Duisburg. . Frank Leiendecker, Direktkandidat der Piratenpartei bei der Landtagswahl, schrieb einen Internet-Brandbrief an seine Ortsgruppe und legte sein Amt als Büropirat nieder. Er wirft den Piraten „Mobbing vom Feinsten“ vor. Auch der Kandidat im Duisburger Westen wird von seinen Mitpiraten heftig attackiert.
Die heiße Phase des Landtagswahlkampfs entwickelt sich zu einer Bewährungsprobe für die Duisburger Piratenpartei. Mit einem öffentlichen Brandbrief legte nun Frank Leiendecker, Landtagskandidat für den Duisburger Süden, sein Amt als Büropirat, eine Funktion die grob einem Vorstandsmitglied in anderen Parteien entspricht, nieder. „Mobbing vom Feinsten“ wirft er seinen Parteifreunden vor und dass sie versuchen, ihm einen „Maulkorb“ zu verpassen.
Bereits im März hatte sich Leiendecker zu diesem Schritt entschlossen, keine zwei Monate nach Amtsantritt. Aber dann kam der Rücktritt vom Rücktritt. Damals hatte die Partei die Situation noch mit einem Missverständnis erklärt, ihr Büropirat wolle sein Amt lediglich aufgrund der Belastungen des Wahlkampfes ruhen lassen.
„Als Direktkandidat voll weitermachen“
„Es gab kein Missverständnis, es war ein Rücktritt“, sagt Leiendecker nun. Er habe allerdings Schaden von seiner Partei abwenden wollen und sich letztlich entschlossen, sein Amt zunächst zu behalten. Seither habe sich sein Frust jedoch deutlich verstärkt, daher die erneute Amtsniederlegung. „Es geht mir aber bestimmt nicht um Rache“, wie ihm einige vorwerfen. Daher wird er auch „als Direktkandidat voll weitermachen“ und die Piraten bestmöglich unterstützen. Im Juli werde ein Kreisverband samt Vorstand gegründet, dann stehe er nicht mehr für ein Amt zur Verfügung, will aber ein „vollaktives“ Basismitglied bleiben.
Die Duisburger Kandidaten
Im Landtagswahlkreis 60 (Duisburg I), der den Stadtbezirk Süd und vom Stadtbezirk Mitte Duissern, Neudorf und Wanheimerort umfasst, trittt für die SPD Sarah Philipp an.
Ihre Antworten im DerWesten-Fragebogen:
Ich kandidiere, weil ich als Unternehmerin und Chemikerin die besten Voraussetzungen mitbringe, um mich verstärkt für die Themen Mittelstandsförderung, Haushaltssanierung und für die Verbesserung des technischen Umweltschutzes einsetzen zu können.
Das wichtigste landespolitische Thema ist: Weitere Hilfen für die klammen Kassen der Städte sowie Neuausrichtung und Stärkung des Industriestandortes NRW.
Für Duisburg will ich erreichen, dass die CO-Pipeline nicht in Betrieb genommen wird, der Standort der GNS in Wanheim verlegt wird, der Lärmschutz verbessert wird.
Sylvia von Häfen kandidiert für Die Linke in Duisburg. Die 37-Jährige lebt in Buchholz und ist seit 2010 Sprecherin des Ortsverbandes Süd der Linken. Ihr Lieblingsort im Wahlkreis ist die Sechs Seen-Platte.
Neben der Politik engagiert sie sich bei der Gewerkschaft Verdi und in der Jugendarbeit der evangelischen Kirchen Gemeinde Trinitatis.
Seit 1998 ist Sait Keles Mitglied der Grünen in Duisburg, für die er am 13. Mai in den Düsseldorfer Landtag einziehen will. Der 41-Jährige ist seit 2010 Vorstandsmitglied und saß fünf Jahre lang (2004 bis 2009) im Rat der Stadt.
Für die Linke geht Lukas Maximilian Hirtz ins Rennen um das Landtagsmandat im Wahlkreis Duisburg II.
Der 22-Jährige studiert, lebt in der Altstadt und seit 2009 in der Partei aktiv. Er ist stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss und seit 2012 Sprecher des Ortsverbands Homberg/Ruhrort/Baerl.Außerdem engagiert er sich im RV Homberg bei Ingenieure ohne Grenzen und unterstützt die SOS-Kinderdörfer.
Sein Lieblingsort im Wahlkreis: "In den Rheinwiesen, da kann man sich zu jeder Jahreszeit gut aufhalten."
