Dortmund. Mit einer türkischsprachigen Pressemitteilung sorgt die Polizei Dortmund für Wirbel. “Seni bekliyoruz!“ (Wir erwarten Sie), schreibt die Behörde und lädt zu einem Info-Abend rund um den Polizeiberuf. Die Gewerkschaft der Polizei begrüßt das Werben um Migranten zwar, sieht in der Ansprache auf Türkisch aber “das falsche Signal“.

Regelmäßig lädt die Polizei in Dortmund junge Leute über die Medien zu Info-Veranstaltungen rund um den Polizeiberuf ein. Auch am Montag. Zwei Minuten nach der gewohnten Pressemitteilung ging da aber noch eine weitere über den Sender, die nun für Wirbel sorgt. "Seni bekliyoruz! - Polis Meslegi icin danisma toplantisi", heißt es da - "Wir erwarten Sie! - Beratungsgespräch zum Polizeiberuf". Was folgt, ist die Einladung zum Info-Abend, komplett auf Türkisch.

Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten, schon bald wird die Pressemitteilung bei einer Boulevardzeitung zur "Stellenanzeige nur für Migranten". Das, betont Kim Freigang, sei natürlich falsch: "Das ist eine Einladung zu der Info-Veranstaltung, keine Stellenanzeige!" Und die Einladung richte sich, auch das betont der Polizeisprecher, nicht an die potenziellen Bewerber selbst.

Polizei wollte türkische Eltern von Abiturienten erreichen

"Der Info-Abend ist für junge Leute, vor allem Abiturienten. Unsere Idee war, deren Eltern anzusprechen", erklärt Freigang. Ältere Einwanderer aus der Türkei seien der deutschen Sprache nun einmal nicht unbedingt so mächtig. Trotzdem hätten sie häufig einen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder. "Das ist ja nicht nur bei Migranten so." Natürlich müssten die Bewerber Deutsch sprechen, betont der Polizeisprecher. Und der Info-Abend richte sich keineswegs nur an Türken - sondern an alle. "Toplantimiz almanca yapilacaktir!", heißt es am Schluss der Mitteilung: "Unser Treffen wird in Deutsch abgehalten werden!"

Bei der Dortmunder Polizei sieht man kein Problem in der Fremdsprachen-Mitteilung. "Wir wollten", sagt Freigang, "Verständnis für den Polizeiberuf herstellen - im doppelten Sinne." Man habe aber durchaus mit einem gesteigerten Interesse durch die ausschließlich türkische Ansprache gerechnet - eine Art kalkulierter Tabubruch. "Das war schon Absicht", räumt Ben Freigang freimütig ein. "Wir wollten gucken: Was passiert, wenn wir Neuland betreten? Findet das Niederschlag?"

Die regelmäßige Pressemitteilung für die Info-Veranstaltungen werde schließlich kaum noch beachtet. "Hätten wir den deutschen und türkischen Text zusammen verschickt, hätte das keinen interessiert", glaubt der Polizeisprecher. Deshalb sei man ein bisschen stolz auf die Aufmerksamkeit - aber auch überrascht über die Heftigkeit mancher Reaktionen.

Gewerkschaft sieht in der Einladung das falsche Signal

Sieht die türkischsprachige Pressemitteilung kritisch: Frank Richter, NRW-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei.
Sieht die türkischsprachige Pressemitteilung kritisch: Frank Richter, NRW-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. © Roy Glisson/WAZ FotoPool

Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW nämlich kommt die türkischsprachige Einladung gar nicht gut an. Grundsätzlich begrüße man es ja, dass mehr Migranten zur Polizei kommen. "Die Pressemitteilung ist gut gemeint, eine ganz tolle Idee", sagt GdP-Landeschef Frank Richter. "Aber sie ist auch das falsche Signal, ein verheerendes Signal."

Warum? Weil durch den ausschließlich türkischen Text vor allem jene Migranten angesprochen würden, die nicht richtig in Deutschland angekommen seien, weil sie als Türken angesprochen würden, nicht als Bürger Deutschlands. "Polizei muss die Gesellschaft widerspiegeln", sagt GdP-Sprecher Stephan Hegger, und Polizeibeamte mit Migrationshintergrund brächten wichtige und gute zusätzliche Kompetenzen mit. Aber: Deutsche Polizisten seien nun mal deutsche Polizisten, die deutsche Sprache gehöre da zwingend dazu.

Innenministerium will Pressemitteilung nicht kommentieren

Im Innenministerium will man die Pressemitteilung aus Dortmund nicht weiter kommentieren. "Die Polizeibehörden sind für das, was sie herausgeben, selbst verantwortlich", sagt Sprecher Wolfgang Beus auf Anfrage. Aber: Dass die Polizei in NRW auf junge Leute mit Zuwanderungsgeschichte zugehe, sei mittlerweile doch bekannt. "Das machen wir gezielt, wollen wir ja!"

In Dortmund will man so auch weiter gezielt in fremdsprachlichen Mitteilungen auf Migranten zugehen. Die erste Pressemitteilung auf Polnisch? "Wird kommen!", sagt Kim Freigang - und erzählt, wie er vor Kurzem versucht hat, Hinweise zur Prävention auf Russisch auf den Presseverteiler zu bekommen. Dabei scheiterte er. Das Textsystem kam mit den kyrillischen Sonderzeichen nicht klar.

  • Wer sich über den Polizeiberuf informieren will, kann das am Mittwoch, 16. Mai, in Dortmund tun: Polizeipräsidium, Markgrafenstraße 102, 16 bis 18 Uhr - eine Anmeldung ist nicht erforderlich.