Berlin/Essen. . Innerhalb von fünf Jahren ist der Männeranteil in den Vorständen der 200 größten Unternehmen Deutschlands um zwei Prozentpunkte gesunken - trotzdem liegt er noch immer bei fast 97 Prozent. DIW-Expertin Elke Holst fordert von Unternehmen mehr als neue „freiwillige Selbstverpflichtungen“.

Der Fortschritt ist messbar, belegt das „Managerinnen-Barometer 2010“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin: Seit 2006 stieg die Zahl der Frauen in den Vorständen der 200 größten Unternehmen (ohne Finanzbranche) um 18. 877 der 906 Vorstandsposten waren im Jahr 2010 mit Männern besetzt; ihr Anteil sank innerhalb der letzten fünf Jahren um zwei Punkte – auf 96,8 Prozent.

„Dieses Plus an Frauen in den Vorständen ist schlicht zu wenig“, sagte die DIW-Expertin Elke Holst bei Vorstellung der Studie in Berlin. Seit 2001 sei die Lage fast unverändert: 2,2 Prozent der Vorstände in den DAX30-Unternehmen sind weiblich.

„Freiwillige Selbstverpflichtung reicht nicht mehr“

Der deutlich höhere Frauenanteil in den Aufsichtsräten (10,6 Prozent) erkläre sich allein dadurch, dass die Gewerkschaften und Betriebsräte viele Frauen entsenden. Rund 70 Prozent aller Frauen in den Aufsichtsräten sitzen auf der Arbeitnehmerseite.

„Die Unternehmen haben sich schon 2001 für mehr Frauen in Führungspositionen ausgesprochen“, erinnerte Holst an die langjährige Debatte. Angesichts dieser Versprechen sei das Ergebnis eher spärlich.

„Freiwillige Selbstverpflichtungen wie bisher“ reichten nicht mehr. Unternehmen, die den Frauenanteil in den Spitzenfunktionen signifikant steigern wollten, müssten sich auf „verbind­liche Zielgrößen“ verpflichten und diese in festen Zeiträumen umsetzen, forderte die DIW-Expertin.

Aktionärinnen mit vielen Fragen

Eine gesetzliche Quote von mindestens 40 Prozent Frauen in Führungspositionen fordert dagegen der Deutsche Juristinnen-Bund (djb) in Berlin. Mehr als hundert seiner Mitglieder bereiten sich gerade darauf vor, in den nächsten Wochen wieder Hauptversammlungen aller DAX30-Unternehmen sowie die von 45 großen deutschen Konzernen zu besuchen.

Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung“ heißt die Kampagne, die 2012 zum dritten Mal stattfindet. Mehr als hundert Mitglieder werden durch die Republik reisen und als Aktionärinnen sie ihr Fragerecht nutzen. Öffentlich und detailliert werden sie wieder die Vorstände dazu befragen, warum sie bisher so wenig Spitzenfrauen fürs Haus gefunden haben, was sie künftig dafür tun wollen und welche konkreten Ziele sich sich setzen. Erster Termin in Nordrhein-Westfalen: am Freitag dieser Woche in Bochum, beim Stahl-Konzern ThyssenKrupp.

„Deprimierendes Ergebnis“

Birgit Kersten, Rechtsanwältin und Buchprüferin aus Niedersachsen, koordiniert die Kampagne des Juristinnenbundes auch in diesem Jahr. Die Ergebnisse des jüngsten Managerinnen-Barometers findet sie „deprimierend“. „Wenn das so weitergeht mit den Zuwachsraten, haben Frauen frühestens in 50 Jahren die Hälfte der Vorstandsposten erobert.“