Düsseldorf. Angesichts des Bevölkerungsschwundes in NRW will Integrationsminister Guntram Schneider gezielt im Ausland um Fachkräfte buhlen. „Wir brauchen eine Willkommenskultur, damit mehr Hochqualifizierte ins Land kommen“, sagte Schneider. Die Einwohnerzahl in Nordrhein-Westfalen sinkt kontinuierlich.
NRW verstärkt die Werbung um Zuwanderer. Zwar deuten steigende Zuzüge in den letzten Jahren auf die höhere Attraktivität des Landes. Doch sank die Bevölkerungszahl 2011 aufgrund der sinkenden Geburtenrate um 3204 Personen. Grund für Integrationsminister Guntram Schneider (SPD), im In- und Ausland die Werbetrommel zu rühren. „Wir brauchen eine Willkommenskultur, damit mehr Hochqualifizierte ins Land kommen“, sagte Schneider der WAZ Mediengruppe.
Das bevölkerungsreichste Bundesland schrumpft weiter – wenn auch langsamer. Im vergangenen Jahr sind 42.643 mehr Menschen nach NRW gezogen als abgewandert. Mit 333.727 Zuwanderern kamen so viele Migranten wie seit 17 Jahren nicht mehr. Auf der anderen Seite zogen 291.084 Personen aus NRW fort. Ende 2011 hatte das Land knapp 17, 85 Millionen Einwohner. Der positiven Wanderungsbilanz stand der negative Saldo bei Geburten und Sterbefällen gegenüber. 2011 wurden 143.097 Kinder geboren – aber es starben 188.944 Menschen.
Minister Schneider sieht Bevölkerungsentwicklung mit Sorge
Trotz der gestiegenen Zuzüge blickt Minister Schneider deshalb mit Sorge auf die Bevölkerungsentwicklung. Nach Berechnungen des Landesamtes für Statistik sinkt die Einwohnerzahl in NRW in den nächsten 40 Jahren auf 15,7 Millionen. Während Köln (+10%), Düsseldorf (+5,9%), Bonn (+11%) und Münster (+17%) auch langfristig „zulegen“ werden, verlieren die Städte im Ruhrgebiet. So schrumpft Hagen schon in den nächsten 20 Jahren um 15 Prozent der Einwohner.
Integrationsminister Schneider beklagt, dass viele gut ausgebildete Türken in ihre alte Heimat abwandern. „Eine Facharzt-Ausbildung kostet 300.000 Euro. Wenn der Arzt geht, haben wir mit Zitronen gehandelt.“ Nur wenn Zuwanderer spürten, dass sie angenommen werden, könnten sie zum Bleiben in NRW bewegt werden.
Rathäuser sollen zu „Willkommenszentren“ für Migranten werden
Schneider setzt zudem auf eine gezielte Ansprache von Hochqualifizierten im Ausland. „Hier müssen Bund und Land angesichts der demografischen Entwicklung und des drohenden Fachkräftemangels intensiv tätig werden.“ In einem Papier „Starkes Deutschland – gute Heimat“ drängt auch die Wirtschaftskommission der Bundes-CDU auf die direkte Anwerbung im Ausland. Auch sollen Rathäuser künftig zu „Willkommenszentren“ werden.
Mit der Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsabschlüsse will Schneider Anreize für Migranten schaffen, in NRW zu leben. Nach der Sommerpause wird der Minister einen Gesetzentwurf im Landtag einbringen, der die Anerkennung für 165 Berufe regelt. Nach Schätzungen des Ministeriums verfügen bis zu 80.000 Zuwanderer über Abschlüsse, die nicht anerkannt werden.
Knapp 190.000 Zuwanderer kamen 2011 aus dem Ausland nach NRW
Dass der Wanderungssaldo trotz der Hemmnisse schon heute positiv ist, hat eine Reihe von Gründen. Allein 188.711 Personen zogen im Vorjahr aus dem Ausland nach NRW – neben Bürgern aus Osteuropa wie Polen, Bulgarien und Rumänien kamen infolge der Wirtschaftskrise auch mehr junge Jobsuchende aus Spanien und Griechenland. Beliebtestes Auswanderungsziel der NRW-Bürger mit deutschem Pass blieb mit 2740 Fortzügen die Schweiz.
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Nicht nur die attraktiven Hochschulstandorte in Köln, Bonn, Aachen und Münster melden für 2011 einen positiven Saldo bei der Zuwanderung. In der Millionenstadt Köln standen 32.545 Zuzügen von außerhalb NRWs 26.580 Fortzüge gegenüber. Auch ins Ruhrgebiet zogen mit 211.000 Menschen knapp 7500 mehr Personen als dem Revier den Rücken kehrten. Spitzenreiter im Ruhrgebiet war Dortmund mit 2565 Neubürgern.
Kitas könnten schon 2030 für Senioren gebraucht werden
Einen negativen Trend hat NRW bisher nicht stoppen können: Fast 155.000 Menschen verlagerten ihren Wohnort in einen anderen Teil Deutschlands. Hingegen zog es im Vorjahr nur 145.016 Personen aus den anderen 15 Bundesländern nach NRW.
Der Bund der Steuerzahler drängt Kommunen mit sinkender Einwohnerzahl, das Straßennetz und das Angebot an Kindergärten, Freizeitanlagen, Bussystemen, Klär- und Müllanlagen rechtzeitig anzupassen. Manches kann kleiner werden. Und neue Kitas werden vielleicht schon 2030 für die steigende Zahl der Senioren gebraucht. Die Alternative liegt auf der Hand: Nur wenn die Zuwanderung weiter zunimmt, kann das Schrumpfen der Einwohnerzahl gestoppt werden.