermeiden.

Dafür sind die Hersteller der geprüften Waren und Dienste an anderer Stelle mit dabei. Vor einem Test wird dessen Methode mit der Industrie diskutiert. Das soll Streit über die spätere Bewertung verhindern, was meist auch gelingt. „Wir tragen die Stiftung Warentest mit“, so eine Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Industrie.

Im Gegensatz zu den Anfangszeiten der Produktvergleichstests haben viele Unternehmen heute deren Wert erkannt. „Speziell in Deutschland hat die Testkultur einen hohen Stellenwert“, sagt Roland Stehle, Sprecher der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik (GfU).

Der Verband zollt dem dritten großen Anbieter von Vergleichstests, den Medien, Respekt. Die Fachzeitschriften seien technisch oft so ausgestattet wie die Entwicklungslabore der Industrie. „Man geht davon aus, dass die einzelnen Medien sich neutral verhalten“, bescheinigte Stehle den Journalisten eine saubere Testarbeit. Wie gut diese Neutralität tatsächlich gewahrt wird, bleibt jedoch oft im Dunkeln. Eine unabhängige Kontrolle des selbst gewählten Standards gibt es kaum einmal.

Lob für die Medien als Tester

Für die Qualität der Arbeit von Fachleuten in der Unterhaltungselektronik spricht auch das mitunter enge Verhältnis zu den Herstellern. Die Entwickler der Industrie suchen schon mal den Rat der Testjournalisten, um mögliche Kritikpunkte schon in der Entwicklungsphase zu berücksichtigen und die Produkte verbrauchergerechter zu konzipieren.

„Die Abhängigkeit der Zeitschriften von Anzeigen lässt sich nicht wegdiskutieren“, stellt Stiftungs-Sprecherin Heike van Laak dennoch fest. Doch wie können Verbraucher zwischen seriösen und zweifelhaften Vergleichen unterscheiden? „Das einzig wichtige ist, wer den Test bezahlt“, sagt van Laak. Ein Indiz ist zudem die Transparenz der Bewertungsmethode. Von einem gesetzlich festgelegten Standard für Produktvergleiche halten Fachleute nichts. Diese Idee hat der neue Verbraucherminister Heiko Maas ins Spiel gebracht.

Zu unterschiedlich sind die Ziele der einzelnen Prüfeinrichtungen. So bewertet die Zeitschrift Ökotest zum Beispiel die Inhaltsstoffe von Kosmetika, nicht aber ihre Wirkung. Die Stiftung Warentest schaut den Testpersonen hingegen lange auf die Haut und kontrolliert Veränderungen. Das kann bei der Bewertung desselben Produktes völlig unterschiedliche Ergebnisse zeitigen.

Noch unübersichtlicher wird dieser „Markt“ mit Blick auf andere Akteure. Längst haben auch politische Organisationen den Test für die Beförderung ihrer Anliegen entdeckt. So lässt Greenpeace Kleidung auf Giftstoffe untersuchen, Foodwatch Lebensmittel analysieren. Für den Durchschnittsverbraucher ist der Unterschied zu anderen Produkttests schwer erkennbar. Doch meist ist die Auswahl der geprüften Waren sehr begrenzt und es werden nur wenige Kriterien berücksichtigt. Das bedeutet zwar nicht, dass die Ergebnisse unseriös sind, doch dienen sie vorrangig dazu, das hinter der Organisation liegende politische Anliegen zu transportieren.