Essen/Berlin. . Trockenheit führt in vielen Teilen der Erde zu massiven Ernteausfällen bei Getreide. Dies ist für viele aber nicht der einzige Grund für steigende Preise bei Mais und Weizen. In der Kritik stehen auch Spekulanten und die Biospritproduktion.
Während sich die Mitteleuropäer eines milden Sommers erfreuen, stöhnt der Rest der Welt über eine historische Hitze- und Dürreperiode. Folgen sind dramatische Ernteausfälle vor allem bei den Grundnahrungs- und Futtermitteln Mais, Soja und Weizen. Die Preise schießen in die Höhe, die UN-Welternährungsorganisation FAO sieht eine „ernste Situation“.
Spekulanten in der Kritik
Da sich das Wetter schlecht beeinflussen lässt, geraten nun Finanzakteure und Regierungen in die Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, die Preise weiter zu treiben – mit Agrar-Spekulationen und der Förderung von Biosprit. Wer sind die größten Preistreiber und wie ließe sich die Krise bekämpfen?
Große Dürre in den USA
Die Farmer in den USA klagen über die schlimmste Trockenperiode seit 56 Jahren. Ein Sechstel der Mais- und Sojaernte ist laut US-Agrarministerium bereits vertrocknet. Das klingt gar nicht so dramatisch, doch die Ernteausfälle werden laut Analysten vor allem die Exportmengen verringern. Und weil die USA der mit Abstand größte Mais-Exporteur sind, trifft das den Weltmarkt besonders hart.
„Wenn nur ein Produzent ausfällt, ist das verkraftbar. Doch auch in Indien, Australien und der Schwarzmeer-Region hat sich die Lage verschärft“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoff-Experte der Commerzbank. Und der weltgrößte Weizenproduzent, China, verbrauche seine Ernte selbst. Zum Glück sei die weltweite Reisernte gut.
Weinberg warnt die Regierungen, wie 2008 und 2010 mit Exportstopps zu reagieren, „das verschlimmert die Lage nur“. Solche Panikreaktionen wollen die führenden Industrie- und Schwellenländer, die G20, nun verhindern.
Die Preise für Mais und Soja sind an den Rohstoffbörsen in diesem Sommer in die Höhe geschossen, der Scheffel Mais (rund 25 kg) etwa von 5,50 auf über acht Dollar. Hauptursache sind die Ernteausfälle. Zumal im Frühjahr noch Rekordernten erwartet wurden, die eigentlich die leeren Lager auffüllen sollten. Dennoch wird Investmentfirmen vorgeworfen, mit Wetten auf steigende Kurse die Preisspirale beschleunigt zu haben.
Agrar-Spekulationen als Preistreiber
Marita Wiggerthale von der Hilfsorganisation Oxfam sieht in den milliardenschweren Agrar-Spekulationen gar den Preistreiber Nummer eins und zieht Parallelen zu 2008, als explodierende Weltmarktpreise Hungersnöte in den Entwicklungsländern auslösten.
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Die Verbraucher in Deutschland merken wenig vom Auf und Ab der Preise an den Weltmärkten. Für Lebensmittel geben sie nur zehn Prozent ihre Budgets aus. In manchen Ländern müssen Familien jedoch 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrung ausgeben. Wird sie sprunghaft teurer, reicht das Geld nicht mehr, um satt zu werden.
Einer Oxfam-Studie zufolge hatten Anleger 2011 fast 70 Milliarden Euro in Agrar-Anlagen gesteckt. Deutsche Konzerne mischen dabei kräftig mit, ihr Engagement betrug 11,4 Milliarden Euro, davon allein 6,2 Milliarden von der Allianz.
Einige Finanzhäuser haben Spekulationen gestoppt
Einige Finanzhäuser haben dem öffentlichen Druck nachgegeben. Die Landesbank Baden-Württemberg, die Fondsgesellschaft der Sparkassen und zuletzt die Commerzbank haben ihren Rückzug aus diesen Geschäften erklärt.
Aus Getreide hergestelltes Bioethanol haben die Vereinten Nationen als Preistreiber im Visier. Deshalb forderte FAO-Chef Jose da Silva die US-Regierung auf, die Biosprit-Förderung „vorübergehend auszusetzen“. In den USA landen 40 Prozent der Maisernte im Tank statt auf dem Teller. Dort wird der in Deutschland verpönte Biosprit E10 seit Jahren getankt und derzeit E15 eingeführt. Zwei Drittel der weltweit erzeugten 68 Millionen Tonnen Ethanol werden in den USA hergestellt, vorwiegend aus Mais. Eine Antwort aus Washington steht noch aus.
Ein Kommentar zum Thema: Starke Konkurrenz für die Nahrungsmittelproduktion