Essen. Die Selbstanzeige von FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß ruft das Steuerabkommen in Erinnerung, das die schwarz-gelbe Bundesregierung mit der Schweiz schließen wollte. Damit wäre Hoeneß in jedem Fall straffrei und anonym geblieben. Es scheiterte an der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat. Ein Pro und Contra.
Das Abkommen der Regierung zur Besteuerung deutscher Konten in der Schweiz ist im Bundesrat an Rot-Grün gescheitert. Die Opposition sieht sich durch den Fall Hoeneß bestärkt – der Bayern-Boss wäre sonst in jedem Fall straffrei und anonym geblieben. Schwarz-Gelb sieht sich in ihrem Modell ebenfalls bestärkt – durch ihr Abkommen wäre Hoeneß’ Geld automatisch nachversteuert worden, der Fiskus nicht auf seine Selbstanzeige angewiesen gewesen. Viele blieben weiterhin unentdeckt – so die Gegenargumentation. Beide Seiten haben was für und gegen sich:
Das Steuerabkommen
Pro: Das Abkommen hätte wohl auf einen Schlag Milliarden in die deutschen Kassen gespült. Schweizer Banken hätten auf unversteuerte Guthaben für zehn Jahre rückwirkend 21 bis 41 Prozent Steuern dem deutschen Fiskus überweisen müssen. Prognosen zufolge sollten die Nachzahlungen rund zehn Milliarden Euro einbringen. Zudem wären künftig deutsche Kapitalerträge bei hiesigen und Schweizer Banken gleich und automatisch besteuert worden – mit einer Abgeltungssteuer von 26,375 Prozent. 750 Millionen Euro jährlich sollten so eingezogen werden.
Contra: Das wichtigste Gegenargument zielt auf das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger. Die Amnestie von Steuerbetrügern käme laut SPD einem Reinwaschen von Schwarzgeldern gleich.
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Hinzu kommt die laut Steuerexperten gerade für permanent gewachsene, hohe Vermögen günstige Nachbesteuerung. Beispielrechnungen von Steuer-Kanzleien haben ergeben, dass die pauschale Abgeltung im Einzelfall gut und gerne die Hälfte der Steuern sparen kann, die bei einer regulären Nachversteuerung, etwa nach einer Selbstanzeige, fällig wären.
Das dritte Contra ist die Gefahr, dass die Gelder vorher in die nächste Steueroase geschafft werden. So war ein fester Termin vorgesehen, zu dem die Einlagen besteuert werden sollten. Bis dahin hätten die Konten aufgelöst werden können.
Strafverfolgung à la SPD
SPD-geführte Länder wie NRW und Rheinland-Pfalz setzen auf verschärfte Strafverfolgung – auch mit dem Kauf von Steuer-CDs, die illegal beschaffte Daten enthalten. NRW hat laut Finanzminister Walter-Borjans neun Millionen Euro für sechs CDs ausgegeben, aus der Verfolgung der Fälle aber 271 Millionen Euro eingenommen. Hinzu kommen 400 Millionen aus mittlerweile 8000 Selbstanzeigen, die der Finanzminister als direkte Folge des Steuer-CD-Ankaufs sieht.
Pro: Die Jagd auf Steuerflüchtlinge mittels gekaufter Daten heißen laut Umfragen die meisten Deutschen gut. Ihrem Gerechtigkeitsempfinden nach gehören Betrüger bestraft, eine Amnestie empfinden die meisten Bürger als ungerecht.
Wird gegen Prominente ermittelt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Fälle publik werden – wie beim früheren Post-Chef Klaus Zumwinkel. Das schreckt andere Betrüger ab und zieht Selbstanzeigen nach sich. Auch die bleiben üblicherweise straffrei. Im Gegensatz zum Steuerabkommen ist die Straffreiheit bei Selbstanzeigen aber keine pauschale Amnestie, sondern Folge des Fahndungsdrucks und mit Nachprüfungen verbunden, ob wirklich reiner Tisch gemacht wurde – so wie bei Hoeneß.
Contra: Die härteste Kritik am Kauf von Steuer-CDs ist die Zusammenarbeit des Staates mit Kriminellen, die geheime Bankdaten illegal beschaffen. „Hehlerei“ nennt das FDP-Mann Brüderle, das Verhältnis zur Schweiz wird durch die Ankäufe erheblich belastet.
Zitate Uli Hoeneß
Gegen diesen rot-grünen Weg spricht zudem, dass zwar immer wieder spektakuläre Erfolge erzielt, aber eben nicht die Masse der Steuerbetrüger belangt wird. Da der weitere Ankauf von Steuer-CDs einem neuen Abkommen mit der Schweiz im Wege steht, wird zudem eine saubere Lösung für die Zukunft erschwert.
Zugespitzt geht es im politischen Steuer-Streit darum, was dem Staat wichtiger ist: Mehr Geld oder mehr Gerechtigkeit?