Essen. Viele Krankenkassen werden im neuen Jahr deutlich teurer. Nach dem Marktführer TK geben weitere Kassen bekannt, wie stark ihre Beiträge steigen.

Noch vor Weihnachten müssen alle gesetzlichen Krankenkassen ihre Beitragssätze für 2025 verkünden. Spaß macht ihnen das in diesem Jahr nicht, denn die meisten Kassen werden zum neuen Jahr teurer als ohnehin befürchtet. Die erste Schockmarke setzte die Knappschaft, deren Krankenkasse künftig noch teurer ist als die Rentenversicherung. Und mit der Techniker (TK) hat nun auch die bundesweit größte Kasse, die zugleich immer zu den günstigsten zählte, eine drastische Beitragserhöhung beschlossen. Weitere folgen Tag für Tag.

Die TK verdoppelt ihren Zusatzbeitrag von bisher 1,2 Prozent zum 1. Januar 2025 auf 2,45 Prozent. Das habe der Verwaltungsrat beschlossen, teilte die Marktführerin am Mittwoch mit. Mit dem allgemeinen, für alle gleichen Beitragssatz von 14,6 Prozent kommt die Techniker so auf insgesamt 17,05 Prozent, die sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder Rentenversicherung hälftig teilen. Für Versicherte wird ihre Kasse damit um 0,6 Prozent teurer, was bei einem durchschnittlichen Monatsbruttogehalt von rund 4400 Euro immerhin eine Erhöhung um 26,40 Euro bedeutet.

Knappschafts-Krankenkasse bald teurer als die Rentenkasse

Zuvor hatten bereits mehrere große Krankenkassen deutliche Beitragserhöhungen angekündigt. Die AOK Nordwest hebt ihren Zusatzbeitrag um 0,9 auf 2,79 Prozent an. Die AOK Rheinland/Hamburg kündigte am Freitag an, um knapp acht Prozentpunkte von 2,2 auf 2,99 Prozent anzuziehen. Mit Abstand den größten Sprung macht bisher die Bochumer Knappschafts-Krankenkasse: Sie erhöht zum 1. Januar ihren Zusatzbeitrag um 1,7 Punkte auf den Rekordwert von 4,4 Prozent. Mit einem Beitragssatz von insgesamt 19,0 Prozent ist die Knappschaft damit als erste gesetzliche Krankenkasse teurer als die Rentenversicherung. Deren Beitragssatz von 18,6 Prozent bleibt zum neuen Jahr immerhin stabil.

Vor Weihnachten kommen nun täglich weitere Kassen hinzu, zuletzt KKH und HKK. Die Verwaltungsräte der neben der TK und der AOK Nordwest in NRW besonders wichtigen Kassen Barmer und AOK Rheinland/Hamburg haben noch nicht darüber entschieden, erwartet wird dies bis Ende dieser Woche.

Lauterbachs Zusatzbeitrag von 2,5 Prozent reicht den meisten Kassen nicht aus

„Die starken Ausgabensteigerungen, vor allem in den Bereichen Krankenhaus und Arzneimittel, betreffen alle Krankenkassen. Den aktuellen Entwicklungen kann sich auch die TK nicht entziehen“, erklärt Dieter Märtens, der Vorsitzende des TK-Verwaltungsrats. Die finanzielle Lage der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sei „mehr als angespannt“. Das komme nicht überraschend und habe strukturelle Gründe, die die Ampel-Regierung habe angehen wollen. „Doch trotz zahlreicher Versprechen ist nichts passiert“, klagt Märtens.

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Die TK betont gleichwohl, sie liege weiter unter dem amtlichen Zusatzbeitrag. Den hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für 2025 auf durchschnittlich 2,5 Prozent festgesetzt. Allerdings zeigt sich nach den ersten Meldungen der Kassen, dass viele mit dem von Lauterbach prognostizierten Anstieg um 0,8 Prozentpunkte nicht auskommen. Der Beitragsschock wird damit noch heftiger als ohnehin befürchtet. Im neuen Jahr werden die Sozialbeiträge für die allermeisten Beschäftigten deutlich über 40 Prozent liegen. Diese Marke nennen Arbeitgeberverbände regelmäßig als Obergrenze, die der Gesetzgeber deckeln müsse.  Zuletzt waren die Sozialversicherungen zum Ende der Ära Helmut Kohl so teuer wie heute.

Knappschaft und TK fordern Reformen

„Das ist der Ruf eines Ertrinkenden und es ist nicht der erste, der zu hören ist“, sagte Knappschafts-Chef Michael Weberink nach der Anhebung unserer Redaktion. „Wir haben eine strukturelle Fehlfinanzierung in Deutschland. Wir investieren wahnsinnig viel in unser Gesundheitssystem, erzielen mit ihm im internationalen Vergleich aber nicht deutlich bessere Ergebnisse. Das bezahlen die Versicherten und die Arbeitgeber über ihre Beiträge.“

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Auch die Techniker pocht auf Reformen und Kostenbremsen von der Politik. „Wir fordern von der nächsten Regierung, dass für die Finanzierung staatlicher Aufgaben auch der Staat aufkommt und die Kosten nicht weiter auf die Beitragszahlenden abgewälzt werden“, so Dominik Kruchen, der Märtens als Verwaltungsratschef ablösen wird. Und: „Wir kritisieren als Selbstverwaltung außerdem scharf, dass die Politik die Beitragssatzautonomie der Kassen durch immer schärfere Regeln eingeschränkt und sich an den Rücklagen der Krankenkassen bedient hat.“

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