Oberhausen. Die VW-Tochter MAN Energie Solution mit ihrem großen Werk in Oberhausen will ein Geschäftsteil verkaufen. Doch ein Veto droht - wegen China.

Dass dies in diesen Zeiten kein normaler formaler Akt der Behörden werden wird, war allen Beteiligten klar: Die VW-Tochter MAN Energy Solutions (Augsburg) versucht im Rahmen eines Sparprogramms seit 2020 ein Teil ihres Geschäftes, nämlich die Produktion von kleineren Gasturbinen, zu verkaufen - ausgerechnet China zeigt daran Interesse, wie im Juni 2023 bekannt wurde. Doch solch ein Geschäft müssen gleich mehrere Ministerien der Bundesregierung als unbedenklich einstufen - in Zeiten der weltweit zunehmenden Spannungen zwischen den Blöcken China und Russland sowie dem Westen eine hohe Hürde.

Tatsächlich zeichnet sich nach aktuellen Informationen des Handelsblattes ab, dass die Bundesregierung den Handel untersagen wird. Die Wirtschaftsredaktion beruft sich dabei auf mehrere Quellen, die mit dem Vorgang vertraut sind. Grund für die Untersagung seien massive Sicherheitsbedenken. Seit dem Angriffskrieg von Rußland gegen die Ukraine herrscht in Berlin die Auffassung, man müsse sensible Infrastruktur schützen - und besonders darauf schauen, ob wichtiges Wissen für die Produktion von Gütern, die neben dem zivilen Einsatz auch zu Kriegszwecken verwendet werden können, abfließen kann. Gasturbinen können sowohl in Pipelines bei der Energieproduktion, aber auch in Kriegsschiffen als Motoren ihre Aufgaben erledigen.

MAN Energy Solutions: Produktion von kleinen Gasturbinen seit vielen Jahren verlustreich

Das Veto gegen den Verkauf würde für das Oberhausener Werk auf den ersten Blick Negatives bedeuten. Denn bisher produzieren am Standort Steinbrinkstraße in Sterkrade rund 80 Beschäftigte diese Gasturbinen. Im MAN-Werk Zürich sind 20 Mitarbeiter vor allem für die Wartung von Gasturbinen beschäftigt. Zwar zeigte sich die MAN-Mannschaft bei der Entwicklung der kleinen Gasturbinen vom Typ MGT bis zu einer Größe von acht Megawatt durchaus innovativ, aber der harte weltweite Wettbewerb macht MAN Energy Solutions zu schaffen: Dieser Sektor innerhalb des Oberhausener MAN-Werkes ist nach Angaben des Unternehmens viele Jahre lang defizitär. Mit seinen geringen Stückzahlen beim Bau der kleineren Gasturbinen-Typen ist man auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig – zu groß sind die Kostennachteile gegenüber internationalen Konkurrenten. Die Zukunft des Werkes in Oberhausen sieht man auf anderen Feldern.

Das Management kam deshalb im Rahmen ihres 2020 aufgelegten dicken Spar- und Strategieprogramms „Performance 2023“ auf die Idee, den Bereich auszulagern und zu verkaufen. Gemeldet hat sich das chinesische Unternehmen CSIC Longjiang GH Gas Turbine Co Ltd. (GHGT), mit dem MAN Energy Solutions sogar schon einen Verkaufsvertrag geschlossen hat - vorbehaltlich der Genehmigung durch die Bundesregierung. Die China-Firma entwickelt kleine und mittlere Gasturbinen im Leistungsbereich von fünf bis 50 Megawatt sowie Hochleistungs- und Verbrennungstechnologien, ist allerdings eine Tochter des Konzerns China State Shipbuilding Corporation (CSSC), der auch Kriegsschiffe für die chinesische Marine baut.

Für den Verkauf hat China bereits in Oberhausen eine Gesellschaft namens „Guanghan Gas Turbine GmbH“ gegründet, in die die 80 Gasturbinen-Beschäftigten übernommen werden sollen. Für die insgesamt 100 Arbeitsplätze an den Standorten Zürich und Oberhausen ist in den Verträgen eine Standortgarantie festgelegt worden: Die Oberhausener Arbeiter würden dann für mindestens fünf Jahre also weiter an den Gasturbinen in den großen Werkshallen an der Steinbrinkstraße arbeiten - nur in Zukunft für die Chinesen statt für die Augsburger.

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Die Verkaufsidee ist im Sommer 2023 zwiespältig aufgenommen worden - von Fachleuten und Unternehmens-Insidern: Damit könnten die 80 Arbeitsplätze in Oberhausen zwar gerettet werden, doch wie wahrscheinlich ist es, dass ausgerechnet der Verkauf wichtiger Produktionsbereiche für die Energie-Infrastruktur von der Bundesregierung genehmigt wird? So hatte 2022 Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den Verkauf des Dortmunder Halbleiter-Herstellers Elmos Semiconductor an China verboten - eben aus Sicherheitsgründen. Den Verkauf in die USA hat er dagegen 2023 erlaubt.

Außenwirtschaftsexperte im Sommer 2023: Veto der Bundesregierung wahrscheinlich

So zeigte sich schon im Juni 2023 der Rechtsanwalt und Außenwirtschaftsexperte Viktor Winkler im Gespräch mit der Redaktion zum Gasturbinen-China-Deal überzeugt, dass das Geschäft untersagt werden würde: „Ich kann kein Argument erkennen, das für eine Genehmigungsfähigkeit spricht.“ Das Unternehmen MAN Energy Solutions argumentierte, dass nur ein Verkauf an die neuen Eigentümer es möglich mache, dass die betroffenen Arbeitsplätze erhalten bleiben und eine „weitere Entwicklung der Gasturbinen-Baureihe“ realistisch ist.

Denn das ist nun das Problem für das Oberhausener Werk - MAN Energy Solutions hat stets klar gemacht: Wenn der Verkauf nicht klappt, dann werden die 80 Arbeitsplätze in Oberhausen wegfallen, weil sich die Produktion eben nicht rechnet und man sich lieber auf Feldern konzentriert, die beim Umbau der Energiewirtschaft auf klimafreundliche Technik Umsatzbringer der Zukunft sind.