Frankfurt/Bochum. Hinter dem Opel-Verkauf an Magna bauen sich wieder große Fragezeichen auf. Nach einem Medienbericht will General Motors nun doch nicht verkaufen und Opel lieber selbst sanieren. Das hätte möglicherweise harte Einschnitte für die deutschen Werke zur Folge.

Die Rettung des angeschlagenen Autobauers Opel an den Zulieferer Magna könnte auf den letzten Metern noch scheitern. Der hessische IG-Metall-Bezirksleiter und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild warf dem US-Konzern General Motors am Freitag vor, den Verkauf von Opel an den Zulieferer Magna verhindern zu wollen: «GM gefährdet bewusst und grob fahrlässig nicht nur die Zukunft der Marke und des Unternehmens, sondern die Zukunft von vielen tausend Menschen.»

GM spekuliert auf Staatsbürgschaft

Wie «Spiegel-Online» berichtete, sind wichtige Mitglieder in der GM-Führung gegen den Verkauf. Sie würden darauf setzen, dass GM doch noch Opel behalten und mit einer deutschen Staatsbürgschaft sanieren könne. In informierten Kreisen hieß es am Freitag, die von der EU-Kommission geforderte Erklärung zum Opel-Bieterverfahren sei möglicherweise für GM ein willkommener Anlass, den Verkauf doch noch zu stoppen.

Europakarte mit den Opel-Standorten.
Europakarte mit den Opel-Standorten. © AP

In Regierungskreisen hieß es, von entsprechenden GM-Plänen sei «nichts bekannt». Ein Sprecher der Opel-Treuhand erklärte, die Treuhand werde mit ihrer Antwort auf die von der EU-Kommission geforderte Erklärung auf die GM-Entscheidung warten. Solange es keinen Beschluss des Autobauers gebe, werde sich die Treuhand nicht äußern.

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hatte vor einer Woche von GM und der Opel-Treuhand eine Erklärung gefordert, dass alle Bieter die gleichen Chancen hatten und kein politischer Druck ausgeübt wurde, um den Verkauf an Magna durchzusetzen. Nach Angaben von GM-Chefunterhändler John Smith will sich der Verwaltungsrat des Autokonzerns am 3. November erneut mit Opel befassen. Dann soll es auch um eine von Kroes geforderte Erklärung gehen.

Betriebsrat sieht Vertrauen verspielt

Der Opel-Betriebsrat reagierte empört auf die aktuelle Entwicklung. «Die Beschäftigten und die Gewerkschaften sind nicht bereit und willens, einen Cent an Arbeitnehmerbeiträgen für General Motors abzugeben», sagte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz. Mit der erneuten Verzögerung habe General Motors den Bogen überspannt und sei im Begriff, das letzte Vertrauen bei Beschäftigten und Gewerkschaften, in der Öffentlichkeit und nicht zuletzt bei der Politik zu verspielen.

GM und Magna haben sich mit Betriebsrat und IG Metall bereits im Grundsatz auf einen Lohnverzicht der Belegschaft von 265 Millionen Euro pro Jahr geeinigt. Damit soll die Sanierung des Autoherstellers unterstützt werden. «Die IG Metall wird gegebenenfalls alle bisherigen Zusagen auch wieder rückgängig machen», sagte Schild. Die Gewerkschaft sei «nicht bereit und nicht in der Lage, mit diesem Unternehmen auf dieser Grundlage zusammen zu arbeiten».

Koch äußert sich beunruhigt

Auch die deutsche Politik reagierte beunruhigt. Die hessische Landesregierung verwies darauf, dass die im Juni Opel eingeräumte staatliche Brückenfinanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro am 30. November ausläuft: «Ministerpräsident Roland Koch ist in großer Sorge, falls GM die Abgabe der von der EU-Kommission erwarteten Erklärung weiter verzögern sollte.»

Nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer stellt die von der EU geforderte Erklärung für General Motors ein hohes Risiko dar. Sollte der Konzern die Erklärung abgeben, könnten unterlegene Bieter relativ leicht in den USA gegen GM klagen: «Kein Unternehmen der Welt kann sich einfach solche Risiken aufbürden.» Allerdings halte er es für schwer vorstellbar, dass GM beim Verkauf von Opel eine komplette Kehrtwende vollziehe.

Der Verkauf von Opel an Magna war während der letzten Monate innerhalb der General-Motors-Führung immer wieder umstritten. Teile des Top-Managements hatten bereits im Sommer dafür plädiert, Opel zu behalten und in Eigenregie zu sanieren. Dies war vor allem am politischen Widerstand in Deutschland gescheitert. GM ist aus eigener Kraft vermutlich nicht in der Lage, die mehrere Milliarden Euro teuere Sanierung durchzuführen.

Deutsche Werke müssen mit Einschnitten rechnen

Sollte der Verkauf tatsächlich scheitern, plant GM offenbar härtere Sanierungsmaßnahmen als Magna, berichtete bereits Anfang der Woche das «Wall Street Journal» unter Berufung auf Insider. GM werde dann zusätzlich Tausende Stellen streichen. Auch müsse mindestens ein Werk in Deutschland geschlossen oder verkauft werden. Nach früheren Plänen von GM wurde vor allem hinter der Zukunft des Bochumer Werkes ein dickes Fragezeichen gemacht.

Für die Kosten der Restrukturierung würde GM staatliche Hilfen anfragen oder Opel alternativ in die Insolvenz schicken. (afp/ap)