Ich kandidiere, weil ich dafür kämpfen möchte, dass sich die Politik den Menschen nähert und sich um ihre Belange, soziale Gerechtigkeit und die Umwelt kümmert.
Das wichtigste landespolitische Thema ist: Der sozial-ökologische Umbau muss vorangetrieben werden.
Für Duisburg will ich erreichen, dass sich das Land für eine vernünftige Hilfe zum Schuldenabbau auch auf Bundesebene einsetzt. Der Hafenstandort Duisburg muss durch Investitionen in Schifffahrt und Schienennetz gestärkt werden, ohne die Bürger zu belasten.
Gerhard Schwemm lebt in Neudorf-Süd und ist Kandidat der Grünen im Wahlkreis. Der Betriebswirt (59) ist aktiv in der unabhängigen Umweltbewegung/Anti-AKW-Bewegung; Gründungsmitglied der Grünen, Mitglied im Rat der Stadt und war bis 2006 Vorsitzender im Ausschuss für Umwelt und Grün. Lieblingsort im Wahlkreis: Die Rheinaue in Neuenkamp an der Ruhrmündung.
Ich kandidiere, weil ich Grüner Politik in Duisburg ein konkretes Gesicht geben möchte; ich stehe für einen ökologischen Umbau unseres Industriestandortes und für soziale Gerechtigkeit.
Das wichtigste landespolitische Thema ist: Die Schaffung eines grünen und gesunden Landes NRW: konsequent für saubere Luft, gesunde Lebensmittel, Lärmschutz und wirksamen Tierschutz.
Für Duisburg will ich erreichen, dass NRW noch demokratischer wird; dass in NRW die Menschen noch leichter mit Volksbegehren direkt mitbestimmen können.
Christina Labusch studiert in Duisburg Politikwissenschaft und kandidiert bei der Landtagswahl für die FDP. Die 24-Jährige, die in Neudorf-Nord lebt und sich beim Verein "Weiße Schleife" engagiert, ist seit 2010 Kreisvorsitzende der Julis Duisburg, seit 2012 stellvertretende Landesvorsitzende der Jungen Liberalen und Mitglied im Jugendhilfeausschuss der Stadt Duisburg.
Einer ihrer Lieblingsorte im Wahlkreis ist der Innenhafen - "und bin im Sommer oft im Landschaftspark."
Ich kandidiere, weil es wichtig ist, dass sich auch jüngere Menschen in der Politik engagieren.
Das wichtigste landespolitische Thema ist: Ich trete für ein selbstbestimmtes Leben und eine offene Gesellschaft ein: Über die Ladenöffnungszeiten sollen allein Kunden und Händler entscheiden.
Für Duisburg will ich erreichen, dass es nach jahrzehntelanger Verschuldung zu einem Umdenken kommt. Nichtpflichtige Sozial- und Bildungsleistungen dürfen aber nicht einfach weggestrichen werden.
Die diplomierte Politikwissenschaftlerin Anna Conrads ist Direktkandidatin der Linken im Wahlkreis 62. Von 2010 bis Mitte März 2012 war die 33-Jährige Sprecherin für Innen- und Rechtspolitik der Landtagsfraktion.
Mitglied der Partei wurde die Neudorferin 2007. Außerdem war sie von 1999-2001 Mitglied des Kulturausschusses in Duisburg.
Ich kandidiere, weil ich mit der Linken im Landtag weiterhin meine Stimme erheben will gegen Rassismus und Rechtsextremismus.
Das wichtigste landespolitische Thema ist: Die Teilhabe aller Menschen an Bildung, Mobilität, Arbeit und Politik.
Für Duisburg will ich erreichen, dass zukunftsfähige und qualifizierte Arbeitsplätze in tariflicher Bezahlung erhalten bleiben. Außerdem soll Duisburg eine lebenswerte Stadt bleiben, mit Kultur, einem guten ÖPNV und einem leistungsfähigen öffentlichen Dienst.
Frank Börner aus Röttgersbach ist Direktkandidat der SPD im Wahlkresi 63 (Duisburg IV). Dieser umfasst die beiden Stadtbezirke Hamborn und Walsum.
Der 46-jährige kaufmännische Angestellte ist 1984 in die SPD eingetreten. Von 1994 bis 2004 saß er in der Bezirksvertretung Hamborn, seit 2004 im Rat der Stadt. In der Fraktion ist er Sprecher für die Themenfelder Wirtschaft, Stadtentwicklung und Verkehr.
