Lissabon. . Vor einem Jahr musste Portugal mit 78 Milliarden Euro gestützt werden. Nun ist das Land auf dem Weg der Besserung und senkte sein Haushaltsdefizit. Doch Baustellen bleiben: Noch immer kann Portugal nicht sein Geldbedarf ohne Hilfe decken.
Auch wenn die Lage derzeit düster ist, gibt es halbwegs positive Nachrichten von der Euro-Krisenfront: Portugal ist, ein Jahr nachdem es unter den Rettungsschirm schlüpfte und mit 78 Milliarden Euro gestützt wurde, auf dem Weg der Besserung. Das Euro-Land gilt als Beispiel dafür, dass die Euro-Retter besser sind als ihr Ruf. Und dass der Erfolg auch davon abhängt, ob der Patient bei der Hilfsaktion mitspielt oder bockt.
„Wir sind auf der Spur. Wir erreichen alle wichtigen Ziele“, sagt selbstbewusst der konservative Regierungschef Pedro Passos Coelho, der nicht müde wird zu betonen: „Portugal ist nicht Griechenland.“ Auch wenn seine Rosskur den Bürgern sehr harte Opfer abverlangt. Doch eher selten ziehen Demonstranten durch die Städte und rufen: „Es reicht.“ Das Volk leidet unter dem Sparkurs, hält aber dennoch weitgehend still. Es herrsche eine „geräuschlose Verzweiflung“ schrieb die Wochenzeitung „Expresso“.
Regierung setzte harten Sparkurs durch
Portugiesische Wirtschaftswissenschaftler sprechen von einem gesellschaftlichen Konsens, „dass die europäische Rettungsaktion notwendig ist“. Und dass die Reformauflagen geschluckt werden müssen. Dieses Einvernehmen spiegelt sich auch darin wider, dass ausgerechnet der portugiesische „Sparkommissar“ und parteilose Finanzminister Vitor Gaspar vom Volk die besten Noten aller Politiker bekommt.
Dabei hat Gaspar einen harten Sparkurs durchgesetzt: Kürzungen bei Beamten und Rentnern, im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsystem. Die Mehrwertsteuer stieg auf 23 Prozent. Ein Liter Super kostet wegen der Benzinsteuer mit 1,78 Euro mehr als in Deutschland. Urlaubs- und Weihnachtsgeld wurden gekürzt, vier Feiertage fielen weg. Auf allen Autobahnen wird jetzt Maut kassiert, beim Arzt- oder Hospitalbesuch werden Zuzahlungen fällig.
Die Troika schaut regelmäßig vorbei
Ministerpräsident Passos Coelho, der sich auf eine absolute Mehrheit stützt, arbeitet eng mit der Rettungs-Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds zusammen. Die Troika schaut regelmäßig vorbei und bescheinigt: „Portugal ist auf gutem Weg.“ Das Land gilt als Reform-Musterschüler. Auch wenn die sozialistische Opposition pflichtgemäß murrt.
Das wichtigste ist wohl: Das Haushaltsdefizit konnte von 9,8 Prozent in 2010 auf erstaunliche 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in 2011 gesenkt werden. Der Tourismus boomt, auch wenn die Wirtschaft im Jahr 2012 um rund drei Prozent schrumpfen wird. Die wachsende Arbeitslosenrate macht mit mehr als 15 Prozent Sorgen. Genauso wie die Gesamtverschuldung des Staates noch steigt und nach Schätzung der EU in 2012 wohl 114 Prozent des BIP erreichen wird.
Kommt ein zweites Rettungspaket?
Es bleiben also Hausaufgaben, die es unwahrscheinlich machen, dass Portugal Ende 2013 – wie ursprünglich geplant – seinen Kreditbedarf wieder am Geldmarkt decken kann. Langfristige portugiesische Anleihen werden immer noch mit mehr als zehn Prozent Zinsen gehandelt. Soweit der Zinsdruck nicht deutlich kleiner wird, muss die Troika also ein zweites Rettungspaket schnüren, damit Portugal zahlungsfähig bleibt. Dies geben die Euro-Retter auch offen zu.
Krisenmanager Passos Coelho verfolgt derweil Forderungen des benachbarten Rettungspatienten Spanien, der ebenfalls in großen Finanzschwierigkeiten steckt und einen „weichen“ Sonderweg einfordert, sehr aufmerksam. Sollte Spanien mit seiner Extratour durchkommen, werde auch Portugal auf günstigere Kreditbedingungen drängen.