Bochum. 100 Jahre Aral: In Bochum lässt sich die Tankstellenkette feiern, auch mit Botschaften von Kanzler Scholz. Aral muss sich verändern.

Selbst erfahrene Aral-Beschäftigte können sich nicht daran erinnern, wann sich in jüngerer Vergangenheit überhaupt einmal ein Bundeskanzler direkt zu ihrem Unternehmen geäußert hat. Olaf Scholz tut es jetzt jedenfalls. Er ist zwar nicht persönlich angereist zur Firmenfeier, wie unlängst beim benachbarten Essener Energiekonzern RWE, aber der Kanzler schickt eine Videobotschaft nach Bochum – verbunden mit Glückwünschen für Deutschlands größte Tankstellenkette, die ihre Wurzeln im Ruhrgebiet hat.

Die einstige Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers, von Aral für den Festakt engagiert, moderiert den Regierungschef an, der sich augenscheinlich aus dem Kanzleramt zu Wort meldet, „hallo Bochum“ ruft und dann nicht nur die Verdienste des Unternehmens und seiner Mitarbeiter würdigt, sondern auch andeutet, wie stark sich Aral wird verändern müssen. „Die größte globale Herausforderung unserer Zeit ist der Klimawandel. Das heißt, wir müssen uns weiterentwickeln“, mahnt Scholz. Aral mache das – und zwar mit dem Ausbau des ultraschnellen Ladenetzes oder bei der Forschung für neue Kraftstoffe.

Aral-Chef Achim Bothe und die Moderatorin Judith Rakers: „Vor 100 Jahren erfanden wir den ersten Super-Kraftstoff, heute erfinden wir die Tankstelle von morgen”, sagt Bothe.
Aral-Chef Achim Bothe und die Moderatorin Judith Rakers: „Vor 100 Jahren erfanden wir den ersten Super-Kraftstoff, heute erfinden wir die Tankstelle von morgen”, sagt Bothe. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Der Ton, den der Kanzler setzt, dürfte den Führungskräften von Aral gefallen haben. Zumindest äußern sie sich ähnlich auf der Bühne der Bochumer Jahrhunderthalle, die das Unternehmen für seinen Festakt gemietet hat. Aral-Chef Achim Bothe zeigt sich davon überzeugt, dass es die Firma, die er führt, nur deshalb schon so lange gibt, weil sie sich permanent verändert habe. „Vor 100 Jahren erfanden wir den ersten Super-Kraftstoff, heute erfinden wir die Tankstelle von morgen”, sagt Bothe.

Für das Markenjubiläum hat die Tankstellenkette Aral die Bochumer Jahrhunderthalle gemietet. Rund 500 Gäste hat das Unternehmen eingeladen.
Für das Markenjubiläum hat die Tankstellenkette Aral die Bochumer Jahrhunderthalle gemietet. Rund 500 Gäste hat das Unternehmen eingeladen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Derzeit investiert Deutschlands Tankstellen-Marktführer massiv in die Infrastruktur für Elektromobilität. Rund 2700 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge gebe es mittlerweile bei Aral. Bis zum Jahr 2030 strebt der Bochumer Konzern 20.000 an. Es sei typisch für Aral, „immer den Blick nach vorne“ zu richten, betont Bothe.

Tankstellenbetreiber unter Druck

Die Mineralölindustrie steht unter Druck. Konzerne wie der französische Energieriese Total haben sich bereits dazu entschieden, sich vom deutschen Tankstellengeschäft zu verabschieden. Aral gehört zum britischen Ölmulti BP, der sich ebenfalls verändern will. Zur Geburtstagsfeier des Bochumer Unternehmens schickt BP-Finanzchefin Kate Thomson ein Video-Statement, das sich wie ein Bekenntnis der Konzernmutter zu ihrer deutschen Tochterfirma verstehen lässt.

Ein Bergmannschor singt zum Auftakt bei Aral das Steigerlied. Auch die Tankstellenkette aus Bochum hat ihre Ursprünge im Bergbau.
Ein Bergmannschor singt zum Auftakt bei Aral das Steigerlied. Auch die Tankstellenkette aus Bochum hat ihre Ursprünge im Bergbau. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Emma Delaney, eine hochrangige BP-Managerin, die gut Deutsch spricht, ist nach Bochum gereist, und beteuert: „Wir sind stolz auf unseren blauen Diamanten.“ Der Ausbau der Elektromobilität und der Verkauf von zunehmend emissionsärmeren Kraftstoffen seien „wichtige Bestandteile der globalen Unternehmensstrategie“ von BP.

Die ehemalige Tageschau-Sprecherin Judith Rakers moderiert die Feier zum Aral-Jubiläum.
Die ehemalige Tageschau-Sprecherin Judith Rakers moderiert die Feier zum Aral-Jubiläum. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

„Deutschland ist ein ganz, ganz wichtiger Markt für uns“, sagt auch Patrick Wendeler, der die BP Europa SE führt und damit für die deutsche Aral-Mutter verantwortlich ist. Gleichzeitig lässt er durchblicken, wo die Herausforderungen für Aral liegen. Die Energiewende sei „teuer“, sagt Wendeler. Nicht nur rund 2400 Tankstellen gehören zu Aral, sondern auch große Raffinerie-Standorte in Gelsenkirchen und Lingen, die ebenfalls vor einem Umbau stehen. In Gelsenkirchen zeichnen sich bereits Stellenstreichungen ab.