Ozan Aksu aus Hamborn kandidiert für die Grünen. Der diplomierte Bauingenieur ist 2003 in die Partei eingetreten. Zwischen 2004 und 2008 war er Mitglied der Ratsfraktion, seit 2008 ist er Sprecher des grünen Ortsverbandes Hamborn.
Außerdem ist der 31-Jährige seit 2002 als Betreuer für Behinderte und Senioren mit Migrationshintergrund tätig.
Der Revierpark Mattlerbusch, insbesondere die Niederrhein-Therme, ist sein Lieblingsort im Wahlkreis.
Ich kandidiere, weil der Duisburger Norden einen grünen Abgeordneten aus seinen eigenen Reihen braucht.
Das wichtigste landespolitische Thema ist: Bildung, Soziales und Ökologie.
Für Duisburg will ich erreichen, dass unsere Schulen und Kitas nicht nur saniert werden, wenn die großen Parteien im Bundeswahlkampf sind. Wir haben hohe Schulden und viele soziale Probleme, aber Bildung ist das A und O für ein gemeinsames Miteinander und die finanzielle Unabhängigkeit eines Jeden.
Dirk Schlenke ist Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister und Inhaber eines Planungsbüros für Gebäudetechnik.
Der 51-Jährige aus Duisburg-Walsum möchte für die FDP in den Landtag gewählt werden.FDP-Mitglied ist der heute 51-Jährige seit 2006, drei Jahre später wurde er Bezirksvertreter in Walsum und 2012 Ortsvorsitzender in Duisburg-Nord.
Schlenke ist seit fast 20 Jahren Mitglied im Meisterprüfungsausschuss für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk.Sein Lieblingsort im Wahlkreis: die Rheinauen
Edith Fröse ist 61 Jahre alt und kandidiert für die Linke. Die Gewerkschaftssekretärin aus Walsum, wurde als Bergarbeitertochter vom Vater schon früh zur Maikundgebung „mitgeschleppt“ und so politisiert. Bereits als Schülerin mit 15 ist sie in die Gewerkschaft eingetreten, beschreibt sie ihren politischen Werdegang.
Aktiv ist sie zudem in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) und bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Ihr Lieblingsort im Wahlkreis: der Revierpark Mattlerbusch
Nach Recherchen der Redaktion sorgt innerparteilicher Streit nicht nur bei Leiendecker für Frust. Durch den sicher geglaubten Einzug der Piraten in den Landtag steigt die Mitgliederzahl und der Umgangston wird rauer. Besonders die Landtagskandidaten bewegen sich in einem Minenfeld, wenn sie Eigeninitiative ergreifen und sich ohne Rücksprache für bestimmten Themen engagieren. So setzte sich Leiendecker vor wenigen Wochen für den „Circus Caroli“ ein, der ohne Genehmigung in Großenbaum die Zelte aufgeschlagen hatte und deshalb in Geldnot geriet. Auch kämpft der 48-jährige Rahmer gegen die CO-Pipeline.
Shitstorm gegen Kandidaten
Ulrich Scharfenort, der Kandidat für den Duisburger Westen, wird wie der Südkandidat heftig von einigen Mitpiraten im Internet attackiert – dies heißt dort „Shitstorm“ –, weil er unabgesprochen offene Briefe an die Stadtverwaltung schrieb und ihr Fragen zu den Hochheider Hochhausruinen sowie zu Geldverschwendung bei den Stadtwerken stellte.
„So langsam schwillt mir der Kamm“, ärgert sich Pressesprecher Hans-Peter Weyer online und sein Stellvertreter Gerd Ruebenstrunk nennt die Alleingänge „unprofessionell, kontraproduktiv und zudem unsolidarisch.“ Man sei zwar basisdemokratisch, das heiße aber nicht, „dass jeder im Namen der Piraten tun und lassen kann, was er will.“ Solche Kritik will Frank Leiendecker nicht auf sich sitzen lassen. „Wenn aufgeregte Bürger vor der Tür stehen, dann kann ich nicht erst alle Piraten fragen, ob ich helfen darf.“ Es sei gut, wenn Kandidaten für bestimmte Dinge stünden, auch wenn sich die Partei dazu noch nicht positioniert habe.
„Wir sind eben anders als die etablierten Parteien“, sagt Leiendecker. Der frische Wind, den sie in die Politik bringen, sei wichtig – trotz aller Querelen.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.