Essen. . Bahnfahrer müssen weiter mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Nach Beendigung des dreistündigen Streiks der Lokführer-Gewerkschaft GDL wird es noch Stunden dauern, bis der Verkehr wieder regulär läuft. Zum Nachlesen im Liveticker.
Bahnreisende müssen weiter bundesweit mit vielen Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Die Mitglieder der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) haben ihren dreistündigen Streik bis 11.30 Uhr beendet. Der Ausstand hat sowohl die Deutsche Bahn (DB) als auch die sechs großen privaten Bahnunternehmen getroffen. NRW war erneut einer der Schwerpunkte. Viele Fernverkehrszüge sind in Bahnhöfen stehengeblieben und setzen ihre Fahrt nach Beendigung des Streiks fort. Auch bei den S-Bahnen und Regionalzügen gab es viele Ausfälle in NRW.
Bis der Nahverkehr wieder regulär funktioniert kann es noch Stunden dauern. Im Fernverkehr wird es bis in den Abend zu Verspätungen kommen. In der Spitze hinken die ICEs rund 200 Minuten hinter dem Fahrplan her. Der Freitag gilt als der Hauptreisetag bei der Bahn. Bereits am Dienstag hatte ein Warnstreik der Lokführer für Frust bei den Bahnfahrern gesorgt.
Der S-Bahn-Verkehr in Essen und Köln sei teilweise komplett zum Erliegen kommen, berichtet der Vorsitzende der GDL-NRW, Frank Schmidt, im DerWesten-Gespräch. Die Euregiobahn in Aachen habe ihren Betrieb zeitweise vollständig eingestellt. Auch bei der Eurobahn, die zwischen Venlo und Bielefeld verkehrt, habe es erhebliche Zugausfälle gegeben.
Rund 250 Lokführer sind in NRW der Streik-Aufforderung durch ihre Gewerkschaft nachgekommen. Damit liege die Streikbereitschaft bei nahe 100 Prozent, so die GDL. Schmidt zeigte sich zufrieden mit dem Warnstreik: "Wir hoffen, dass durch die massiven Einschränkungen bei den privaten Unternehmen der Druck auf die Deutsche Bahn so groß geworden ist, dass sie endlich ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegt."
Alle bestreikten Züge haben nach Angaben eines Bahnsprechers in einem Bahnhof Halt gemacht. "Trotzdem denke ich, dass das mit dem zweiten Streik in vier Tagen und ausgerechnet auch noch am verkehrsreichen Freitag für viele Bahnkunden eine Zumutung ist". Besonders betroffen waren die S-Bahn-Linien 12 und 13 im Rheinland mit 80 bzw. 90 Prozent Ausfällen. Die S1 zwischen Dortmund dem Ruhrgebiet und Solingen fuhren ebenfalls nur zu 50 Prozent. Dazu kamen zahlreiche weitere Ausfälle bei den Regionalbahnen und Fernzüge mit mehreren Stunden Verspätung.
Streit zwischen Gewerkschaft und Bahn
Während die Bahnfahrer in der Kälte bibberten und auf einen Zug warteten, machten sich die Lokführer-Gewerkschaft und die Deutsche Bahn gegenseitig Vorwürfe. In einer Pressemitteilung weist DB-Personalvorstand Ulrich Weber "falsche Behauptungen" der GDL zurück: "Statt unverzüglich weiter zu verhandeln, setzt die GDL ihre Irrfahrt fort. Die Beeinträchtigungen für unsere Kunden sind unverhältnismäßig. Die DB und ihre Kunden sind die falschen Adressaten."
Die GDL fordert einen Flächentarifvertrag für alle Lokführer in Deutschland. Sie will eine Lohnerhöhung um fünf Prozent auf dem Niveau des Marktführers Deutsche Bahn, einheitliche Qualifizierungsstandards und eine Absicherung bei Berufsunfähigkeit.
Viele Kunden haben auf den erneuten Warnstreik relativ gelassen reagiert. Frank Maywald sagte am Dortmunder Hauptbahnhof: "Streik ist immer anstrengend, aber das soll doch auch so sein. Obwohl ich heute noch gut von Lünen weg gekommen bin. Nicht so wie beim letzten Streik. Aber ich bin selbst bei Verdi und bin froh, dass jemand hinter einem steht und einen unterstützt." Anders sieht das Stephan Wiehe. Er möchte mit seiner Frau nach Berlin: „Mich ärgert die kurze Vorlaufzeit. Die Streik-Ansage kam erst am Donnerstagabend. Das ist eine Unverschämtheit. Die Lokführer können ja streiken, aber die Reisenden müssen genug Zeit haben, sich einzustellen“, sagt der Essener.
Streik-Tourismus in Essen
Einige sind offenbar auf das Auto umgestiegen, obwohl die steigenden Benzinpreise auch hier für Frust sorgen dürften. Der Streik treibt zudem seltsame Blüten - zum Beispiel Streik-Tourismus. Siegfried Pravemann aus Heiligenhaus ist aus Neugier im Essener Bahnhof. "Ich finde den Streik gerechtfertigt. Das lohnt sich doch nur, wenn es weh tut." Wie Pravemann zum Essener Hauptbahnhof gekommen ist? Mit dem Auto natürlich.
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