Athen. . Auf der kleinen griechischen Ferieninsel Hydra wollten Beamte der „Behörde für die Verfolgung von Finanzverbrechen“ (SDOE) testen, wie es um die Steuerehrlichkeit der Gastwirte steht. Als erste Vergehen aufflogen und die Verantwortliche verhaftet werden sollte, kochte der Volkszorn hoch. Erst nach 15 Stunden in einer Polizeiwache wurden die Steuerfahnder von einer bewaffneten Hundertschaft befreit.

Hydra ist eine malerische kleine Insel im saronischen Golf, eine beliebtes Wochenendziel der Athener. Dass hier Bereitschaftspolizei mit Tränengasgranaten aufmarschiert, hat es seit Menschengedenken nicht gegeben. Jetzt war es so weit: Am Samstag kam per Schiff aus Piräus eine Hundertschaft schwer bewaffneter Polizisten auf die Insel.

Ihre Mission: Sie sollten mehrere Steuerfahnder befreien, die von aufgebrachten Bürgern in der Polizeistation der Inselhauptstadt gefangen gehalten wurden.

Begonnen hatte alles am Freitag, als Fahnder der Behörde für die Verfolgung von Finanzverbrechen (SDOE) auf die Insel kamen. In den Sommermonaten führt die SDOE verstärkt in Urlaubsgebieten Kontrollen durch, um die in der Gastronomie grassierende Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Mehrwertsteuer in die eigene Tasche gesteckt

Auf Hydra wurden die Beamten schnell fündig. In einer Taverne stellten sie fest, dass dort nicht die vorgeschriebenen Quittungen ausgestellt wurden. So verschleiern viele griechische Gastwirte ihre Umsätze und stecken die Mehrwertsteuer in die eigene Tasche, die sie zwar von den Gästen kassieren aber nicht ans Finanzamt abführen. Kein Kavaliersdelikt, weshalb die Besitzerin der Taverne auch sofort in Ohnmacht fiel, als die Fahnder sie festnehmen wollten. Statt der Frau nahmen die Beamten deren Sohn fest.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht unter den Geschäftsleuten der Insel. Im Nu versammelte sich eine wütende Menschenmenge. Die Steuerfahnder fanden gerade noch Zuflucht in der örtlichen Polizeistation. Steine und Feuerwerkskörper flogen, dann kappten aufgebrachte Bürger sogar den Stromanschluss und die Wasserleitung der Polizeiwache. Die Besatzung eines Schnellbootes, das die Steuerfahnder und den Wirt nach Piräus zur Staatsanwaltschaft bringen sollte, wurde ebenfalls angegriffen.

Erfolgreiche Kontrollen in den Touristengebieten

Am Samstag nahm ein Kreuzer der Küstenwache von Piräus Kurs auf Hydra und brachte die Bereitschaftspolizisten auf die Insel. Ihnen gelang es, die Steuerfahnder nach 15 Stunden Belagerung zu befreien. Der Wirt wurde nach Piräus gebracht. Dort setzte ihn der Ermittlungsrichter aber auf freien Fuß, nachdem sich herausstellte, dass nicht er, sondern seine Mutter als Geschäftsführerin der Taverne für den angeblichen Steuerverstoß verantwortlich war.

Die Kontrollen der griechischen Steuerfahnder in den Touristenhochburgen zeigen, dass sich trotz der Schuldenkrise an der schlechten Steuermoral vieler griechischer Geschäftsleute nichts geändert hat. Die Beamten stellen nach Angaben des Finanzministeriums in mehr als der Hälfte der überprüften Betriebe Verstöße fest.

So gab es allein in der Zeit vom 10. bis zum 13. August bei 707 Kontrollen 373 Beanstandungen. Überdurchschnittlich viele Steuerdelikte stellten die Fahnder auf den Inseln Lefkas, Euböa, Rhodos, Paros und Zakynthos fest.