Essen. . Die Auswirkungen des ersten Warnstreiks, zu dem die Lokführergewerkschaft GDL aufgerufen hatte, bekamen auch Pendler und Reisende in Essen zu spüren. Er traf nur wenige Passagiere unvorbereitet. Bei vielen stieß der Arbeitskampf auf Verständnis.
Man darf denken, dass der Taxibetrieb floriert, wo die Bahn streikt. Ist aber nicht so, sagt Chauffeur Klaus Schmidt, während er vor dem Essener Hauptbahnhof wartet.
Es ist nicht der erste Streik, den der Fahrer von Taxi Essen miterlebt. „Wenn kein Zug ankommt, fährt auch keiner Taxi“, fasst er seine Bahnstreik-Erfahrungen zusammen. Der Berufspendler nehme gemeinhin lieber das Zuspätkommen als den Preis von rund 35 Euro für eine Fahrt etwa nach Duisburg in Kauf. Brummen werde der Taxi-Betrieb also erst, wenn wieder Züge gen Essen rollen, „dann haben es die Ankommenden eilig, Verspätungen aufzuholen“, sagt Schmidt.
Warnstreik trifft nur wenige Passagiere unvorbereitet
Von 6 bis 8 Uhr morgens ruhte gestern der Bahnverkehr streikbedingt. Doch den Engländer Jason Connors überrascht die Aktion der Gewerkschaft GDL. So steht er ratlos in der Schalterhalle des Essener Hauptbahnhofs und blickt auf die Anzeigetafel. Sein Etappenziel Düsseldorf steht noch auf der Anzeigetafel, „40 Minuten Verspätung. Aber was ist mit dem Anschlusszug?“, fragt der Engländer.
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Antwort könnten ihm darauf nur die Mitarbeiter des Bahn-Service-Punktes geben. Doch vor dem Tresen haben sich längst Schlangen gebildet. Von heißem Gratis-Tee, wie er gestern Wartenden im Berliner Hauptbahnhof gereicht wurde, ist in Essen nichts zu sehen. „Hier geht nichts mehr, ich weiß nicht, wie ich nach Köln kommen soll“, spricht ein junger Mann entnervt in sein Handy. Selbst das nahe gelegene Duisburg, so erklärt ein Berufspendler, sei kaum zu erreichen, wenn der Regionalverkehr nicht fahre.
Verständnis für den Arbeitskampf
Kerstin Knebel hat es auf dieser Strecke während eines früheren Zugausfalls mit Bus und Tram versucht, „da war ich zweieinhalb Stunden unterwegs. Das ist auch keine Lösung“, sagt sie. Früher das Haus zu verlassen, um vor Streikbeginn zur Arbeit zu kommen, scheide jedoch auch aus. „Ich habe Kinder, die zur Grundschule gehen.“
Ob sie dennoch Verständnis hat für den Arbeitskampf mitten im Berufsverkehr? „Ja, es macht doch nur Sinn zu streiken, wenn man möglichst viele Leute damit erreicht.“ Dem pflichtet Pascal Nerwing bei. Aus Dortmund kommt er, per Mitfahrgelegenheit über die Autobahn. Nach Düsseldorf will er – nun mit der Bahn.
Entschuldigung für die Mathestunde
Neben dutzenden anderen Fahrgästen steht er vor der Anzeige-Tafel. Rund 25 Minuten Verspätung muss er einkalkulieren. Spricht’s und wandert zum nächsten Getränkestand. Heißer Kaffee geht gut an diesem Morgen. „Das hilft, wenn’s so kalt ist wie heute “, sagt Schülerin Nicole Mettner. Ihr Zug falle nicht aus, habe nur erhebliche Verspätung, „macht nichts“, sagt sie leichthin, „da habe ich wenigstens eine gute Entschuldigung für die Mathestunde.“
Insgesamt ist die Stimmung an diesem ersten Warnstreiktag ohnehin ruhig. Die Reisenden äußern Verständnis – oder sind gleich mit einem „Plan B“ zum Bahnhof gefahren. Ein Ehepaar etwa, das zum Flieger nach Frankfurt muss, verfolgt die Verspätungs-Anzeigen entspannt. „Wir sind mit dem Auto hier. Wenn der Zug nicht kommt, fahren wir damit nach Frankfurt.“ Ohnedies blieb die Menge der Wartenden überschaubar. Wer die Möglichkei hatte, war auf andere Transportmöglichkeiten umgestiegen. Für alle anderen galt - angesichts der kurzen Streikdauer - „Die Bahn kommt“. Und mal ehrlich: So ungewöhnlich sind Verspätungen im Zugverkehr nun wieder auch nicht.