Bochum. Bilanz der BP Europa SE: Aral-Mutterkonzern mit Verwaltung in Bochum baut um. Castrol wird abgespalten. Mehr E-Ladesäulen und Rewe-Shops kommen.

Hohe Ölpreise bescheren dem britischen Ölriesen BP derzeit sprudelnde Gewinne. Allein in den Monaten April bis Juni konnte der Konzern, zu dem auch Deutschlands Tankstellen-Marktführer Aral gehört, seinen Reingewinn auf rund 8,5 Milliarden Dollar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdreifachen. Im vergangenen Geschäftsjahr hat die deutsche Einheit des global agierenden BP-Konzerns allerdings noch mit den Folgen der Corona-Krise zu kämpfen gehabt. Die Konzerntochter BP Europa SE, die ihre Verwaltung in Bochum hat und neben dem Aral-Geschäft auch große Raffinerien in Gelsenkirchen und Lingen betreibt, verbuchte im Jahr 2021 Verluste.

Auch wenn der BP-Konzern aktuell weltweit sein Geld vor allem mit dem klassischen Öl- und Gas-Geschäft verdient, will Aral bundesweit das Netz von Schnell-Ladestationen für Elektrofahrzeuge ausbauen. Deutschlands Tankstellen-Marktführer mit Sitz in Bochum plant nach eigenen Angaben bis zum Jahresende mit 1500 Ladepunkten für E-Autos – bis Ende 2025 sollen es rund 5000 sein. Die Zahl der Aral-Tankstellen mit Benzin- und Diesel-Zapfsäulen ist im vergangenen Jahr derweil leicht zurückgegangen, wie aus der vor wenigen Tagen im Bundesanzeiger veröffentlichten Bilanz der Aral-Mutter BP Europa SE für das vergangene Geschäftsjahr hervorgeht. Bundesweit gehörten demnach 2360 Tankstellen zu Aral – 14 weniger als ein Jahr zuvor.

Das Deutschland-Geschäft mit dem Laden von Elektrofahrzeugen hat BP in einer Einheit namens „Future Mobility & Solutions“ gebündelt. Im Laufe des vergangenen Jahres sei das Netzwerk unter der eigenen Marke „Aral pulse“ auf 88 Standorte mit 532 Ladepunkten angewachsen, heißt es in der Bilanz.

Schnell-Laden im Fokus von Aral

Alexander Junge, Aral-Vorstand für Elektromobilität, sagt, sein Unternehmen wolle „ordentlich Tempo beim Netzausbau“ machen. Dabei setze Aral insbesondere auf Stationen, die mit einer Leistung von mindestens 150 Kilowatt (kW), ein schnelles Aufladen ermöglichen sollen. Aral verfüge mittlerweile deutschlandweit über die meisten Ladestationen mit mindestens 150 kW-starken E-Ladepunkten, an denen Autofahrer ihr Elektrofahrzeug innerhalb von rund zehn Minuten für eine Reichweite von bis zu 300 Kilometer aufladen können.

Ende vergangenen Jahres hatte Aral einen Anteil von mehr als 16 Prozent an der Gesamtzahl aller Tankstellen in Deutschland. Der Marktanteil sei „weitestgehend stabil im deutschen Markt“, bilanziert die Konzernmutter.

Eine wichtige Rolle spielt für Aral das Shop-Geschäft an den Tankstellen. „Die Shop-Umsätze lagen auf dem Niveau des Jahres 2020 und damit weiterhin deutlich über dem Vorkrisenniveau“, berichtet die BP Europa SE mit Blick auf das zurückliegende Geschäftsjahr. Seit Jahren pflegt Aral eine Partnerschaft mit dem Lebensmittelriesen Rewe. Das Konzept „Rewe To Go“ sei im vergangenen Jahr auf weitere 116 Aral-Tankstellen ausgeweitet worden – nun insgesamt fast 700 Standorte.

Durch eine konzerninterne Abspaltung verringerte sich die Zahl der Beschäftigten, die der BP Europa SE zugeordnet sind – und zwar kräftig. Ende April 2021 ist das deutsche Schmierstoffgeschäft mit der Marke Castrol herausgelöst und verselbstständigt worden. Die neu gegründete Castrol Germany GmbH in Hamburg gehört allerdings weiterhin zum BP-Konzern. Dass die Zahl der Mitarbeitenden der BP Europa SE um mehr als 1100 auf rund 9400 zurückging, habe „im Wesentlichen“ mit der Abspaltung des Schmierstoffgeschäfts zu tun, wird in der Bilanz betont.

Bilanz 2021 mit Verlust – aber jetzt brummt es im Raffineriegeschäft

Insgesamt sei das vergangene Geschäftsjahr noch von den Folgen der Corona-Pandemie geprägt gewesen. Auch „geplante und ungeplante Stillstände“ in den Raffinerien, die nicht näher in der Konzernbilanz beschrieben werden, sowie vergleichsweise hohe Energiekosten hätten das Ergebnis belastet. Damit sei im vergangenen Geschäftsjahr ein Verlust in Höhe von 370 Millionen Euro entstanden.

Aktuell sei die BP-Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven sehr gut ausgelastet, heißt es in Branchenkreisen. Es wirke sich unter anderem aus, dass Lieferungen von Raffinerien aus Osteuropa – unter anderen aus der Ukraine – weggefallen seien. Auch Diesel aus Russland komme nicht mehr wie vor Kriegsbeginn auf den deutschen Markt. Mehr als 2000 Menschen sind Unternehmensangaben zufolge bei BP in Scholven beschäftigt. In der Raffinerie stellt BP Benzin, Diesel, Kerosin, Heizöl und Produkte für die Chemieindustrie her.