Berlin. Die Spitzelaffäre bei der Bahn könnte für Hartmut Mehdorn nach seinem Rücktritt als Bahn-Chef richtig teuer werden. Laut einem Medienbericht drohen der Bahn Schadensersatzforderungen. Und der Aufsichtsrat denkt offenbar darüber nach, die Verantwortlichen persönlich haften zu lassen.
Nach seinem Rückzug von der Bahn-Spitze könnten Hartmut Mehdorn wegen der Spitzelaffäre finanzielle Konsequenzen drohen. Wie der «Spiegel» am Wochenende meldete, könnte die Bahn aus aktienrechtlichen Gründen zu Schadensersatzforderungen gezwungen sein, falls sich Vorwürfe gegen das Management des Konzerns konkretisieren.
Im Aufsichtsrat gebe es zudem offenbar Überlegungen, die Verantwortlichen der Datenaffäre persönlich haften zu lassen. Auch eine Rückforderung von Abfindungen oder Boni wäre möglich, meldete das Magazin weiter. Die Gewerkschaft Transnet warnte aber vor «vorschnellen Schuldsprüchen» und nahm die Bahn-Vorstände Norbert Bensel und Otto Wiesheu in Schutz. «Angesichts der Fakten, die uns bislang vorliegen, haben wir keinen Grund, den Rücktritt der Herren Bensel und Wiesheu zu fordern», sagte Gewerkschaftschef Alexander Kirchner dem «Tagespiegel».
1.000 Verdachtsfälle
Die Zeitung meldete zudem, dass bei der Überprüfung über die Jahre mehr als 1.000 Bahn-Mitarbeiter konkret unter Verdacht gerieten. Rund 400 Miarbeiter seien durch die mehrfachen Daten-Screenings aufgefallen, meldete das Blatt unter Berufung auf Kreise, die mit den Ergebnissen der Sonderermittler Gerhart Baum und Herta Däubler-Gmelin vertraut seien. Sie sollen am Mittwoch einen Bericht über die Methoden der Bahn vorlegen.
Wie es im «Spiegel» weiter heißt, soll die Bahn auch das Personal in Zugrestaurants bespitzelt haben. Die Bahn habe 2003 übers Arbeitsamt «Detektive» gesucht, die mit Jahresverträgen als «Sachbearbeiter» beschäftigt worden seien. Die rund ein Dutzend Personen starke Truppe habe in den Bordrestaurants schwarze Schafe unter den Gastro-Mitarbeitern der Bahn ausfindig machen sollen.
So hätten sie unauffällig die Reihenfolge der verkauften Waren notiert und dies später mit den Bons in der Bordkasse abgeglichen. Auch in den Warenlagern der Bahn, etwa in Hamburg, sollen die Detektive aktiv gewesen sein.
Transnet-Chef fordert strukturelle Konsequenzen
Transnet-Chef Kirchner verlangte im «Spiegel» strukturelle Konsequenzen aus der Datenaffäre. Sicherheit und Revision dürften nicht wie bisher unkontrolliert und womöglich gegeneinander arbeiten. Nötig sei eine klare Aufteilung. Dem Compliance-Ausschuss müssten dann «bereits im Vorfeld Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung abgestimmt und dem Ausschuss Zwischen- und Endergebnis der Ermittlungen präsentiert werden».
Die Themen Transparenz und Datenschutz müssten aufgewertet werden, wird Kirchner weiter zitiert: «Es muss ja kein eigenes Vorstandsressort her, aber es muss im Vorstand verankert werden.» (ap)