BP-Standorte in Bochum, Gelsenkirchen und Lingen

Beim Festakt in der Jahrhunderthalle begrüßt Aral-Chef Bothe die Oberbürgermeister der BP-Standorte Bochum, Gelsenkirchen und Lingen, Thomas Eiskirch, Karin Welge und Dieter Krone. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst ist nicht mit von der Partie. Später am Tag weiht Wüst wenige Kilometer entfernt beim Energiekonzern Uniper in Gelsenkirchen ein neues Gaskraftwerk ein. Dem Tankstellenkonzern Aral schreibt Wüst via Pressemitteilung ins Stammbuch: „Die Mobilität in unserem Land nachhaltiger zu machen, ist eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit.“

Aral-Chef Achim Bothe an einer historischen Zapfsäule, die das Unternehmen in der Bochumer Jahrhunderthalle aufgebaut hat.
Aral-Chef Achim Bothe an einer historischen Zapfsäule, die das Unternehmen in der Bochumer Jahrhunderthalle aufgebaut hat. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Judith Rakers findet vor allem zum Aral-Thema Shop-Geschäft einen leichten Zugang. Sie kaufe an der Tankstelle zuweilen Eiscreme und Katzenfutter, berichtet die Moderatorin. Tatsächlich spielt das Einzelhandelsgeschäft eine wichtige Rolle in der Strategie von Aral. Inzwischen gebe es rund 900 Shops der Marke „Rewe To Go“ an den Tankstellen. Den entsprechenden Vertrag mit der Rewe-Tochter Lekkerland habe Aral erst kürzlich bis ins Jahr 2028 verlängert.

Weniger Sprit, weniger Zigaretten

Lekkerland-Chef Patrick Steppe berichtet auf der Bühne in der Jahrhunderthalle, die Manager machten sich jetzt schon Gedanken darüber, wie sie die Kunden-Frequenz an der Tankstelle hoch halten können, wenn in Zukunft seltener getankt werde und auch der Zigarettenkonsum zurückgehe. Der Verkauf von Tabakwaren gehört zu den klassischen Einnahmequellen der Branche.

Eberhard Ankele, ein 86-jähriger Tankstellenbetreiber aus Reutlingen, ist nach Bochum gereist. Sein Vater hat im November 1952 einen Vertrag mit Aral abgeschlossen – und gehörte damit bundesweit zu den ersten Pächtern.
Eberhard Ankele, ein 86-jähriger Tankstellenbetreiber aus Reutlingen, ist nach Bochum gereist. Sein Vater hat im November 1952 einen Vertrag mit Aral abgeschlossen – und gehörte damit bundesweit zu den ersten Pächtern. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Auch Eberhard Ankele, ein 86-jähriger Tankstellenbetreiber aus Reutlingen, ist nach Bochum gereist. Sein Vater habe schon im November 1952 einen Vertrag mit Aral abgeschlossen – und gehörte damit bundesweit zu den ersten Pächtern. Mittlerweile ist auch Ankeles Sohn im Betrieb. Eine Ladesäule habe er noch nicht an einer seiner vier Tankstellen installiert, aber er werde die Entwicklung beobachten, sagt der Firmensenior. Der Boom bei den Elektroautos sei auch schon wieder zurückgegangen, bemerkt Ankele. Auf die Idee, sich einer anderen Marke anzuschließen, käme er nie. „Wir haben mittlerweile schon blaues Blut in den Adern“, sagt er in Anspielung auf die Markenfarbe von Aral, die – wie Konzernchef Bothe erzählt – in den Anfangsjahren des Unternehmens zunächst Schwarz-Gelb gewesen sei.

Bundeskanzler Olaf Scholz ruft der Aral-Belegschaft in einer Videobotschaft zu:  „Keep on walking.“
Bundeskanzler Olaf Scholz ruft der Aral-Belegschaft in einer Videobotschaft zu:  „Keep on walking.“ © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Das Vorgänger-Unternehmen von Aral wurde bereits am 28. November 1898 durch mehrere Bergbauunternehmen als „Westdeutsche Benzol-Verkaufs-Vereinigung“ in Bochum gegründet. Im Jahr 1924 legte der Chemiker Walter Ostwald maßgeblich mit seiner Forschung die Grundlage für einen neuen Super-Kraftstoff, der den Namen „B.V.-Aral“ erhielt. Der Name Aral wurde zusammengesetzt aus Aromaten und Aliphaten.

Kanzler Scholz zu Aral: „Keep on walking“

So ist es ein Bergmannschor, der beim Aral-Festakt mit dem Steigerlied musikalisch den Anfang macht. Zum Abschied gibt der Popsänger Sasha den Song „I’m Walking“ zum Besten, mit dem Aral jahrelang eine Werbekampagne vertont hat. Selbst der Kanzler dürfte sich an den Werbe-Clip erinnert haben. „Keep on walking“, sagt Scholz zum Abschluss seiner Videobotschaft. Das Unternehmen solle weiter seinen Weg gehen.

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