Essen. . Lob von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) für die SPD im Ruhrgebiet: Deren Plädoyer für ein Revier, das seine Angelegenheiten weitgehend selbst regeln darf, sei „ein großer Schritt“. NRW könne zu alter Stärke zurückfinden, wenn es sein „Kraftzentrum“, das Ruhrgebiet stärke.

Diese Überschrift ließ Bundestagspräsident Norbert Lammert keine Ruhe: „SPD will Ruhrgebiet als Metropole stärken“, hieß es in unserem Artikel über die Ruhrkonferenz der SPD am vergangenen Wochenende. Weil sich die Sozialdemokraten nach langen Diskussionen nun offenbar einig sind, wie in der Region die Weichen gestellt werden müssen, könnte sich auch für den CDU-Mann Lammert ein großer Traum erfüllen. Der Traum von einem Ruhrgebiet, das nicht immer nur von einem Kirchturm zu nächsten schaut, sondern als starke Gemeinschaft auftritt.

„Das ist ein großer Schritt für die Sozialdemokraten. Er entspricht in etwa dem, was die CDU Ruhr schon seit Jahren fordert“, sagte Lammert, der auch Ehrenvorsitzender dieses Unions-Bezirkes ist. Die Einigkeit zwischen den Parteien – auch Grüne, FDP und Linke im Revier fordern mehr Macht für die Region – ist eine historische Chance, glauben viele Beobachter. Es liegt aber an den Landtagsabgeordneten, ob aus den Plänen praktische Politik wird oder ein Luftschloss.

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Revier soll für sich selbst planen, sprechen und kassieren

Dass es überhaupt soweit kommen konnte, ist in der SPD Politikern wie Frank Baranowski (Oberbürgermeister Gelsenkirchen) und Thomas Eiskirch (Landtagsabgeordneter Bochum) zu verdanken. Sie werben seit langem und gegen Widerstände aus der eigenen Partei dafür, den Regionalverband Ruhr (RVR) mit neuen Aufgaben auszustatten. Letztlich geht es darum, dass das Revier für sich selbst planen, sprechen, werben und kassieren kann. Dass aus der Ansammlung einzelner Städte eine Region wird, die selbstständig Fördergelder der EU einwerben darf, die mitbestimmt, wie der Verkehr künftig fließen soll, die ihre Wirtschaftskraft gemeinsam vermarktet. Das Ruhrgebiet soll sogar ein Parlament bekommen, das von den Bürgern direkt gewählt wird. „Mehr Mut zur Metropole“, nennt das Ruhr-SPD-Chef Frank Baranowski.

Norbert Lammert will sich persönlich ins Metropolen-Projekt einschalten. „Wichtig ist, dass sich nun alle einig sind: Das Ruhrgebiet muss sich gemeinsam organisieren, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Ich empfehle der CDU-Landtagsfraktion, diese Initiative ernst zu nehmen und konstruktiv zu begleiten. NRW kann nur zu alter Stärke zurückfinden, wenn es sein Kraftzentrum, das Revier, stärkt.“

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„Dortmund und Essen spielten solo“

Das Ruhrgebiet werde leider international nicht als Region wahrgenommen, urteilt der CDU-Politiker. Die Schuldigen dafür meint er zu kennen: „Der Wunsch der ,Halbstarken’ wie Dortmund, Essen, Duisburg, am liebsten Solostücke zu spielen, hat viel Zeit und Geld gekostet. Entweder, das Revier organisiert sich nun neu und tritt als echte Metropole Ruhr auf, oder die Region paralysiert sich.“

Ein Hinweis darauf, dass die Revierstädte tatsächlich enger zusammenarbeiten wollen, ist die Reise von Oberbürgermeistern, Landräten und Verwaltungsspitzen aus dem Ruhrgebiet nach Brüssel. Sie wollen dort ausloten, wie sie an Fördergeld der EU kommen können. Die Angst vor Verlusten schweißt sogar die selbstbewussten Stadtoberhäupter enger zusammen.

Die Grünen im Ruhrgebiet beglückwünschen die SPD dafür, dass sie für die Direktwahl des Ruhrparlamentes ist. Für die Grünen ist die Frage der direkten Demokratie im Ruhrgebiet sogar zentral. Sabine von der Beck, Fraktionschefin der Grünen im RVR, erinnert daran, dass die Mitglieder des Ruhrparlaments nicht direkt gewählt, sondern von den Stadträten und Kreistagen geschickt werden. „Sie können sich daher kaum darauf berufen, vom Wähler in Ruhrgebietsfragen beauftragt worden zu sein, da sie ja in erster Linie für die kommunalen Wahlprogramme gewählt wurden.“

Thomas Nückel (FDP) atmet ebenfalls durch: „Endlich hat sich die SPD bewegt.“