Großbeeren. . Ein angebliches Sitzverbot und lange Zeit fehlende feste sanitäre Anlagen in einem Lager des Internet-Versandhändlers Zalando rufen Kritik hervor. Einige Kunden wollen das Unternehmen sogar boykottieren. Zugleich meldet Zalando starke Umsatz-Zuwächse.
Zalando, der Star des Internetversandhandels, hat einen ersten – sehr tiefen – Kratzer in seiner Außendarstellung. Nachdem eine ZDF-Reportage von niedrigen Löhnen und „menschenunwürdigen“ Arbeitsbedingungen im Lager in Großbeeren berichtet hatte, zogen einige Kunden direkt ihre Konsequenz daraus: Sie wollen in Zukunft woanders einkaufen.
Mit Schuhen und schrillen Werbespots fing alles an. „Schrei vor Glück“ heißt der Slogan, der Zalando bekannt gemacht hat. Mittlerweile verkauft der Online-Versandhändler auch Kleidung und Wohnaccessoires. Die Mehrheit an dem Unternehmen halten die drei Samwer-Brüder, die sich bereits durch Projekte wie Alando – das deutsche Pendant zu ebay – und dem Klingeltonanbieter Jamba einen Namen gemacht haben.
Mitarbeiter profitieren nicht vom Boom des Geschäftsmodells
Erst vor kurzem vermeldete die Online-Firma Zalando, dass sich der Umsatz im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2010 auf 510 Millionen Euro verdreifacht habe. Das Unternehmen wächst. Bereits in zwölf europäischen Ländern ist Zalando aktiv, trotz der viel genutzten portofreien Rücksendemöglichkeit. Doch Angebote für Großkunden des Paketdienstes DHL halten die dafür anfallenden Kosten wahrscheinlich begrenzt. Zudem ist Zalando im Vorteil, als Internethändler keine Filial-Miete oder Lohn für dort arbeitende Mitarbeiter zahlen zu müssen.
Das Geschäftsmodell boomt, die Mitarbeiter profitieren davon aber anscheinend nicht. Das zumindest lässt die versteckt gefilmte ZDF-Reportage „Gnadenlos billig“ von Marc Rosenthal vermuten. Das Ergebnis: Ein „bedeutender Teil“, der etwa 1000 Mitarbeiter am Standort Großbeeren nahe Berlin, ist als Leiharbeiter beschäftigt mit einem Stundenlohn von 7,01 Euro – der Mindestlohn für Zeitarbeiter im Osten. Während der Arbeitszeit ist Sitzen angeblich verboten. Feste sanitäre Anlagen gab es lange Zeit offenbar nicht, stattdessen einen Toiletten-Container in der Halle.
„Externe Kontrollen“ gefordert
Von „menschenunwürdigen Zuständen“ spricht Professor Gerhard Bosch, Geschäftsführer des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Aus seiner Sicht haben die internen Kontrollen versagt. Daher fordert er „ein größeres Maß an externen Kontrollen“ – etwa über den Zoll, der auch die Einhaltung der Mindestlöhne überwacht.
Mit seinen schockierenden Arbeitsbedingungen hat Zalando aber bereits das Vertrauen einiger Kunden verloren. So wie von Stefan G., der auf der Facebook-Seite des Unternehmens schimpft: „Mir gefällt eurer Laden gar nicht mehr. Ist ja reine Sklavenarbeit. Ich bestelle nichts mehr bei euch.“
Per Stellungnahme auf dem Firmen-Blog schiebt Zalando die Verantwortung auf den Dienstleister, „der größtenteils für das Personal und für die Prozesse im Lager verantwortlich ist“. Es sei ihnen erst jetzt bewusst geworden, dass sie mehr Einfluss nehmen müssten. In Zukunft, so verspricht Zalando, wolle man stärker darauf achten, dass die gesetzten Sozialstandards eingehalten werden.