Duisburg/Essen. Wahlkämpfer Olaf Scholz besucht Thyssenkrupp in Duisburg. Kommt ein Staatseinstieg? Sein Rivale Friedrich Merz hat Position bezogen.

Am Dienstag (4.2.) wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Thyssenkrupp Steel in Duisburg erwartet. Im Anschluss an einen Werksbesuch sei ein Statement von Scholz mit Thyssenkrupp-Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol vor den Werkstoren geplant, kündigte die NRW-SPD an. Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, die aus Duisburg stammt, und der SPD-Abgeordnete Mahmut Özdemir sowie der Chef der IG Metall, Knut Giesler, und Thyssenkrupp-Aufsichtsratsvize Jürgen Kerner sollen mit von der Partie sein, wenn der Kanzler über Deutschlands größten Stahlkonzern spricht. Nach seinem Besuch in Duisburg wolle Scholz nach Gelsenkirchen weiterreisen, um mit Vertreterinnen und Vertretern der Genossenschaft „Auf Schalke“ ins Gespräch zu kommen. Ein kurzer Stadionrundgang stehe ebenfalls im Wahlkampf-Terminkalender des Kanzlers.

Vor dem Kanzlerbesuch in Duisburg schwelt die Debatte über einen möglichen Staatseinstieg bei Deutschlands größtem Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel weiter. Sarah Philipp, die Vorsitzende der NRW-SPD, sagte unserer Redaktion, es sei richtig, dass Scholz „einen temporären staatlichen Einstieg bei Thyssenkrupp nicht ausschließt“. Philipp argumentiert: „Dass ein solcher Einstieg für das Unternehmen und den Staat von beiderseitigem Vorteil sein kann, zeigen nicht zuletzt die Beispiele der Meyer-Werft in Papenburg, des Energieunternehmens Uniper oder der Lufthansa während der Corona-Pandemie.“

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#2 Das toxische Erbe der Thyssenkrupp-Chefs

Am Abgrund – Die Thyssenkrupp-Story

Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich unlängst zur Frage eines möglichen Staatseinstiegs bei Thyssenkrupp Steel geäußert. „Ich will es nicht völlig ausschließen. Aber das kann nur eine Notlösung sein auf Zeit“, sagte Merz Mitte Januar 2025 vor Arbeitnehmervertretern in Bochum. „Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer“, betonte Merz in diesem Zusammenhang. „Es ist allenfalls mal für eine Übergangszeit gerechtfertigt, so etwas zu machen. Am Ende des Tages muss ein privatwirtschaftliches Unternehmen am Markt bestehen können.“

Friedrich Merz befeuert Debatte über „Deutsche Stahl AG“

Unions-Kanzlerkandidat Merz regte auch Gespräche über Zusammenschlüsse der heimischen Stahlhersteller an. „Es hat ja immer mal die Diskussion über eine ,Deutsche Stahl AG‘ gegeben“, sagte Merz in Bochum. Die Frage stelle sich, „ob wir da nicht Möglichkeiten haben“. Das europäische Kartellrecht sollte seiner Einschätzung zufolge mehr ermöglichen. „Wettbewerb findet auch im Stahlsektor nicht nur in Europa statt, sondern in der ganzen Welt“, merkte der CDU-Chef an. „Wir brauchen in Europa wettbewerbsfähige Stahlproduzenten.“

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (Bildmitte), Thyssenkrupp-Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol (links) und CDA-Chef Dennis Radtke am 13. Januar in Bochum. „Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer“, sagte Merz in Bochum. „Es ist allenfalls mal für eine Übergangszeit gerechtfertigt, so etwas zu machen.“
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (Bildmitte), Thyssenkrupp-Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol (links) und CDA-Chef Dennis Radtke am 13. Januar in Bochum. „Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer“, sagte Merz in Bochum. „Es ist allenfalls mal für eine Übergangszeit gerechtfertigt, so etwas zu machen.“ © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, Dennis Radtke, sieht jedenfalls Handlungsbedarf mit Blick auf Thyssenkrupp. „Die Zukunft der deutschen Stahlindustrie muss eines der Top-Themen für die neue Bundesregierung sein, das direkt nach der Wahl angepackt werden muss“, sagte Radtke unserer Redaktion. So seien unter anderem niedrigere Energiepreise geboten. „Wir müssen verlässlich runter mit den Energiekosten“, mahnte der CDU-Europaabgeordnete. „Und wir brauchen eine klare Haltung der Bundesregierung mit Blick auf Brüssel. Handelsschutz-Instrumente müssen dort endlich auf die Tagesordnung gesetzt werden.“

Ende vergangenen Jahres hatte das Thyssenkrupp-Management angekündigt, 11.000 Arbeitsplätze in der Stahlsparte abbauen oder ausgliedern zu wollen. Zudem laufen Gespräche mit dem tschechischen Geschäftsmann Daniel Kretinsky zur Bildung eines Stahl-Gemeinschaftskonzerns, an dem beide Seiten jeweils die Hälfte der Anteile halten sollen. 20 Prozent an Thyssenkrupp Steel hat Kretinsky bereits gekauft.

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