Berlin. . Ärgernis der Woche: Leserin Caroline Langwagen pocht nach einem verspäteten Flug auf ihre Passagierrechte, doch die Fluggesellschaft lässt sich mit der Entschädigung Zeit. Ein Fall für die neue Schlichtungsstelle. Wie Sie als Flugpassagier zu Ihrem Recht kommen.

Nach dem Rückflug von Kopenhagen nach Düsseldorf wollte Caroline Langwagen eigentlich am frühen Abend zu Hause sein. Doch die Fluggesellschaft Air Berlin annullierte den Flug kurzerhand und bot einen Heimflug über Berlin an. Erst kurz vor Mitternacht landete Langwagen mit ihrem Freund in Düsseldorf. Das war im Juli 2013.

Aufgrund der großen Verspätung hat die Leserin aus Mülheim ein Anrecht auf eine Entschädigung. 250 Euro sieht die entsprechende EU-Verordnung in diesem Falle vor. Diese Summe wollte sie von Air Berlin dann auch bekommen und schrieb das Unternehmen an.

Erst Ende September kam die Antwort und ein Angebot. Die Fluggesellschaft bot einen Fluggutschein über 120 Euro, die Gutschrift von 10.000 Prämienmeilen sowie eine Barzahlung von 75 Euro an.

„Das habe ich abgelehnt, weil mir die Ausgleichszahlung zusteht“, sagt sie. Seither hat sie von Air Berlin nichts mehr gehört. Auf Anfrage dieser Zeitung erklärte das Unternehmen, man wolle den Fall prüfen. Doch trotz Nachfrage stand eine Antwort bis Redaktionsschluss aus.

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Gutscheine würden häufiger angeboten und von vielen Passagieren auch gerne als Entschädigung angenommen, weiß Heinz Klewe, der Chef der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), die seit November auch beim Streit zwischen Fluggästen und Airlines moderieren darf.

Denn deren Gegenwert ist oft attraktiver als der Barausgleich. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, wie in unserem Beispiel, dürfen sich die Fluggesellschaften nicht vor der Zahlung drücken. „Wenn der Reisende eine ihm zustehende Entschädigung als Geldbetrag haben will, darf man ihm dies nicht verweigern“, stellt Klewe klar.

In Berlin sind schon 700 Beschwerden eingegangen

Mit dem Ärger über einen stornierten Flug steht Caroline Langwagen nicht alleine da. Immer wieder spielen die Airlines bei der Regulierung von Ausgleichsansprüchen auf Zeit. Am Ende müssen sie dann häufig doch zahlen, sofern der geschädigte Kunde nicht längst aufgegeben hat. Seit November können sich Passagiere bei solchem Ärger aber auch an die Schlichtungsstelle wenden. „Bislang sind knapp 700 Schlichtungsanträge eingegangen“, berichtet Klewe.

In gut zwei Dritteln der Beschwerden geht es um Verspätungen oder gestrichene Verbindungen. 15 Prozent der Eingaben gibt es, weil Gepäck verschwunden ist oder beschädigt wurde. Der Vorschlag der Schlichter wird von den Fluggesellschaften auch oft angenommen.

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„Es läuft gut an“, freut sich der SÖP-Chef. Zudem werden immer mehr Airlines auch Mitglied der Schlichtungsstelle. Die großen deutschen Fluggesellschaften sind mit im Boot. Mit Ryanair und Easyjet sind auch die wichtigsten Billiglinien dabei. Insgesamt sind 30 nationale und internationale Unternehmen Mitglied der SÖP.

Verbraucherschützer raten Betroffenen, hartnäckig zu bleiben

Angesichts der kurzen Zeit seit Eröffnung ist die Zahl der Beschwerden beachtlich. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Jahr wendeten sich 3000 Bahnkunden an den Ombudsmann. Schätzungen gehen von bis zu 30.000 Beschwerden von Fluggästen im Jahr aus.

Noch lohnt es sich für die Verbraucher, hartnäckig am Ball zu bleiben und auf ihre Rechte zu pochen. Denn die gesetzlich festgelegten Entschädigungssummen sind beträchtlich. Die Summen richten sich nach der Flugdistanz. Bei Flügen innerhalb der EU stehen dem Kunden bei einer Annullierung oder einer mehr als dreistündigen Verspätung 250 Euro zu, wenn Start und Ziel bis zu 1500 Kilometer weit auseinander liegen.

Bei größeren Entfernungen sind es 400 Euro. Geht es aus der EU an ein Ziel außerhalb der Gemeinschaft, sieht die EU bei Langstrecken von mehr als 3500 Kilometern sogar 600 Euro Entschädigung vor.

Auch wenn das Reisegepäck beschädigt wird oder gar verloren geht, haben die Kunden Entschädigungsansprüche, sofern die Airline dafür verantwortlich ist. Bis zu 1220 Euro sieht die Verordnung dafür vor. Der Anspruch muss jedoch innerhalb von sieben Tagen oder – bei einer verspäteten Lieferung des Gepäcks – innerhalb von drei Wochen angemeldet werden.

Mit den vergleichsweise großzügigen Ansprüchen der Flugpassagiere wird es wohl bald vorbei sein. Denn die EU-Kommission will die Regeln zu Ungunsten der Verbraucher und zugunsten der Fluggesellschaften verändern.

Kernpunkt ist eine drastische Erweiterung der Verspätungsdauer, ab der eine Entschädigung fällig wird. Aus bislang drei Stunden sollen neun Stunden werden. Auf ganz langen Strecken wird es erst nach zwölf Stunden einen Ausgleich geben. Noch wird dieser massive Rückschritt bei den Verbraucherrechten vom EU-Parlament beraten.