Essen. . Eine Kundin beschwert sich auf Facebook über eine zu hohe Telefonrechnung, die ihr Vodafone geschickt hat. Tausende schließen sich ihr an. So entsteht ein Shitstorm, dessen Intensität für Vodafone etwas völlig Neues ist. Doch auch andere Unternehmen sind schon in diesen Strudel geraten.
Wenn es nicht an der Telefon-Hotline klappt, dann doch vielleicht im Internet, dachte sich Anni Roc, als sie sich über das soziale Netzwerk Facebook an Vodafone wandte, um sich über eine zu hohe Telefonrechnung zu beschweren. Roc löste damit einen Proteststurm aus, einen Shitstorm, wie die Netzgemeinde das nennt. Tausende andere Nutzer des sozialen Netzwerks machten ihrem Ärger über Vodafone ebenfalls Luft. Und zwangen das Unternehmen zu reagieren. Kein Einzelfall.
Der Fall Vodafone
Anni Roc behauptet, sie habe mit ihrem Handy überhaupt nicht telefoniert. Vodafone stellte trotzdem 275 Euro in Rechnung. Das wollte sich die Facebook-Nutzerin nicht gefallen lassen und machte ihrem Ärger Luft im sozialen Netzwerk. Das rief wiederum andere auf den Plan. Ein Sturm der Entrüstung kam auf – und zwang Vodafone zu reagieren.
„Es gibt jedoch besondere Situationen – manche nennen es Shitstorm – in denen es mit dem Dialog nicht immer einfach ist. Umso ernster nehmen wir diesen Kanal in solchen besonderen Situationen“, erklärte Sprecher Christian Rapp auf der Facebook-Seite von Vodafone. „Wir wollen die Verantwortung auch gar nicht wegschieben, wenn bei uns Fehler gemacht werden“, so der Sprecher weiter.
„Wir waren überrascht. Das ist völlig neu für uns gewesen“, war auch Rapp von der Massivität der Kritik überrascht, die dem Unternehmen entgegenschlug. Dabei, so der Sprecher, versuche das Unternehmen zeitnah auf Facebook-Beiträge zu reagieren. Mittlerweile sei man auch im Kontakt mit Anni Roc. „Und wir versuchen, das Problem so schnell wie möglich zu lösen.“
Der Fall Schlecker
Das war wohl nichts: Als sich die mittlerweile insolvente Drogeriekette Schlecker im Frühjahr 2011 ein neues Image verpassen wollte, entwickelte die Werbeagentur Grey den passenden Slogan dazu: „For You. Vor Ort“. Ein bisschen Englisch der Internationalität wegen, ein wenig Deutsch, der Verbundenheit zum Kunden wegen. Dem „Verein für Sprachpflege“ gefiel der neue Werbespruch trotzdem nicht. In einem Schreiben an Schlecker äußerten die Kritiker ihren Unmut. Doch anstatt den eigenen Slogan zu verteidigen, hatte ein Schlecker-Sprecher nichts besseres zu tun, als in seiner Antwort die eigenen Kunden zu verunglimpfen. Diese seien „niederen bis mittleren Bildungsniveaus zuzuordnen“, deshalb habe man sich für den Spruch entschieden. Die Sprachpfleger veröffentlichten das Antwortschreiben. Über Schlecker brach der Shitstorm herein.
Auch interessant
Der Fall Zalando
„Schrei vor Glück“ heißt es in den skurrilen Werbefilmen des Versandhändlers Zalando. Momentan schreien die Kunden des großen Online-Modemarkts allerdings nicht vor Begeisterung, sondern vor Empörung. Nach der Ausstrahlung einer Reportage der ZDF-Doku-Reihe „Zoom“ hagelte es harsche Kritik: Der Sender hatte von unwürdigen Arbeitsbedingungen und verdreckten Toiletten im Zentrallager im brandenburgischen Großbeeren berichtet. Tausende Facebook-Nutzer reagierten entsetzt, riefen zum Boykott des Internet-Kaufhauses auf. Im Firmen-Blog gelobt Zalando zaghaft Besserung – und ging auf die Abertausend Facebook-Kommentare nicht weiter ein.
Auch interessant
Der Fall Patrick Döring
Um einem Politiker einen bösen Brief zu schreiben, dazu gehört schon eine gewisse Entschlossenheit. Im Internet hingegen kann geschimpft werden, was das Zeug hält, anonym und kostenlos. FDP-Generalsekretär Patrick Döring löste einen klassischen Shitstorm aus, als er die Piratenpartei angriff und ihr unterstellte, sie propagiere eine „Tyrannei der Masse“. Ergebnis: Döring wurde auf Facebook beleidigt, bei Twitter, er bekam private Mails mit Beleidigungen – Shitstorm auf allen Kanälen.