Essen. . Der Stromriese RWE lässt Lieferverträge mit dem Kraftwerksbetreiber Steag auslaufen. Die Steag verliert damit einen wichtigen Auftraggeber, was die Lage nicht leichter macht für den Konzern, der unter den Auswirkungen der Energiewende leidet. Das könnte Folgen haben für Standorte im Ruhrgebiet.

In einer Liste des Stromkonzerns RWE sind die Planungen noch mit dem Stichwort „vertraulich“ versehen. Im Zusammenhang mit der Stilllegung von Kraftwerken ist auch von „Vertragsbeendigungen“ die Rede. Es geht um das Volumen von 1170 Megawatt, was einer Leistung von mehreren Kraftwerksblöcken entspricht. Bei dem betroffenen Auftragnehmer, das hat sich in der Branche herumgesprochen, handelt es sich um den Essener Kraftwerksbetreiber Steag. Bis Ende 2014 sollen die Verträge für Strom aus Steinkohlekraftwerken auslaufen.

In Kreisen von RWE heißt es, auch weitere Lieferverträge werden wohl nicht verlängert. Bereits Ende 2012 hatte RWE Bezugsverträge mit der Steag im Volumen von 1600 Megawatt auslaufen lassen. Von einer „rein rationalen Entscheidung“ ist im Umfeld von RWE zu hören. „Wenn wir Geld damit verdienen könnten, würden wir die Verträge verlängern.“ Doch an den Energiebörsen verdränge zunehmend Strom aus Wind und Sonne das Angebot aus Kohlekraftwerken. Die Preise an den Börsen sind gefallen, auch wenn davon bei den meisten Verbrauchern nichts ankommt.

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Dass sich RWE nun Stück für Stück von der Steag trennt, setzt den Essener Kraftwerkskonzern unter Druck. Brisanz bekommt der Vorgang auch durch die tiefe Verwurzelung beider Konzerne im Ruhrgebiet. Kommunale Aktionäre halten rund ein Viertel der RWE-Aktien. Bei der Steag hatten Stadtwerke aus Bochum, Dortmund, Duisburg, Dinslaken, Essen und Oberhausen sogar die Mehrheit übernommen.

Kraftwerke in Bergkamen, Duisburg-Walsum, Lünen, Herne und Voerde

Wie sich das Ende der Lieferverträge auf die Steag-Standorte auswirkt, ist noch unklar. Der Konzern betreibt Kraftwerke in Bergkamen, Duisburg-Walsum, Lünen, Herne und Voerde. Zur Einordnung: Nach Angaben der Steag lag die installierte Leistung in Herne zuletzt bei 960 Megawatt. 500 Megawatt waren es in Lünen. Den Steag-Strom, den RWE nicht mehr über langfristige Verträge bezieht, muss der Kraftwerkskonzern selbst am Markt platzieren. Die Alternative wäre die Stilllegung von Anlagen. Pikant: In Voerde ist auch RWE mit 25 Prozent an dem Kraftwerk beteiligt, das die Steag betreibt.

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Schon seit Jahren sei die Steag nicht mehr allein „Lohnverstromer“ von RWE, sondern vermarkte die produzierten Strommengen mit verschiedenen Partnern, betonte ein Sprecher des Kraftwerkskonzerns.

Stadtwerke waren groß bei der Steag eingestiegen

RWE und Steag verbindet eine lange Geschichte, die bis zum sogenannten „Jahrhundertvertrag“ zurückreicht. 1977 vereinbarten Vertreter des Bergbaus und der Energiewirtschaft, verstärkt deutsche Steinkohle zu verstromen und neue Kraftwerke zu bauen. Grundlage dafür war ein Gesetz, das den Verbrauchern den Kohlepfennig bescherte. RWE schloss daraufhin langfristige Bezugsverträge und errichtete neue Kraftwerke – auch mit der Steag.

Die enge Verbindung wird nun zunehmend aufgelöst. Die Steag verliert einen wichtigen Auftraggeber, was die Lage nicht leichter macht für den Konzern, der unter den Folgen der Energiewende leidet. Bald soll klar sein, wer bei der Steag den 49-Prozent-Anteil übernimmt, den derzeit noch der Evonik-Konzern hält. Womöglich springen die Stadtwerke ein, denn die Suche nach Investoren gestaltet sich schwierig. Schon der erste Deal in Sachen Steag war umstritten: 650 Millionen Euro hatten die Stadtwerke aus den finanzschwachen Ruhrgebietsstädten für ihr Steag-Anteilspaket bezahlt.