Essen. . Der ADAC hat eingestanden, Abstimmungszahlen bei der Wahl zum “Lieblingsauto der Deutschen“ manipuliert zu haben. Ein Skandal, der die Grundfesten von Deutschlands größtem Automobilclub erschüttert, sagt ein Experte. Bundesverkehrsminister Dobrindt rät dem Club zu “mehr Bescheidenheit“.
Nach der Manipulation von Abstimmungszahlen bei der Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“ gerät Europas größter Automobilclub in Erklärungsnot. Wegen seiner undurchsichtigen Strukturen steht der ADAC schon länger unter Beschuss.
Was verbirgt sich hinter dem Konzern ADAC?
Der Automobilclub wirbt stets mit seinen fast 19 Millionen Mitgliedern für sich. „Die Autofahrer sind in erster Linie dabei, weil sie die Pannenhilfe der Gelben Engel in Anspruch nehmen wollen“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte der Universität Duisburg-Essen. Mehr als vier Millionen Mal halfen die Gelben Engel allein im vergangenen Jahr. Äußerst kritisch sieht er indes das zweite Gesicht, die „Wirtschaftsmacht ADAC“, wie er es ausdrückt.
Warum ist der ADAC als Lobby-Verband umstritten?
Über Finanzmittel und Politik entscheidet das Präsidium, das alle vier Jahre von der Hauptversammlung gewählt wird. Unterstützt wird das Präsidium vom Verwaltungsrat aus Vertretern der Landesverbände.
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In beiden Spitzengremien sitzen ausschließlich ältere Herren, aber keine Frau. Autoexperte Dudenhöffer bemängelt, dass das Präsidium „selbstherrlich und ohne demokratische Kontrolle“ schalten und walten könne. Dem ADAC fehlten Grundsätze der Unternehmensführung, die etwa Korruption ausschließen sollen.
Womit verdient der ADAC Geld?
Mehr als 900 Millionen Euro brachten allein die Mitgliedsbeiträge im vergangenen Jahr ein. Bei den Ausgaben rangieren die Gelben Engel mit einem Anteil von gut einem Drittel vorne. 25 Millionen Euro blieben nach Abzug aller Kosten für die Rücklagen übrig. Der zweitgrößte Automobilclub der Welt ist aber auch Konzern. Er verkauft Versicherungen und organisiert Reisen, vermietet Autos und bietet Kreditkarten an. Das ist nur eine Auswahl der Geschäftstätigkeit, die 2012 allein 85 Millionen Euro Gewinn abwarf. Der Umsatz betrug zuletzt mehr als eine Milliarde Euro. Auch als Arbeitgeber ist der Club gewichtig: 8500 Beschäftigte zählt der ADAC derzeit.
Wie konnte es zur Manipulation der Wahl des Lieblingsautos kommen?
Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte am Dienstag vergangener Woche als erstes Blatt über Mauscheleien beim Preis „Gelber Engel“ berichtet. Nach ihren Informationen soll es nur 3409 Stimmen für das Siegerauto VW Golf gegeben haben, ein ADAC-Papier vom Dezember 2013 habe dagegen als offizielles Ergebnis 34 299 Stimmen genannt.
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ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair hatte am vergangenen Donnerstag bei der offiziellen Feier zur Auszeichnung des VW Golf mit dem „Gelben Engel“ vor Gästen noch von „Unterstellungen und Unwahrheiten“ gesprochen. Er hatte gespottet, immerhin seien die vier Buchstaben des ADAC richtig abgedruckt worden. Im übrigen sei nichts älter als die Tageszeitung von gestern: „Mit der packt man den Fisch ein.“
Warum brauchte der ADAC mehrere Tage, um mit der Wahrheit herauszurücken?
„Der ADAC gibt nur zu, was er zugeben muss“, sagt Auto-Professor Dudenhöffer. Denn erst am Freitag packte Michael Ramstetter vor der Führungsriege aus. Der 60-jährige ADAC-Kommunikationschef und Chefredakteur der Mitgliederzeitschrift „Motorwelt“ räumte ein, gefälschte Zahlen veröffentlicht zu haben. Er trat zurück. Aber erst nachdem die „Bild am Sonntag“ gestern über das „Geständnis“ berichtet hatte, verbreitete der ADAC am Sonntagvormittag eine Erklärung. Darin ist von einem „persönlichen Fehler“ Ramstetters die Rede und von der Absicht, die Affäre aufzuklären.
Welche Konsequenzen drohen dem ADAC?
Autoexperte Dudenhöffer rechnet nicht damit, dass dem Club nun scharenweise die Mitglieder weglaufen. „Sie wollen weiterhin den Pannendienst nutzen können.“
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Nach Ansicht von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) muss der ADAC jetzt verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Die Vorgänge zeigten, dass „großen Verbänden manchmal etwas mehr Bescheidenheit im Auftreten gut täte“, sagte der Minister, der sich um die Einführung einer Maut für Ausländer einen heftigen Streit mit dem ADAC liefert.