Essen. . Die Preise für Lebensmittel könnten in diesem Jahr erneut steigen. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner rechnet mit bis zu drei Prozent. Ein Ex-Manager von Aldi kritisiert, dass der Discounter sein Lebensmittel-Angebot zugunsten von Nonfood-Artikeln immer weiter reduziere.
Verbraucher in Deutschland müssen sich auch in diesem Jahr auf steigende Preise für Lebensmittel einstellen. Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) rechnet mit einem Plus von bis zu drei Prozent. Experten gehen davon aus, dass die weltweite Verteuerung von Rohstoffen wie Getreide durch den harten Wettbewerb im Handel nicht in vollem Umfang an die Kunden weitergegeben werde.
Die globalen Rahmenbedingungen werden sich auch 2013 nicht ändern: Die Bevölkerungsexplosion in China und Indien kurbelt die Lebensmittel-Nachfrage massiv an. Zudem müssen die Erzeuger höhere Kosten für Energie einkalkulieren. Zudem treiben Rohstoff-Spekulationen die Preisspirale an.
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Rohstoffkosten steigen
Sabine Eichner, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) mit rund 550 000 Beschäftigten, sieht ihre Mitgliedsunternehmen mit höheren Herstellungskosten konfrontiert. In manchen Bereichen betrage der Rohstoffpreis bis zu 40 Prozent des Gesamtpreises für ein Produkt. „Es ist aber sehr schwierig, die notwendigen Preiserhöhungen bei den Händlern durchzusetzen“, verweist Eichner auf den Preiskampf unter den Handelsketten. Der BVE warnt bereits davor, dass viele mittelständische Hersteller von Nahrungsmitteln dem Preisdruck nicht mehr standhalten könnten und vom Markt verschwänden. Für die verbleibenden werde die Gewinnmarge immer kleiner.
Während die Ernährungsindustrie unter dem harten Wettbewerb im Handel leidet, profitieren die Kunden in Deutschland davon. Sie können sich darauf einstellen, dass die Preise für Lebensmittel nicht viel stärker steigen als die allgemeine Inflation, die 2012 bei rund zwei Prozent lag. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts und des BVE liegt die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise seit Anfang der 90-er Jahre unter dem Verbraucherpreisindex.
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Harter Wettbewerb im Handel
Auch im internationalen Vergleich können die Deutschen günstig einkaufen. „Deutsche Verbraucher geben rund zwölf Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus“, sagt Agrarministerin Aigner. Damit liegt Deutschland fast am Ende der Skala. Innerhalb Europas müssen nur Luxemburger, Iren und Briten weniger Geld von ihren Gehältern für Nahrungsmittel abzweigen. Im EU-Vergleich drehte sich die Preisschraube bei uns zudem langsamer: In Europa verteuerten sich Nahrungsmittel seit 1996 um 36 Prozent, hierzulande aber nur um 21 Prozent.
Der erbitterte Preiskampf setzt aber auch die Discounter unter Druck. „Spätestens 2016“, so der Handelsinformationsdienst Planet Retail, werde Lidl den Erfinder des Discount-Prinzips und bisherigen Weltmarktführer Aldi auf den zweiten Platz verdrängen. Vermeintliche Fehler haben zwei ehemalige Top-Manager den beiden Riesen Nord mit Sitz in Essen und Süd mit Sitz in Mülheim jetzt ins Stammbuch geschrieben.
Die Dickmacher
Aldi auf dem Weg zum Warenhaus?
Dieter Brandes arbeitete zehn Jahre lang eng mit dem mittlerweile verstorbenen Aldi-Gründer Theo Albrecht zusammen. Gemeinsam mit seinem Sohn Nils berät Brandes heute Handelsunternehmen. Beide kritisieren, dass Aldi immer mehr Produkte, vor allem Markenartikel, ins Sortiment nehme. Das sei ein „starker Verstoß gegen das erfolgreiche Aldi-Prinzip. Aldi wird Lidl immer ähnlicher. Zum Discountprinzip gehört, möglichst viele Eigenmarken zu verkaufen“, sagten sie in einem Interview.
Mit der Ausweitung des Non-Food-Bereichs, der nicht zum Kernsortiment Lebensmittel gehöre, entwickele sich Aldi „zunehmend zu einer Art Warenhaus“. Der Umsatzanteil für Nonfood betrage 20 Prozent und werde wohl auf 30 Prozent steigen.