Oberhausen/Essen. Bei MAN Energy Solutions untersagt die Bundesregierung einen Verkauf des Gasturbinen-Geschäfts nach China. Die Sparte wird nun abgewickelt.
Die Bundesregierung untersagt den vom deutschen Anlagenbauer MAN Energy Solutions geplanten Verkauf des Gasturbinen-Geschäfts an einen chinesischen Konzern. Die Entscheidung, den Verkauf der Gasturbinen-Sparte an die CSIC Longjiang GH Gas Turbine Co. Ltd. (GHGT) nicht zu genehmigen, sei gefallen, erklärte MAN Energy Solutions gegenüber unserer Redaktion. „Wir respektieren die Entscheidung der Bundesregierung“, betonte das Unternehmen. Geplant sei nun, die Gasturbinen-Sparte abzuwickeln.
„Die genaue Anzahl der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird derzeit noch ermittelt.“ Zum Gasturbinen-Geschäft von MAN Energy Solutions (MAN ES) gehören früheren Unternehmensangaben zufolge rund 100 Arbeitsplätze, davon etwa 80 in Oberhausen und 20 weitere in Zürich. „Wir sind bestrebt, die Auswirkungen auf unsere Belegschaft so gering wie möglich zu halten und werden eng mit den Mitarbeitervertretungen zusammenarbeiten, um faire und sozialverträgliche Lösungen zu finden“, so MAN Energy Solutions.
Vor einem Jahr hatte der VW-Tochterkonzern bekannt gemacht, das Gasturbinen-Geschäft mit Standorten in Oberhausen und Zürich an das chinesische Unternehmen GHGT abgeben zu wollen. Der Firma werden allerdings enge Verbindungen zur chinesischen Rüstungsindustrie nachgesagt. Das von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) geführte Bundeswirtschaftsministerium kann Firmenverkäufe untersagen, wenn es die „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ gefährdet sieht.
„Die ganze Zeit in engem Austausch mit den zuständigen Behörden“
Die chinesische Firma GHGT entwickelt Unternehmensangaben zufolge kleine und mittlere Gasturbinen im Leistungsbereich von fünf bis 50 Megawatt sowie Hochleistungs- und Verbrennungstechnologien. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der China State Shipbuilding Corporation (CSSC) und hat seinen Hauptsitz im chinesischen Harbin.
Die Eigentümerstruktur von GHGT sei dem Ministerium sowie Geschäftspartnern und Mitarbeitenden von Anfang an transparent kommuniziert worden, wird bei MAN Energy Solutions betont: „Wir befanden uns die ganze Zeit in engem Austausch mit den zuständigen Behörden zum Verkauf.“ Auch mit einer möglichen Nutzung der MAN-Technologien durch die chinesischen Käufer habe sich der Konzern frühzeitig beschäftigt. Aus Gutachten spezialisierter Professoren in Deutschland sei hervorgegangen, warum ein Einsatz der MAN-Turbinen auf Militärschiffen oder gar in Kampfjets oder Drohnen technologisch nicht sinnvoll sei. „Auch eine Nutzbarkeit des Know-hows bei der Entwicklung militärischer Fähigkeiten haben diese Gutachten verneint“, heißt es bei MAN.
Gutachten zur möglichen militärischen Anwendung der Turbinen
„Die Gefahr, der erworbenen Technologie in militärischer Anwendung zu begegnen, die ohne diesen Einkauf nicht möglich wäre, wird als gering eingeschätzt“, erklärte demnach Professor Konrad Vogeler von der Technischen Universität Dresden in einem Gutachten für MAN Energy Solutions. „Ein direkter Einsatz von MAN ES-Technologie im militärischen Bereich, den GHGT nicht heute schon aus eigener Kraft anbietet, kann nicht erkannt werden.“
Konzernintern lief der nun abgesagte Verkauf unter dem Projektnamen „Grasshopper“. Der VW-Tochterkonzern MAN Energy Solutions produziert und wartet an den Standorten in Oberhausen und Zürich unter anderem Gasturbinen vom Typ MGT bis zu einer Größe von acht Megawatt. Die Turbinen werden unter anderem zur Energieproduktion eingesetzt – und als mechanischer Antrieb beispielsweise bei Pipelines. Das Geschäft, das an den chinesischen Konzern verkauft werden soll, stehe „nicht mehr im Zentrum der Wachstumsstrategie“ von MAN Energy Solutions, erklärte das Unternehmen schon vor Monaten zur Begründung des geplanten Deals. Beim angestrebten Verkauf des Gasturbinen-Geschäfts nach China war Unternehmensangaben zufolge eine fünfjährige Standortgarantie für Oberhausen und Zürich vereinbart worden.
Trennung vom Gasturbinen-Geschäft vor Jahren beschlossen
Seit Jahrzehnten beliefert MAN Energy Solutions Chemie-, Öl- und Gaskonzerne und stellt Bauteile für Schiffsmotoren her. Zunehmend will die VW-Tochter nun Anlagen produzieren, die im Kampf gegen den Klimawandel nützlich sein können. „Wir richten uns derzeit konsequent neu aus“, sagte Uwe Lauber, der Vorstandschef von MAN Energy Solutions, vor einigen Monaten im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die Entscheidung zur Trennung vom Gasturbinen-Geschäft hatte MAN Energy Solutions im Jahr 2020 im Zuge eines Programms getroffen, das konzernintern „Performance 2023“ heißt. Auf die weiteren Beschäftigten in den Werken von MAN Energy Solutions Oberhausen und Zürich sowie die übrigen dort gefertigten Produkte habe der Verkauf keine Auswirkungen, so das Unternehmen. In Oberhausen sollten demnach rund 1600 Mitarbeitende bleiben, in Zürich etwa 800. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats von MAN Energy Solutions, Gunnar Kilian, ist auch VW-Vorstandsmitglied und hier für das Personal zuständig.
Chinesische GHGT wollte eigene Tochtergesellschaft in Deutschland gründen
Im vergangenen Juni hatte das chinesische Unternehmen mitgeteilt, es wolle am Standort Oberhausen künftig „wichtige neue Produkte und Technologien im Bereich kleine und mittlere Gasturbinen“ entwickeln. Dafür habe GHGT eine neue deutsche Tochtergesellschaft namens Guanghan Gas Turbine GmbH mit Sitz in Oberhausen gegründet. Sie werde 80 bis 90 Beschäftigte haben. Schwerpunkte sollen unter anderem bei Themen wie der Wasserstoff- und Ammoniakverbrennung liegen.
Vor einigen Monaten hatte die Bundesregierung bereits den Erwerb der Dortmunder Chipfirma Elmos durch ein chinesisches Unternehmen untersagt. Die Bundesregierung prüfe bei Firmenübernahmen genau, wenn es um wichtige Infrastrukturen gehe oder wenn die Gefahr bestehe, dass Technologie an Erwerber aus Nicht-EU-Ländern übergehe, hatte das Bundeswirtschaftsministerium in diesem Zusammenhang erklärt.
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