Essen. Zuwenig Investitionen in Bildung und Entwicklung, fehlende Infrastruktur: Nordrhein-Westfalen lässt sich von Wachstumsregionen wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen abhängen. Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey sieht Potenzial für 310.000 zusätzliche Jobs.
Die Wirtschaftskraft in NRW fällt seit 1980 deutlich hinter Wachstumsregionen wie Bayern,. Baden-Württemberg und Hessen zurück. „Das Land schöpft sein Potenzial nicht aus“, mahnt eine neue Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Ursachen für den Rückstand sieht die Studie vor allem in den zu geringen Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in der geringen Frauenerwerbsquote. Bei Ausnutzung aller Potenziale könnte NRW nach Angaben der Experten bis 2020 rund 310 000 neue Arbeitsplätze schaffen.
Bei der Frauenerwebsquote deutlich unter Durchschnitt
Bei der Vorstellung der Studie verwies der Düsseldorfer McKinsey-Chef Jürgen Schröder darauf, dass NRW-Bürger im Durchschnitt nur 32 600 Euro im Jahr erwirtschaften. Dagegen liegt die Wirtschaftskraft in Bayern bei 36 900 Euro. Bei den Forschungsaufwendungen lag NRW 2009 gerade bei 1,2 Prozent des Bruttosozialprodukts, während Bayern mit 3,8 Prozent Quote bundesweit die Spitzenposition einnahm. Und bei der Frauenerwerbsquote rangiert NRW mit 63,4 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 67,7 Prozent. „Wenn NRW zur Quote von Bayern mit 70 Prozent aufschließen würde, stünden dem hiesigen Arbeitsmarkt 130 000 zusätzliche weibliche Fachkräfte zur Verfügung“, erläuterte Schröder. Die zu geringe Ausstattung mit Kita-Plätzen sei wesentliche Ursache für die niedrige Frauenerwerbsquote.
City-Maut und Elektro-Recycling als Chance
Zur Behebung der Wachstumsschwäche in NRW setzt die McKinsey-Studie auf eine gezielte und mutige Konzentration der Fördermittel auf Zukunftsfelder. Dazu zählt etwa eine Initiative zur Ansiedlung des europaweit größten Recycling-Zentrums in Duisburg oder Dortmund. Die Wiederverwertung von Gold aus Handys oder das Recycling von Elektroschrott könnten nach Ansicht der Experten mehrere tausend neue Jobs schaffen. In Europa werden jährlich 160 Millionen Handys weggeworfen, dabei gehen 400 Millionen Euro Restwert wie Gold, Silber und seltene Erden verloren. Daneben schlagen die Experten eine stundenweise City-Maut zur Steuerung des Warenverkehrs in Städten vor und setzen auf den Einsatz mobiler Technologien in der Pflege – etwa zur Fernüberwachung von Herz- und Kreislaufkranken über den Computer. Damit könnten Pflegekräfte entlastet werden..
McKinsey hält es für unverzichtbar, dass NRW die Förderung „mit der Gießkanne“ einstellt und die Investitionslücke schließt.
Opposition beklagt schleichende De-Industrialisierung
CDU-Wirtschaftsexperte Hendrik Wüst beklagte, dass die rot-grüne Landesregierung weitere Investitionen der Wirtschaft durch höhere Gewerbesteuern sowie Belastungen durch das Klimaschutz- und Tariftreuegesetz verhindere. „Vor allem die schleichende De-Industrialisierung durch fehlende Investitionen macht uns Sorge“, sagte Wüst. FDP-Fraktionschef Christian Lindner bedauerte, dass NRW weiter erfolgreichen Bundesländern hinterhinkt. „Die für Innovationen in Infrastruktur und Innovation benötigten Steuergelder werden für vermeintlich soziale und ökologische Wohlfühlprojekte verschleudert..“ Lindner forderte eine Umkehr in der Förderpolitik des Landes.