München/Berlin. . Der größte deutsche Automobilclub ist nicht nur Helfer in der Not. Neben den direkten Serviceleistungen – vom Schutzbrief über die Luftrettungsstaffel bis hin zum Fahrsicherheitstraining – macht der ADAC auch Lobbyarbeit. Und er ist ein Konzern mit einem Umsatz von gut einer Milliarde Euro.

Mit fast 19 Millionen Mitgliedern ist der ADAC Deutschlands größter Verein. Wenn das Auto streikt, rufen jedes Jahr Millionen Menschen schnell den ADAC an. Die sogenannten Gelben Engel kommen dann, um leere Batterien aufzuladen oder kaputte Reifen zu flicken. Für Mitglieder des ADAC ist der Service kostenlos. Da überlegt sich mancher Autofahrer, ob er in der Notlage nicht schnell noch die Aufnahme beantragt.

Doch der größte deutsche Automobilclub ist nicht nur Helfer in der Not. Neben den direkten Serviceleistungen – vom Schutzbrief über die Luftrettungsstaffel bis hin zum Fahrsicherheitstraining – macht der ADAC auch Lobbyarbeit. Sein Wort hat in der Politik Gewicht, etwa wenn es um Benzin-Preise oder Tempolimits geht.

Auch mit den Autokonzernen pflegt der ADAC ein gutes Verhältnis. Das zeigt die alljährliche Verleihung des Preises Gelber Engel, bei der das „Lieblingsauto der Deutschen“ gekürt wird. Doch kurz zuvor war diesmal der Vorwurf aufgetaucht, der ADAC habe die Zahlen zur Wahl manipuliert, bei der die Leser des hauseigenen Magazins „Motorwelt“ abstimmen konnten. Der Verein wies die Vorwürfe in aller Schärfe zurück – die Preisverleihung wurde am Donnerstag in München groß gefeiert.

Der ADAC testet Straßentunnel, Autos, Winterreifen und vieles mehr

Mögliche Manipulationen und der ADAC – wie soll das zusammenpassen? Der Club testet Straßentunnel, Autos, Winterreifen und vieles mehr. Für viele Eltern ist das schwarz-gelbe Prüfsiegel auf Kindersitzen eines der wichtigsten Kriterien für die Kaufentscheidung. „Die Marke ADAC hat eine ganz hohe soziale Glaubwürdigkeit. Die kommt dadurch zustande, dass Ihnen auch nachts um vier ein ADAC-Mitarbeiter hilft, wenn Sie ein Problem haben“, sagt Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen.

Die „Süddeutsche Zeitung“ allerdings zitierte aus einem wenige Wochen alten ADAC-Papier, nach dem das aktuelle Siegerauto, der VW Golf, 34 299 Stimmen auf sich vereinen konnte. Den Recherchen der Journalisten zufolge soll das neue Lieblingsauto aber nur 3409 Stimmen bekommen haben. In München sprach ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair vor den geladenen Gästen von „Unterstellungen und Unwahrheiten“.

Wirbel um die Wahl zum „Lieblingsauto“ der Deutschen

Bei der Wahl zum Lieblingsauto konnten sich Mitglieder online oder per Coupon für eines von 249 Fahrzeugen entscheiden. Wie viele Leser sich tatsächlich an der Abstimmung beteiligt hatten, teilte der ADAC auch anlässlich der Preisverleihung nicht mit. Er könne versichern, dass das Ergebnis ein „hochrepräsentatives Abbild der Meinungen unserer Mitglieder“ darstellt, sagte Obermair auf Nachfrage der Moderatorin Nina Ruge.

Auch interessant

VW-Chef Martin Winterkorn, der den Preis für das Lieblingsauto entgegennahm, wollte sich nicht zu den Manipulationsvorwürfen äußern. „Ich glaube nicht, dass hier der Eindruck entstanden ist, dass hier ein Klüngel vorhanden ist“, sagte er lediglich.

Der ADAC ist nicht nur eine mächtige, sondern auch eine finanzstarke Organisation. Mehr als 900 Millionen Euro brachten dem Verein allein die Mitgliedsbeiträge im Jahr 2012 ein. Bei den Ausgaben rangieren die Gelben Engel mit einem Anteil von gut einem Dritteln vorne. 25 Millionen blieben nach Abzug aller Kosten für die Rücklagen übrig.

Versicherungen, Reisen, Kreditkarten – der ADAC ist längst ein Konzern

Längst ist der zweitgrößte Automobilclub der Welt ein Konzern mit einem Umsatz von gut einer Milliarde Euro. Der ADAC verkauft Versicherungen und organisiert Reisen, vermietet Autos und bietet Kreditkarten an. Das ist nur eine Auswahl der Geschäfte, die allein im Jahr 2012 rund 85 Millionen Euro Gewinn abwarfen. Kürzlich startete der Club den Versuch, die Formel-1-Strecke Nürburgring zu übernehmen und zu betreiben – allerdings erfolglos.

Auch als Arbeitgeber ist der Club gewichtig. Etwa 8500 Beschäftigte zählt der ADAC derzeit. Neuerdings sind die Münchner auch als Transporteure selbst auf den Straßen unterwegs. Gemeinsam mit der Deutschen Post bedient der ADAC Fernbuslinien.

Die Preisverleihung in der Münchner Residenz bietet den großen Autokonzernen stets eine gute Gelegenheit, sich in festlichem Rahmen zu präsentieren. Ferdinand Dudenhöffer findet diese Nähe zu den Großen der Autobranche bedenklich. Bei wichtigen politischen Themen verweise der Club gerne auf seine hohe Mitgliederzahl. Dudenhöffer nennt das „geborgte Macht“ und gibt zu bedenken: „Die 19 Millionen Mitglieder sind nur dabei, weil sie einen Beitrag bezahlen, um den Abschleppdienst zu haben.“ Er wünscht sich eine klare Trennung – hier die Hilfesuchenden, dort Wirtschaftsinteressen.