Gelsenkirchen. . Wann kommt die Maut für Autobahnen - und wie? Für Verkehrsminister Peter Ramsauer ist die Straßengebühr nur eine Frage der Zeit. Seine Idee: Ausländische Fahrer sollen die Maut zahlen, deutschen soll das Geld mit der Kfz-Steuer verrechnet werden. Straßen.NRW testet 2014 die Autobahnen.

2014 ist Examenszeit für Fernstraßen: Dann will der Landesbetrieb Straßen.NRW wieder den Zustand aller NRW-Autobahnen überprüfen, ein Jahr später auch den der Bundesstraßen. Spezialfahrzeuge mit eigenartigen Vorbauten rollen dafür über die Pisten und testen Griffigkeit und Belag. Noten gibt es alle vier Jahre von 1 bis 5 – sehr gut bis sehr schlecht.

Beim letzten Test 2010 wurden zehn Prozent der 2200 Kilometer Autobahnstrecke als „schlecht“ eingestuft, weitere sechs Prozent als „sehr schlecht“. Nicht nur die zeitweise Not-Sperrung der Leverkusener A1-Rheinbrücke für Lkw deutet darauf hin, dass die Zensuren jetzt miserabler ausfallen. 800 Staus am Tag bundesweit mit einer Länge von 500 000 Kilometern im Jahr sind das Signal, dass das Verkehrsnetz auch außerhalb von NRW ein Problem hat.

Das Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht davon aus, dass ein Fünftel der Autobahnen und 40 Prozent der Brücken in kritischem Zustand sind. Nach Zahlen des Verkehrsministeriums in Berlin muss der Bund ab 2019 jährlich 3,7 Milliarden Euro in den Substanzerhalt stecken. Heute? Sind es weniger als 2,5 Milliarden.

Künftig 70 Prozent der Mittel für die Instandhaltung der Straßen

Minister Peter Ramsauer (CSU) rutscht das Geld für Sanierungen durch die Finger. 900 Millionen Euro, jeder fünfte Euro des gesamten Fernstraßen-Etats, gehen inzwischen für Brückenreparaturen drauf. Die Daehre-Kommission der Länderverkehrsminister, die „gravierende Vernachlässigungen“ im Netz festgestellt hat, sagt, Deutschland müsse für Straße und Schiene jedes Jahr 7,5 Milliarden Euro mehr ausgeben.

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Wer soll das bezahlen? Für Ramsauer geht zunächst „Erhalt vor Neubau“. 70 Prozent der Bundesmittel werden künftig für Instandhaltung bereitstehen. Der Bau neuer Autobahnen ist dann nur die Ausnahme.

Am Freitag will die CSU die nächste Kurskorrektur in ihren „Bayernplan“ schreiben: Die Pkw-Maut als Kernelement einer künftigen Koalitionsvereinbarung. Ausländische Fahrer sollen zahlen, deutschen soll die Gebühr mit der Kfz-Steuer verrechnet werden. Das Modell funktioniert über den Kauf von Vignetten wie in der Schweiz, wo die Nutzer heute alle 14 Monate 33 Euro (40 Franken) zahlen, oder in Österreich, wo der Betrag bei 76 Euro liegt. „Die Maut ist eine Frage der Zeit“, sagt Ramsauer.

Verschiedene Maut-Modelle möglich

Noch leistet die Kanzlerin Widerstand. Tatsächlich sieht eine Mehrheit der Länderverkehrsminister aber nur den Ausweg über eine Straßengebühr. Für die Autofahrer werde das halb so schlimm: „Die Einführung einer Jahresvignette … würde die durchschnittliche jährliche Gesamtbelastung selbst dann lediglich geringfügig erhöhen, wenn keine Kompensation auf Seiten der verkehrsbezogenen Steuern erfolgt“, stellt die Daehre-Kommission fest.

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Welche Maut herauskommen könnte, ist offen. Grün-Rot in Baden-Württemberg will die Zahlung von der Fahrleistung abhängig machen. Vorbild sind Frankreich, Italien und Spanien. Hier geben die Nutzer etwa fünf Euro für 100 Kilometer Autobahn. Rot-Grün in NRW will keine Belastung der Pkw und dringt erst auf eine Anhebung der Lkw-Maut. Und die SPD im Bundestag hält sich, wie auch die CDU, vor der Wahl zurück. Ihr Plan: Der Verkehrsetat wird um 20 Prozent angehoben, bezahlt durch die Reichensteuer.

Peter Vos, Vorstandssprecher der Basalt AG, die an Großbauten wie den Autobahnen A45 oder A4 beteiligt war, regt „notfalls“ eine Pkw-Maut nach österreichischem Vorbild an. „Die Einnahmen müssen dann zweckgebunden in die Sanierung der Straßen fließen“, sagte Vos. Er sieht den Finanzierungsbedarf für die Fernstraßen bei zwölf bis 15 Milliarden Euro pro Jahr. „Die Straßen sind im Schnitt 26 Jahre alt, manche über 30. Seit 1990 ist die Belastung durch den Verkehr massiv angestiegen. Dabei ist es schon ein Optimum, wenn eine Straße bei hohem Verkehrsaufkommen 20 Jahre hält“, so Vos.