Essen. Die Zeit für Arcandor drängt: Nachdem eine Bürgschaft aus dem Deutschlandfonds unwahrscheinlich ist, müssen die Essener nach neuen Finanzierungswegen suchen. Die SPD prüft einen Überbrückungskredit der Staatsbank Kfw. Auch Metro hat wieder angeklopft und will 60 der 92 Karstadt-Häuser retten.
Die SPD hält offenbar an staatlichen Hilfen für den ums Überleben kämpfenden Touristik- und Handelskonzern Arcandor fest. Wie die «Financial Times Deutschland» am Donnerstag berichtete, lotet die Parteispitze die Möglichkeit eines Überbrückungskredits der Staatsbank KfW aus. Das Volumen wurde auf gut 300 Millionen Euro beziffert. Die Finanzspritze solle Arcandor in die Lage versetzen, mit der Kaufhof-Mutter Metro auf Augenhöhe zu verhandeln.
Am Donnerstag hatte die EU signalisiert, dass Arcandor keine Bürgschaft aus dem Deutschlandfonds zusteht, weil der Konzern die Kriterien dafür nicht erfüllt. Arcandor muss sich nun wohl nach neuen Finanzierungswegen umsehen. Nun rückt auch eine Übernahme der Karstadt-Häuser durch Metro (Kaufhof) wieder in den Focus. Metro hat dafür offenbar schon ein fertiges Konzept.
Metro-Chef bei der Kanzlerin
Die Übernahme der Karstadt-Kaufhäuser, die zum Arcandor-Konzern gehören, will Metro-Vorstandschef Eckhard Cordes bis Ende der Woche mit Kanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier erörtern, wie die «Bild»-Zeitung berichtete.
Nach Informationen des Blattes sollen bei einer Übernahme der Karstadt-Häuser durch Metro 40 der 205 Warenhäuser geschlossen werden. Karstadt hat aktuell 92 Warenhäuser, Metro 113 Kaufhof-Filialen. Im Detail sollen 30 Karstadt-Häuser und 10 Kaufhof-Filialen vor dem Aus stehen.
Von den bedrohten Standorten könnten aber 20 Häuser als Elektromärkte oder von anderen Handelsfirmen weitergeführt werden. Bei einem Zusammengehen beider Warenhaus-Unternehmen müssten 5.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Karstadt hat laut «Bild» derzeit 22.000 Vollzeitbeschäftigte, Kaufhof 18.400.
Guttenberg skeptisch
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nannte ein mögliches Zusammengehen der Karstadt-Warenhäuser des angeschlagenen Konzerns Arcandor mit den Kaufhof-Häusern des Konkurrenten Metro als einen interessanten Weg. Es müsse nur schnell gehen, sagte Guttenberg am Donnerstag im Deutschlandfunk.
Zu einem möglichen KfW-Überbrückungskredit für Arcandor sagte Guttenberg, er sei gegen «vorauseilende Heilsversprechen». Er habe vorgeschlagen, nachdem der Deutschlandfonds für Arcandor nicht zum Tragen kommen könne, jetzt die Beantragung von Rettungsbeihilfen und Umstrukturierungshilfen zu prüfen. Zudem seien zunächst die Arcandor-Großaktionäre Oppenheim und Schickedanz gefragt, bevor eventuell ein Überbrückungskredit in Frage komme. Auch dieser folge allerdings strengen Kriterien.
Arcandor hat Bundesbürgschaften über 650 Millionen Euro sowie KfW-Kredite über 200 Millionen Euro beantragt. Ohne Staatshilfe droht dem Konzern mit den Sparten Thomas Cook (Reisen), Primondo (Quelle) und Karstadt ab dem 12. Juni die Insolvenz.
Der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, verlangte unterdessen, dass alles getan werde, um die Arbeitsplätze bei Arcandor zu erhalten. Im Bayerischen Rundfunk forderte Lafontaine allerdings, dass die «Anteilseigner, die sehr reich sind», ihren Beitrag leisten. Zusätzlich zum Engagement der Eigentümer müsse aber auch der Staat helfen, zunächst mit Bürgschaften, dann aber auch mit «direkten Zuschüssen». (ap/ddp)
Pro und Contra zum Thema Staatshilfen: